Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Senioren trotz Impfung „eingesperr­t“?

Fall aus Ludwigsfel­d zeigt: Piks bedeutet nicht die Freiheit

- Von Ronald Hinzpeter

NEU-ULM - Die Seniorenhe­ime sind mittlerwei­le „durchgeimp­ft“, ließ das Landratsam­t schon im Februar verlauten. Doch was nützt das im Alltag? Das fragt sich eine Leserin, deren Schwiegerv­ater vergangene Woche wieder in Quarantäne geschickt wurde, obwohl er bereits seit Anfang Januar eine vollständi­ge Immunisier­ung besitzt. Das Gesundheit­samt sagt hingegen, das müsse sein. Die Leserin aus dem Landkreis, deren Name der Redaktion bekannt ist, hat mittlerwei­le die Nase voll, wie sie sagt: „Ich bin wütend.“

Folgendes hat sich zugetragen: Ihr Schwiegerv­ater lebt im Ludwigsfel­der Seniorenhe­im. Dort wurde vergangene Woche eine Bewohnerin positiv auf Corona getestet. Daraufhin musste die gesamte Wohngruppe unter Quarantäne gestellt werden. Allerdings habe ein zweiter Test ergeben, dass sie negativ sei. Dennoch wurde die Quarantäne von Amts wegen für 45 Bewohnerin­nen und Bewohner aufrechter­halten. Es sei nicht möglich gewesen, den einsamen Schwiegerv­ater zu besuchen. Dessen Frau war bereits vergangene­s Jahr beim Corona-Ausbruch in Ludwigsfel­d gestorben.

Dass die Menschen regelrecht „eingesperr­t“würden, kann die Leserin nicht verstehen, denn nicht nur der Schwiegerv­ater sei bereits immunisier­t, auch sie und ihr Mann haben bereits jeweils eine Impfdosis bekommen, da sie im Gesundheit­sbereich tätig sind. Zugespitzt fragt sie sich deshalb, warum die alten Menschen überhaupt geimpft werden, wenn man sie dann doch wegsperre. Ausdrückli­ch richtet sich ihre Kritik nicht an die Leitung sowie die Belegschaf­t

des Seniorenhe­ims, denn das leistet ihrer Einschätzu­ng nach ganz hervorrage­nde, aufopferun­gsvolle Arbeit: „Die sind wirklich genial. Das Heim tut wirklich alles, Hut ab.“Aber der Belegschaf­t seien eben die Hände gebunden, da die Quarantäne­verfügung vom Gesundheit­samt kommt.

Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt das Landratsam­t den positiven Test in der Ludwigsfel­der Einrichtun­g. Ob die betroffene Frau sich möglicherw­eise mit einer CoronaVari­ante infiziert habe, habe nicht ermittelt werden können. Weil sie sich im „infektiöse­n Zeitraum“im Heim befunden habe, seien die Bewohner des betroffene­n Wohnbereic­hs als „Kontaktper­sonen ersten Grades“in Quarantäne geschickt worden. Das Vorgehen ändere sich nicht, auch wenn die Frau später negativ getestet wurde. Wörtlich heißt es in einer Mitteilung des Landratsam­tes: „Wird ein Bewohner als Kontaktper­son der Kategorie eins eingestuft, ändert eine bereits abgeschlos­sene Impfung nach derzeitige­m Stand nichts an der Quarantäne. Außerdem muss in diesem Fall berücksich­tigt werden, dass eine geimpfte Person an einer Infektion durch eine Virusvaria­nte erkranken kann. Diese konnte im vorliegend­en Fall letztlich nicht ausgeschlo­ssen werden.“

Diese Antwort findet die Leserin alles andere als befriedige­nd. Wenn man die Menschen trotz der Impfung nicht sehen könne, dann nütze doch die Impfung nichts: „Irgendwann reicht es einfach.“Am Mittwoch solle erneut getestet werden. Am Donnerstag werden Ergebnisse erwartet. Dann hat die Quarantäne bereits eine Woche gedauert.

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FOTO: SVEN HOPPE Geimpft und trotzdem isoliert? Eine Seniorin, die im Pflegeheim wohnt, macht das wütend.

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