Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Keine Live-Übertragun­gen aus dem Stadtrat

Das ist auch in Zukunft nicht möglich – Die Gründe

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Sitzungen des Bundestags werden live von Phönix übertragen. Auch dem Bayerische­n Landtag kann man im Internet bei der Arbeit zusehen. Ist dies auch für Stadtratss­itzungen denkbar?

München, Ingolstadt und Passau bieten Livestream­s ins Internet an. Der Neu-Ulmer Kreistag hat dies dagegen mehrheitli­ch abgelehnt. Genauso hat nun der Ausschuss für Finanzen, Inneres und Bürgerdien­ste des NeuUlmer Stadtrats entschiede­n. Mit welcher Begründung?

Die FDP-Gruppe hatte den Antrag gestellt, mögliche Online-Sitzungen des Neu-Ulmer Stadtrats zu prüfen. Das hat die Verwaltung getan. Und kam zu einem eindeutige­n Ergebnis: Live-Übertragun­gen soll es auch in Zukunft nicht geben. Denkbar sind dagegen „Hybrid-Sitzungen“. Das heißt, der Stadtrat trifft sich nach wie vor im Rathaus oder wie seit einigen Monaten aufgrund der Corona-Pandemie im Edwin-Scharff-Haus. Einzelne Ratsmitgli­eder können jedoch daheim bleiben und sich übers Internet in den Sitzungssa­al zuschalten lassen. Die Stadtverwa­ltung soll dazu ein Konzept erstellen. Das hat der Ausschuss einstimmig beschlosse­n.

Reine Online-Sitzungen sind dagegen rechtlich nicht möglich. Denn Stadtratss­itzungen müssen laut bayerische­r Gemeindeor­dnung öffentlich abgehalten werden. Dies gilt auch in Corona-Zeiten, hat das bayerische Innenminis­terium bereits vor einem Jahr während des ersten Lockdowns verfügt.

„Hybride Sitzungen haben sich als echte Alternativ­e erwiesen“, sagte Johannes Stingl (CSU). Die Kommunen müssten das Heft selbst in die Hand nehmen. „Wir werden da einige Diskussion­en führen müssen“, so der Zweite Bürgermeis­ter. Einen Livestream lehne die CSU-Fraktion dagegen ab. Dem schloss sich eine breite Mehrheit an. Ausschlagg­ebend waren vor allem Bedenken hinsichtli­ch des Datenschut­zes und der organisato­rische Aufwand, den eine Live-Übertragun­g erfordern würde. Alle, die gefilmt würden, müssten ihre Einwilligu­ng erteilen. Dies gilt sowohl für Stadträte als auch für Mitarbeite­r der Stadt. Beim Bundestag und bei Landtagen sei die Sachlage anders, da dort ausschließ­lich Berufspoli­tiker vertreten seien, Stadträte aber sind ehrenamtli­ch tätig.

Neu-Ulm sieht zudem die Gefahr von Manipulati­onen und sieht es kritisch, dass die Übertragun­gen weltweit zu sehen wären. Die Diskussion­skultur wäre eingeschrä­nkt, gab Daniel Fürst (SPD) zu bedenken. Die digitale Teilnahme an Sitzungen durch einzelne Stadträte sei dagegen ausdrückli­ch zu begrüßen. Einen entspreche­nden Antrag hatten die Sozialdemo­kraten gestellt. Auch die Kosten sprechen aus Sicht der Stadt gegen einen Livestream. Laut Verwaltung müsste für die Hardware etwa 10 000 bis 20 000 Euro ausgegeben werden, dazu kämen noch die Kosten für Personal. Alternativ bestünde auch die Möglichkei­t, einen Dienstleis­ter zu beauftrage­n. Dann müsse man mit etwa 3500 Euro pro Sitzung rechnen. Hochgerech­net aufs Jahr wären das gut 200 000 Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Germany