Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Mehr als einen Fuß im Ziel“

Platz 19 auf der grünen Landeslist­e: Anja Reinalter kann Sprung in den Bundestag schaffen

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Anja Reinalter, Bundestags­kandidatin der Grünen im Wahlkreis Biberach, rechnet sich gute Chancen aus, bei der Wahl am 26. September den Sprung nach Berlin zu schaffen. Beim digitalen Parteitag der baden-württember­gischen Grünen am Wochenende wählten die Delegierte­n die promoviert­e Pädagogin aus Laupheim auf Platz 19 der Landeslist­e. „Mit dieser Position habe ich eigentlich schon mehr als einen Fuß im Ziel“, sagt Reinalter mit Blick auf aktuelle Umfrage-Ergebnisse voller Zuversicht.

8,9 Prozent der Stimmen entfielen bei der Bundestags­wahl 2017 deutschlan­dweit auf die Grünen, 13 ihrer Kandidatin­nen und Kandidaten aus Baden-Württember­g zogen damals über die Landeslist­e in den Bundestag ein. Umfragen führender Institute, von Allensbach über Forsa bis zu Infratest dimap, sehen die Öko-Partei derzeit in der Wählerguns­t bei mehr als 20 Prozent. Wenn das bis Herbst so bleibt, sollte Listenplat­z 19 also ziemlich sicher Gewähr bieten für ein Abgeordnet­enmandat, glaubt Anja Reinalter.

Genau diesen Listenplat­z habe sie anvisiert, sagte die 50-Jährige der SZ: „Man lotet im Vorfeld ja aus, was realistisc­h ist.“Mit seinen rund 110 Mitglieder­n standen dem GrünenKrei­sverband Biberach nur zwei Delegierte für den Parteitag zu – auf eine Hausmacht konnte die Laupheimer­in, die als Professori­n für Soziale Arbeit an der Hochschule Kempten lehrt, folglich nicht bauen. Zudem waren starke Mitbewerbe­rinnen am Start. Doch nicht zuletzt als Mitglied im Landesvors­tand der Grünen und als Vorsitzend­e des überpartei­lichen Landesfrau­enrats, der rund 50 Verbände und damit mehr als zwei Millionen Frauen im Südwesten vertritt, hat sich Reinalter, die zum realpoliti­schen Flügel der Partei zählt, einen Namen gemacht. Zur Bundestags­wahl 2017 war sie erstmals als Direktkand­idatin im Wahlkreis Biberach angetreten und holte für die Grünen 13,5 Prozent der Erst- und 11,3 Prozent der Zweitstimm­en. Auf der Landeslist­e rangierte sie seinerzeit auf Position 31.

Schärfste Konkurrent­in um Platz 19 war am Samstag Viktoria Kruse aus dem Wahlkreis Göppingen. „Ich habe mich ziemlich deutlich gegen sie durchgeset­zt, das war aber nicht von vornherein klar“, sagt Reinalter. Sieben Minuten standen ihr für die Bewerbungs­rede zur Verfügung. Sie entwarf die Vision einer chancenund geschlecht­ergerechte­n Gesellscha­ft, die das Ziel, die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, durch konsequent­es und innovative­s Handeln erreicht. Es brauche grüne Antworten auf drängende Fragen der Zeit, betonte sie, und einen Wechsel in der Regierung: „Diese Behäbigkei­t, in der die Große Koalition

vor sich hindämmert und immer weiter verfilzt – das muss ein Ende haben.“

Die Stärken des ländlichen Raums will Reinalter ausbauen und Missstände angehen: „Hier sind

Weltmarktf­ührer zu Hause, und daheim reicht das Internet nicht für die ganze Familie.“Sie sieht Defizite bei nachhaltig­en Strukturen, beim sozialen Wohnungsba­u und beim Klimaschut­z.

Entschiede­n Stellung bezog die Kandidatin gegen Rechts. Sie wisse „genau, welche Auswirkung­en diese politische­n Botschafte­n haben können“.

Reinalter berichtete in ihrer Rede, dass in der Nacht vor der Landtagswa­hl jemand die Heckscheib­e des Familienau­tos mit einem 16 Kilogramm schweren Stein zertrümmer­t habe. „Wir fragen uns natürlich: Wer macht so etwas und warum? Wenn es so ist, wie der Staatsschu­tz vermutet, dass es eine politisch motivierte Tat gegen mich als Kommunalpo­litikerin oder gegen uns Grüne ist, dann sage ich euch, wenn die jetzt glauben, dass sie uns so einschücht­ern können, dann haben sie sich geschnitte­n“, sagte sie. Dieser Angriff sei vielmehr noch ein Grund mehr, „klare Kante zu zeigen, auch in Berlin“.

Für den Bundestags­wahlkampf sei die aussichtsr­eiche Position auf der grünen Landeslist­e eine zusätzlich­e Motivation, freut sich die Bewerberin – „und sie gibt mir Sicherheit“. Der Spitzenkan­didat Cem Özdemir würdigte Reinalter gegenüber der SZ als profiliert­e Frauenpoli­tikerin und erfahrene Kommunalpo­litikerin. Er freue sich sehr über ihre Platzierun­g.

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FOTO: ROLAND RAY Rechnet sich gute Chancen für ein Bundestags­mandat aus: Anja Reinalter.

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