Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kretschmann muss jetzt liefern
Eigentlich hätte doch alles ganz geschmeidig laufen können. Der Stimmenfänger Winfried Kretschmann will mit der CDU weiterregieren. Allein: Die Partei macht nicht mehr einfach das, was der grüne Übervater will. Für den Ministerpräsidenten war das nicht nur ungemütlich, es war eine Rebellion.
Schon am Mittwoch zeichnete sich ein Patt ab. Statt nur kurz tagte die grüne Verhandlungsgruppe bis in die Nacht. Noch eine Kiwi-Koalition oder doch eine Ampel? Die Meinungen zwischen Kretschmann und den Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand standen sich unvereinbar gegenüber – und mündeten dann doch im Willen des Regierungschefs. Einfach so absegnen wollte der Landesvorstand der Grünen die Kiwi-Neuauflage am Donnerstag aber nicht. Zum einen wollten sie nicht mehr länger Kretschmanns Abnickverein sein, zum anderen sahen viele in einer Ampel die Chance auf echte Veränderungen.
Für Kretschmann ist dies nichts weniger als der Beginn einer Art Götterdämmerung. Seine Autorität ist beschädigt – obwohl jeder weiß, dass die Grünen das historische Wahlergebnis von 32,6 Prozent maßgeblich ihm zu verdanken haben. Doch die Partei weiß auch: Kretschmanns letzte Amtszeit bricht an. Vielleicht führt er sie ja auch gar nicht zu Ende. Nach Jahren des Stillhaltens sehen sie offenbar die Zeit gekommen, nun aufzubegehren. Klar ist auch: Kretschmann muss jetzt liefern. Wenn er die CDU nicht zu weitreichenden Zugeständnissen bewegen kann, gerade beim Klimaschutz, werden die Stimmen der Unzufriedenen in den eigenen Reihen lauter.
Für das Land ist eine Neuauflage der Kiwi-Koalition derweil sicher nicht schlecht. Die Bekämpfung der Pandemie und ihrer vor allem finanziellen Folgen in den Jahren darauf lässt sich einfacher managen, wenn auch die Entscheider an der Basis auf Linie sind – und die gehören zu einem großen Teil der CDU an. Eine Ampel-Koalition unter grüner Führung hätte indes den Charme eines Aufbruchs versprühen können. Hätte ein solches Bündnis im Südwesten geklappt, hätte das auf den Bund ausstrahlen können. Im September sind bekanntlich Bundestagswahlen.