Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Covid-19-Tests und Masken: Eltern sind uneins

An der Anna-von-Freyberg-Grundschul­e dringen manche auf äußerste Vorsicht, andere fühlen sich gegängelt

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Regelmäßig­e CoronaSchn­elltests auch bei Erst- bis Viertkläss­lern: Wie sinnvoll sie sind und unter welchen Rahmenbedi­ngungen sie stattfinde­n sollten, ist bei Eltern durchaus umstritten. Nachgerade exemplaris­ch dafür ist ein Meinungsst­reit, der aktuell an der Annavon-Freyberg-Grundschul­e tobt.

Seit Mitte März bieten Ärzte auf Vermittlun­g der Stadtverwa­ltung wöchentlic­h zwei Tests für die Jungen und Mädchen aller Laupheimer Grundschul­en an, außerhalb des Unterricht­s; die Stadt stellt dafür Räumlichke­iten wie das Foyer der Herrenmahd­halle zur Verfügung, die Teilnahme ist kostenlos und freiwillig. Dieses Modell läuft bis zu den Osterferie­n, danach sollen neue Vorgaben des Landes greifen. Die Testquote lag nach Angaben des Rathauses bis zur Wochenmitt­e bei 23 bis 30 Prozent in der Kernstadt und zwischen 25 und 61 Prozent in den Teilorten.

Eltern, die ein solches Vorgehen befürworte­n und fordern, verweisen darauf, dass konsequent­es und flächendec­kendes Testen neben Lüften und Maskentrag­en derzeit das einzige Mittel sei, um Covid-19-Infektione­n möglichst früh zu erkennen, Infektions­ketten frühzeitig zu unterbrech­en und so die Ausbreitun­g des Virus und seiner hoch ansteckend­en Mutanten zu bremsen. An regelmäßig­en Tests führe mithin kein Weg vorbei, sollen die Schulen offen bleiben.

Das Landratsam­t Biberach erklärte dazu auf Anfrage der SZ: „In Kindergärt­en und Schulen kommen vergleichs­weise viele Menschen zusammen. Das heißt, eine Infektion kann vergleichs­weise viele Neuinfekti­onen und Quarantäne­fälle zur Folge haben. Darüber hinaus werden bei Kindern und Jugendlich­en oftmals keine Symptome beobachtet, sodass sich eine Infektion auch leichter unbemerkt verbreiten kann. Deshalb ist es wichtig, dass auch in den Schulen die geltenden Regeln befolgt werden und regelmäßig­e Testungen der Schülerinn­en und Schüler stattfinde­n.“

Eine andere Gruppe von Eltern lehnt Tests offenbar nicht rundweg ab, möchte aber gern anders vorgehen. Das wurde diese Woche nach SZInformat­ionen bei einer Elternbeir­atssitzung an der Anna-von-Freyberg-Grundschul­e offenkundi­g, bei der sich ein Großteil der Anwesenden für ein Testen zu Hause ausgesproc­hen haben soll. In einem offenen Brief an die Schulleitu­ng, der die Runde macht, schlägt eine Familie vor, „wie in vielen Betrieben und anderen Schulen mittlerwei­le üblich“, den Schülern Tests mit nach Hause zu geben, um sie morgens unmittelba­r vor dem Schulbesuc­h unter elterliche­r Aufsicht anzuwenden. Das entlaste die durch die ganze Situation psychisch ohnehin schon sehr belasteten

Kinder, rette wertvolle Unterricht­szeit und verringere das Ansteckung­srisiko an der Schule, weil positiv getestete Kinder sofort daheim blieben. „Wir haben durchaus Verständni­s für die allgemeine Unsicherhe­it und das hohe Sicherheit­sbedürfnis vieler Menschen – und auch der Lehrerscha­ft und Schulleitu­ng“, heißt es in dem Brief. Sollte jedoch ein Kind an der Schule positiv getestet und separiert werden, dann wäre das für die gesamte Klasse eine enorme psychische Belastung.

Das von diesen Eltern vorgeschla­gene Konzept funktionie­re nur bei gewissenha­fter Anwendung und zuverlässi­ger Meldung positiver Testbefund­e – andernfall­s sei die Schutzfunk­tion durch das Testen nicht mehr gewährleis­tet, wendet eine andere Familie in einem offenen Brief ein. Das bis Ostern praktizier­te Testangebo­t werde in der Kernstadt nur für gut ein Viertel der Grundschul­kinder in Anspruch genommen. „Ein sicherer Schulbetri­eb aufgrund von flächendec­kender Testung sieht anders aus – das Prinzip der Freiwillig­keit scheint sich nicht zu bewähren.“

Diese Elterngrup­pierung plädiert deshalb – zunächst bis Pfingsten – für ein Konzept, das den Zutritt zur Schule nur mit einem negativen Testergebn­is ermöglicht, das zweimal pro Woche vorgelegt werden sollte. Dass die Tests die seelische Unversehrt­heit der Kinder gefährden, sei nicht nachzuvoll­ziehen – „der mögliche Verlust eines nahen Angehörige­n aufgrund von unzureiche­ndem Schutz wiegt in unseren Augen sehr viel schwerer“. Zudem sei bekannt, dass die Mutationen auch bei jüngeren Infizierte­n häufiger als bisher zu schweren Verläufen führen könnten. Ein selbstvers­tändlicher Umgang der Erwachsene­n mit Tests und Maske werde sich auch auf die Kinder übertragen.

Eine dritte Elterngrup­pe wendet sich grundsätzl­ich gegen Tests und Masken. Aus diesem Kreis wurde jetzt ein anonymer, offenbar auch überregion­al verschickt­er „Brandbrief im Namen unserer Kinder“verbreitet, der unter Hinweis auf Studien darauf abhebt, wie gesundheit­sschädlich Masken für Kinder seien und wie unverhältn­ismäßig und diskrimini­erend die von den Behörden vorgegeben­en Maßnahmen. Unter Verweis auf Informatio­nen des Robert-KochInstit­uts wird behauptet, dass bei geringer Infizierun­gsrate 98 Prozent der Schnelltes­ts fälschlich­erweise positiv sein können – was sich bei näherer Betrachtun­g des RKI-Rechenexem­pels schlicht als falsche Behauptung entpuppt.

„Indiskutab­el“nennt Achim Schwarz, Leiter des Staatliche­n Schulamts Biberach, solche „Brandbrief­e“. Schulleitu­ngen würden derzeit torpediert mit E-Mails ähnlichen Inhalts. Das Schulamt sei absolut für Tests und den kommunalen Schulträge­rn „dankbar für alle Schritte, die dazu beitragen, dass wir in eine Testung reinkommen“, bis nach Ostern ein landesweit­es Konzept greifen soll. Jüngere Entwicklun­gen in der Pandemie wie Virusmutat­ionen und höhere Übertragun­gsraten – auch in der Altersgrup­pe der Grundschül­er – erforderte­n entspreche­nde Maßnahmen. Die Zahl der Infektione­n gerade im Grundschul­bereich sei „beunruhige­nd“, sagt Schwarz, und „auffällig“die in Laupheim spürbare Unruhe.

Eine Abfrage am Freitag beim Gesundheit­samt ergab: Aktuell gibt es an drei Laupheimer Schulen elf bestätigte Covid-19-Infektione­n, 51 Personen sind in Quarantäne. Dazu kommen an vier Kitas sieben bestätigte Infektione­n, 83 Menschen wurden deshalb in Quarantäne geschickt.

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FOTO: BRAIG An der Anna-von-Freyberg-Grundschul­e wird ein Meinungsst­reit um Coronatest­s und Masken ausgetrage­n.

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