Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mysteriöses Sterben von Weißkopfseeadlern aufgeklärt
Deutsch-amerikanisches Forscherteam identifiziert Blaualge als „Adlermördergift“
HALLE/GEORGIA (dpa) - Mit kriminalistischem Spürsinn haben deutsche Forscher das Geheimnis um das mysteriöse Sterben von Weißkopfseeadlern im Südosten der USA gelöst. Ursache ist ein durch Blaualgen gebildetes Gift, wie ein Team um Timo Niedermeyer von der Universität Halle-Wittenberg und Susan Wilde von der Universität Georgia im Fachjournal „Science“schreibt.
Der Weißkopfseeadler ist das Wappentier der USA. Die Greifvögel gehören mit einer Flügelspannweite von über zwei Metern zu den größten Nordamerikas. Schon seit den 90er-Jahren leiden Weißkopfseeadler, aber auch andere Vögel im Südosten der USA, unter einer Erkrankung der Nerven. Die Tiere verlieren die Kontrolle über ihre Körper und sterben.
Bei ihren Untersuchungen entdeckte Susan Wilde zunächst, dass eine Substanz von einer zuvor unbekannten Blaualge, die auf Grundnesseln (Hydrilla verticillata) in Süßwasserseen lebt, diverse Vögel und andere Tiere krank machte. Der schädliche Stoff gelangte nach ihrer Erkenntnis in pflanzenfressende Fische, Wasservögel oder Schildkröten, die schließlich von den Adlern gefressen wurden. Was genau an den Blaualgen, wissenschaftlich Cyanobakterien genannt, zu der Vergiftung führte, war unklar. An der Universität
Halle-Wittenberg wurde nun von Experten das sogenannte Adlermördergift identifiziert. Das Team um Niedermeyer bat um eine Probe, schabte die Cyanobakterien von der Pflanze und vermehrte sie im Labor. Doch die nach Georgia zurückgesandte Laborkultur machte dort kein Tier krank. Daraufhin analysierte das Team die Oberfläche der Blätter der Grundnessel und fand eine eigentümliche Bromverbindung. In Laborversuchen wurde klar, dass das Bakterium Brom benötigt, um das bromhaltige Gift zu produzieren.
Unklar bleibt bislang trotzdem, warum die Bakterien das Gift in einigen Seen produzieren – in anderen aber nicht. Einen Verdacht haben die Forscher: In einige Seen wird ein bromhaltiges Herbizid verwendet, um die Grundnesseln zu zerstören. Bromverbindungen kommen aber auch in der Natur vor.