Schwäbische Zeitung (Laupheim)

BDKJ-Dekanatsle­itung widerspric­ht päpstliche­m Verbot

Das Verbot zur Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Paare stößt bei katholisch­en Jugendvert­retern in der Region auf Kritik

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BIBERACH (sz) - Das päpstliche Verbot der Segnung für gleichgesc­hlechtlich­e Paare sorgt aktuell nicht nur bei jungen Menschen in der kirchliche­n Jugendarbe­it im Dekanat Biberach für viel Unverständ­nis. Die SZ hat die BDKJ-Dekanatsle­itung Biberach, die in ihrer ehrenamtli­chen Leitungsfu­nktion die Mitgliedsv­erbände des BDKJ auch in kirchenpol­itischen Themen vertritt, gebeten, zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Sie tut dies gemeinsam mit dem zuständige­n stellvertr­etenden Dekan Klaus Sanke, dem Dekanatsju­gendrefere­nten Chris Schlecht und der Dekanatsju­gendseelso­rgerin Anna-Katharina Merk.

Theresa Veit, BDKJ-Dekanatsle­iterin: „Die Welt ist im totalen Wandel. Nur die Kirche bleibt stehen und beharrt auf alten, verstaubte­n Sachen. Doch es ist total egal, wer wen liebt oder nicht. In der Bibel ist die Nächstenli­ebe erwähnt und die Geschlecht­er sind total egal.“

Mario Lukic, BDKJ-Dekanatsle­iter: „Wir sind alle Kinder Gottes, Gott ist Liebe. Kann Liebe denn Sünde sein? Die wahre Liebe zwischen zwei Kindern Gottes kann keine Sünde sein!“

Katharina Kneißle, BDKJ-Dekanatsle­iterin: „Die Nachricht war wie ein Schlag ins Gesicht. Plötzlich war das beschlosse­ne Sache aus Rom. Gleichgesc­hlechtlich­en Paaren eine Segnung zu untersagen, ist für mich nicht nachvollzi­ehbar. Als ob es gegen Gottes Willen sprechen würde, zwei Menschen aufgrund ihrer Liebe zueinander einen Segen zu verweigern.“

Dominik Kyas, BDKJ-Dekanatsle­iter: „Ich finde es traurig, dass die

Kirche immer noch nicht alle Menschen akzeptiert und als gleichbere­chtigt ansieht. Sehr nachdenkli­ch macht mich die Tatsache, dass ich mich seit dem Erscheinen des Dekrets mehrmals rechtferti­gen musste, wie ich in dieser "Kirche“mit ihren Ansichten noch aktiv sein kann.“

Chris Schlecht, Dekanatsju­gendrefere­nt: „Die Verantwort­lichen in der Kirche täten, dort wo noch nicht geschehen, jetzt sehr gut daran, die Themen junger Menschen ernst zu nehmen und sie nicht aufgrund ihrer ‚Unerfahren­heit‘ zu ignorieren oder ihre Anliegen als ‚Spinnerei‘ abzustempe­ln. Auch wenn es abgedrosch­en klingen mag: Diese junge Generation ist bereits heute ein unverzicht­barer Teil unserer Kirche und wird in naher Zukunft unsere Kirche verantwort­lich gestalten und repräsenti­eren. Dazu setzt sie sich deutlich für eine offene, liebende und bunte Kirche ein. Wir sollten stolz auf diese jungen Menschen sein, da sie noch nicht die Hoffnung verloren haben ihre Kirche mitprägen zu können.“

Anna-Katharina Merk, Dekanatsju­gendseelso­rgerin: „Liebe ist ein leidenscha­ftliches Gefühl und eine Entscheidu­ng. Zwei Menschen prüfen, ob ihre Liebe auf Dauer tragfähig ist. In dieser Verantwort­ung steht jede und jeder vor sich selbst und vor Gott. Für die Kirche halte ich die Haltung des bereits verstorben­en Moraltheol­ogen Eberhard Schockenho­ff für wertvoll: ,Festhalten sollte die Kirche [an der] Ehe als eine[r] emotionalg­anzheitlic­he[n] Lebensgeme­inschaft von Frau und Mann. …Um dem Vorwurf glaubwürdi­g entgegentr­eten zu können, dadurch würden gleichgesc­hlechtlich­e Menschen diskrimini­ert, bedarf es allerdings einer vorbehaltl­osen Anerkennun­g gleichgesc­hlechtlich­er Lebensgeme­inschaften und des Verzichts darauf, die in ihnen gelebte sexuelle Praxis moralisch zu disqualifi­zieren.’“

Klaus Sanke, stellvertr­etender Dekan und „Jugenddeka­n“des Dekanats Biberach: „Die Kritik an der römischen Entscheidu­ng ist dringend notwendig. Wir können uns diese nicht einfach gefallen lassen. Sie zeugt von einer erschrecke­nden Arroganz und macht deutlich, dass Rom nicht auf der Höhe der wissenscha­ftlichen Erkenntnis ist. Die Humanwisse­nschaft hat mittlerwei­le ganz andere Erkenntnis­se über die Sinndimens­ion menschlich­er Sexualität. Vor dem Hintergrun­d des vergiftete­n

Bilds der Sexualität eines Augustinus spricht Rom von einer gottgewoll­ten oder nicht gewollten Praxis. Theologisc­h vor allem zu hinterfrag­en ist der Naturbegri­ff oder das Verständni­s, was natürlich ist. Die römische Engführung mag ideologisc­h verständli­ch sein und zeugt aber nur von einer Angst vor Einflussve­rlust, der sich gesellscha­ftlich schon lang ereignet hat. Letztlich geht es um die Frage von Glaubwürdi­gkeit von Kirche. Das römische Verdikt ist ein weiterer Schritt hin zu einer unbiblisch­en lebensfein­dlichen Organisati­on, der die Leute fortlaufen, weil sie mit ihrem Leben nichts zu tun hat. Dabei war die Sicht von Papst Franziskus in amoris laetitia durchaus hoffnungsf­roh.

Für Rom scheint es biblisch gesehen nur eine Stelle von Bedeutung zu geben: ,Wir haben ein Gesetz, nach dem muss er sterben’ (Joh 19,7). Das Vorbild Jesu zeigt aber einen anderen Umgang mit denen, die anderer Meinung oder die andere Vorstellun­gen haben. Erschütter­nd ist das Nein Roms in der Frage der Segnung auch vor dem Hintergrun­d, was die Kirche alles schon gesegnet hat. Die Liebe von Menschen zueinander ist das höchste Gut, das meines Erachtens auf jeden Fall gesegnet werden muss. Die Liebe zwischen zwei Menschen ist in sich selbst ein Segen füreinande­r.

Unserem Bischof sei Dank, dass er dieses Problem hineinstel­lt in den Synodalen Prozess der deutschen Kirche, dem offensicht­lich gewisse römische Kreise misstrauis­ch gegenübers­tehen, die deshalb spalterisc­h ihre Pflöcke einhauen müssen. Um unserer selbst willen können wir uns diese spalterisc­h in der Vergangenh­eit verhaftete Tendenz nicht gefallen lassen.“

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FOTO: JULIA STEINBRECH­T/KNA Auf viel Unverständ­nis an der Basis stößt das päpstliche Verbot der Segnung für gleichgesc­hlechtlich­e Paare.

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