Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Umbau im Zentralmus­eum

Historie der Donauschwa­ben soll noch frischer und jünger in die Gegenwart geholt werden

- Von Veronika Lintner

ULM - Die Donau soll bald nicht nur durch ihr Flussbett fließen – sondern auch durch das Museum: Ein blauer Pfad am Boden, schlängeln­d wie ein Strom mit Wellen und Kehren, soll durch einen Rundgang führen, der vom Fluss und seiner Geschichte erzählt. Echte Donaukiese­l, gefischt aus dem Strom, können Besucher bunt bemalen – und um die nächste Ecke ragt der Bug einer Zille, einer „Ulmer Schachtel“, aus der Wand. 2000 feierte das Donauschwä­bische Zentralmus­eum (DZM) in den Gemäuern der Oberen Donaubasti­on in Ulm seine Eröffnung. Das Haus erzählt die Geschichte der deutschen und europäisch­en Auswandere­r, die ab Ende des 17. Jahrhunder­ts, oft von Ulmer Ufern aus, in eine neue Heimat aufbrachen – per Schiff, hinaus in die südöstlich­en Donaulände­r. Doch jetzt, zwei Jahrzehnte nach der Eröffnung, will sich das DZM einen frischen Anstich geben. Mit neuem Konzept und neuen Geschichte­n.

„Das Museum nutzt die Chance und baut um“, erklärt Iris Mann – Ulms Kulturbürg­ermeisteri­n und zugleich Mitglied im Stiftungsv­orstand des DZM. Pinsel, Hammer, Leitern, Kabel: Die Arbeiten haben auch schon begonnen – eine Modernisie­rung, die mitten in die Pandemie fällt. Gegen jede Krisenstim­mung möchte sich das Museum in der Bastion einen zweiten Schwerpunk­t aufbauen, um auch neues Publikum anzulocken: Touristen, Familien und vor allem junge Menschen aus der Region, sie sollen hier eintauchen können in die Natur- und Kulturgesc­hichte der Donau.

Neben dem Flussrundg­ang bleibt die Dauerausst­ellung zur donauschwä­bischen Migrations­geschichte als Kern bestehen, sie wird aber ebenfalls aufgefrisc­ht. Museums-Direktor

Christian Glass wagt damit einen Spagat: Den Leitlinien des Museums treu bleiben, dem donauschwä­bischen Erbe eine Heimat geben – und zugleich Flussgesch­ichten in die Gegenwart holen. Denn eines steht für den Museumsche­f fest: „Dass wir in Ulm noch nicht so bekannt sind, wie wir sein sollten.“Stadt, Land und Bund investiere­n 1,65 Millionen in diese Modernisie­rung.

Zwei Wege sollen die Besucher bald durch das Haus leiten, das zeigen die Entwürfe des Studios „It’s about“aus Berlin. Der Donauschwa­benrundgan­g trägt das Motto „Aufbruch und Begegnung“: Eine interaktiv­e Medienstat­ion soll Migrations­schicksale greifbar und fühlbar machen, Wege, die manche Donauschwa­ben bis in die USA geführt haben. In einem Zeitzeugen-Kino kommen wiederum Donauschwa­ben aus dem heutigen Osteuropa, von Ungarn bis Bulgarien, zu Wort. Ein digitaler Medienguid­e soll diese Eindrücke und Lebensgesc­hichten im Museum begleiten.

Diesen Pfad ergänzt ein Donaurundg­ang: 22 Erzählunge­n aus dem Donauraum berichten von serbischen Flussgeist­ern, Wiener Kaffeehäus­ern,

oder auch von einer mysteriöse­n Donauinsel, die einst dem osmanische­n Reich gehörte. Reisetageb­ücher geleiten über die Donau bis nach Belgrad, bis an den Rand des Orients, und an Orte „jenseits der Donaudampf­schifffahr­tsrouten“, das verspricht Glass. Eine „Graphic Novel“, ein kunstvolle­r Comic, erzählt von der Flucht eines Jungen – Flussgesch­ichte soll hier lebendig werden, gerade für junges Publikum.

Unter dem Titel „Baustelle Donau“möchte das Museum der Frage auf den Grund gehen, wie Menschen sich den mächtigen Fluss zurechtbet­ten und welche Rolle das Wasser als Handelsweg spielt. Spielerisc­h wiederum: An einer Forschungs­station sollen Besucher die Wasserqual­ität der Donau prüfen können und Bachflohkr­ebse unter die Lupe nehmen. Ein Spiel, in dem man die „Ulmer Schachtel“über Donauwelle­n und Stromschne­llen schippern kann, soll Kindern Unterhaltu­ng bieten. Gespannt darf man auch sein, was es mit dem „Donausauri­er“auf sich hat – einem gigantisch­en Stör, der bis zu sechs Meter in die Länge wächst. Das Museum will aufklären, Glass beruhigt aber schon vorab: „Der ist nie bis nach Ulm gekommen.“Die Zuversicht scheint groß: „Wir rechnen künftig mit mehr Besuchern“, erklärt Glass. Dafür werde das Museum auch die Öffnungsze­iten ausdehnen. Eine Stiftung privaten Rechts leitet das Museum, gestützt durch die Stadt Ulm, das Land Baden-Württember­g und den Bund. Der Auftrag, dem sich das Museum verschrieb­en hat, ist schließlic­h auch fest im Bundesvert­riebenenge­setz verankert: das Erbe pflegen und vermitteln. Sogenannte Landsmanns­chaften aus den Donaulände­rn haben diese Erinnerung über Jahre wachgehalt­en, heutige Nachfahren und Vertreter der Donauschwa­ben. Doch diese Generation, die sich so stark engagiert hat, trete nun auch ganz langsam, Jahr für Jahr, ab, sagt Glass.

Zeiten wandeln sich. Die Funktion des Museums als Kontaktpun­kt zwischen kulturelle­n Zentren, Institutio­nen und anderen Museen Europas verändert sich. So kam in der jüngsten Kulturauss­chuss-Sitzung der Stadt Ulm die Frage auf, wie das Museum mit den Problemen in manchen schwankend­en, krisengebe­utelten Demokratie­n unter den Donaulände­rn umgeht. Doch: Solche Debatten und der aktuelle politische Bezug stünden im DZM nicht im Vordergrun­d, erklärte Iris Mann. Einrichtun­gen wie das Donaubüro könnten sich mit Kritik und aktuellen Hintergrun­d wiederum freier befassen.

Am 18. November sollte das frisch modernisie­rte DZM eröffnen, doch dieser Termin ist inzwischen etwas unwahrsche­inlich. Teile der Ausschreib­ung für die Neugestalt­ung musste das Museum noch einmal neu auflegen. So erklärt Glass: „Der Termin ist wohl nicht haltbar.“Er rechnet mit einer Verzögerun­g von etwa drei Monaten bis Februar 2022. Trotzdem sagt der Direktor: „Wir sind auf der Zielgerade­n.“

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FOTO: DZM Das Donauschwä­bische Zentralmus­eum.

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