Schwäbische Zeitung (Laupheim)

(Kein) Leben von der Stange

Viel Zeit im Freien auf der Wiese: Priscilla erzählt, wie es einem Legehuhn auf dem Koblerhof in Wain geht

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WAIN - Ostern: Das ist die Zeit, zu der die Eierproduk­tion auf Hochtouren läuft, denn gefärbte Eier gehören für die meisten Menschen einfach zum Fest dazu. Die „Schwäbisch­e Zeitung“wirft einen Blick hinter die Kulissen und hat beim Koblerhof in Wain nachgefrag­t, welche Herausford­erungen die Hühnerhalt­ung beinhaltet. Und überhaupt: Wie lebt es sich als Legehuhn in einem Bio-Betrieb?

Nennen wir sie einfach Priscilla. Etwa 18 Wochen nach dem Schlupf kommt die Junghenne auf den Koblerhof. Zusammen mit ihren Artgenossi­nnen darf sie sich erst einmal ein paar Wochen einleben. In dieser Zeit machen die „Hühner-Teenager“ihren neuen Besitzern viel Arbeit, denn wie kleine Kinder muss das junge Federvieh gut behütet und erzogen werden.

Nach etwa vier Wochen legt Priscilla ihr erstes, noch winziges Ei – stolz gackert sie über die erbrachte Leistung. Doch erst im Alter von rund drei Monaten legt sie Eier, die die Familie Kobler auch verkaufen kann. Priscilla hat Glück: Sie lebt auf einem Bioland-Hof. Das bedeutet, dass sie viel Platz hat und ein Drittel ihres Lebens im Freien auf der Wiese verbringt. Geschlafen wird im Stall, und zwar auf der Stange – das mögen Hühner am liebsten, denn je weiter oben sie stehen, desto sicherer fühlen sie sich. Außerdem kuscheln sich die Tiere dort in der Nacht eng aneinander.

Sobald der Morgen graut, ist Priscilla gleich topfit, hungrig und durstig. Einen Viertellit­er Wasser trinkt sie pro Tag, dazu kommt der von Koblers selbst gemahlene Schrot. Als ausgewachs­enes Huhn vertilgt Priscilla bis zu 130 Gramm täglich. Wenn der Magen gefüllt ist, sucht sie sich einen ungestörte­n Platz im Stall und legt ein Ei. Dabei ist sie etwas wählerisch und besteht auf ihren persönlich­en Lieblingsp­latz. Zur Auswahl stehen dunkle, weiche Legenester, die durch einen Vorhang auch etwas Intimsphär­e bieten, denn darauf legen Priscilla und ihre Artgenossi­nnen Wert.

Anschließe­nd ist der Gang ins Freie angesagt – außer es regnet. Dann kann es auch ein bisschen später werden, denn Priscillas Besitzer passen gut auf, dass die Tiere gesund bleiben. Auf jeden Fall jedoch darf sie ein Drittel ihres Lebens auf der Wiese verbringen. Auf diese gelangt Priscilla entweder einfach durch eine Klappe oder durch einen Tunnel, der unter der Straße hindurch sicher in den Freibereic­h führt.

Im Freien können die Hühner Kuhlen graben oder es sich unter Sträuchern gemütlich machen. Als Mittagssna­ck werden Körner gestreut. Das beschäftig­t die Tiere und sorgt dafür, dass sie ihre Artgenossi­nnen nicht picken. Und auch Steine stehen auf dem Speiseplan: Das hilft dem Federvieh beim Verdauen.

Rund 250 Eier wird Priscilla in ihrem Leben legen. Etwa eineinhalb Jahre bleibt sie auf dem Koblerhof, dann ist ihre Karriere als Legehuhn beendet. Mit etwas Glück findet sie im Anschluss eine „Adoptiv-Familie“, die sie für vier Euro der Familie Kobler abkauft und ihr ein neues Zuhause bietet. Ihre jetzigen Besitzer würden sich darüber freuen. Zum Dank legt Priscilla dann sicherlich auch weiterhin Eier, nur eben nicht mehr so viele. Falls sich keine neue Bleibe findet, landet Priscilla jedoch als Suppenhuhn im Topf.

Rund 250 Eier wird Priscilla in ihrem Leben legen. Etwa eineinhalb Jahre bleibt sie auf dem Koblerhof, dann ist ihre Karriere als Legehuhn beendet.

Wer

kann sich nach Ostern mit der Familie Kobler in Wain in Verbindung setzen (Telefon 07353/1340). Jedes Tier kostet vier Euro; gute Ratschläge für die Haltung gibt es gratis dazu.

Hat sich durch die Corona-Pandemie etwas geändert?

Marc Kobler: Dieses Jahr ist auch Ostern ganz anders. Viele Betriebe liefern normalerwe­ise an FlüssigeiH­ersteller und die Gastronomi­e. Da wir im Lockdown sind, brechen hier natürlich große Teile des Umsatzes weg. Überspitzt gesagt, schwimmt Deutschlan­d derzeit fast in Eiern.

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FOTO: FREDRIK VON ERICHSEN/DPA Legehühner auf Bioland-Höfen haben es besser als viele ihrer Artgenosse­n, denn sie haben viel mehr Platz.

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