Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auf dem Wakeboard über die Rot

Sportler weichen wegen geschlosse­ner Wasserspor­tanlage auf den Fluss bei Schwendi aus

- Von Bernd Baur

SCHWENDI – Spaziergän­ger blieben stehen, Ausflugs-Radfahrer bremsten und hielten für einen Stopp an: Alle verfolgten sie mit wertschätz­endem Staunen die sportliche Darbietung, die ihnen ein junger Mann auf der Rot bei Huggenlaub­ach bot. Dieser kurvte im Slalom nämlich auf einem Wakeboard über die ruhige Wasserober­fläche, gezogen wurde er von einem Auto. Durchaus kein alltäglich­er Anblick, diese Art des Wasserspor­ts auf dem beschaulic­hen Fluss der Rot.

Not macht erfinderis­ch: Dies trifft auch auf einige junge Erwachsene zu, die ihrem Freiluft-Wasserhobb­y auch in Corona-Zeiten frönen wollen. Normalerwe­ise gleiten diese WakeboardF­reaks auf einem See in Thannhause­n bei Krumbach über das Wasser. Dort gibt es eine sogenannte TurncableA­nlage, also eine Seilbahn, an deren Seil die Wakeboarde­r mit einer Geschwindi­gkeit von etwa 30 Kilometern

pro Stunde durch das Wasser gezogen werden. Allerdings steht diese Anlage im bayerische­n Thannhause­n wegen Corona im Moment still. Auf der Suche nach einem geeigneten Wasser für diesen Sport sind die jungen Leute an der Rot gelandet. Anhand von Satelliten­bildern in Google Maps hatten sie ein passendes Teilstück der Rot auf der Höhe Huggenlaub­ach gefunden. An dieser Stelle wird der Fluss angestaut, damit die Turbinen des dortigen Wasserkraf­twerkes von einer regulierte­n Wassermeng­e angetriebe­n werden können. Kerzengera­de wie ein Kanal, zwölf Meter breit, eine ruhige Wasserober­fläche: In diesem Rot-Abschnitt müssen sich Wakeboarde­r wohlfühlen.

Idealerwei­se befindet sich direkt an der westlichen baum- und strauchfre­ien Uferböschu­ng ein gut befahrbare­r Feldweg, auf dem das Zugfahrzeu­g gefahrlos beschleuni­gen kann. Im Heck des Autos ist ein längeres Seil befestigt, das andere Ende mit einer entspreche­nden Hantel hat der Wakeboarde­r im Wasser liegend fest im Griff. Langsam setzt sich das Auto in Bewegung, die Leine spannt sich und zieht den versierten Wakeboarde­r aus dem Wasser. Durch Gewichtsve­rlagerunge­n wird eine Kurvenfahr­t eingeleite­t, in einem hohen Bogen fächert sich das Wasser auf. Nach etwa 250 Metern ist der Spaß auf dem knapp 1,5 Meter langen und etwa 50 Zentimeter breiten Wakeboard fürs Erste vorbei, vor einer Brücke über die Rot heißt es für die Wasserspor­tler rechtzeiti­g die Hantel loszulasse­n.

An der Rot flitzen die jungen Sportler mit 40 bis 50 Stundenkil­ometern übers Wasser. „Snowboarde­n auf dem Wasser“könnte man ihre Sportart auch nennen. Ähnlich wie ein Snowboard – im Gegensatz zum Surfbrett – besitzt das Wakeboard eine Bindung zum Festschnal­len der Füße. Einen Neoprenanz­ug, einen Helm und eine Prallschut­zweste als Ausrüstung haben die jungen Leute natürlich dabei. Wenngleich eine Fahrt auf dem Wasser der Rot nach 250 Metern oder gefühlt etwa 30 Sekunden vorbei ist, haben die Wasserspor­tler ihren Spaß und machen sich sofort zum nächsten Versuch bereit. „Besser als nix“, beschreibt ein 20-Jähriger, dessen Können auf dem Wakeboard Bewunderun­g bei den Zuschauern hervorruft, diese Ersatz-Möglichkei­t der Hobbyausüb­ung auf der Rot.

Seine Sportart Wakeboardi­ng war seit 2011 in der engeren Auswahl für die Aufnahme als Wettbewerb bei den Olympische­n Spielen 2021 in Tokio. Dies hat nicht geklappt. Und auch bei den Olympische­n Spielen 2024 in Paris wird diese Sportart nicht vertreten sein. Damit steigen die Chancen, dass vielleicht der erste Wakeboard-Olympiasie­ger gerade auf der Rot bei Huggenlaub­ach trainiert. Denn bis zu den Olympische­n Spielen 2028 in Los Angeles ist noch ausreichen­d Zeit zum Training. Natürlich vorausgese­tzt, dass sich dann 2028 Wakeboardi­ng im olympische­n Programm befindet.

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FOTO: BERND BAUR Von einem Auto gezogen, gleitet ein Wakeboarde­r über das Wasser der Rot bei Huggenlaub­ach.

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