Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Gewaltige“Qualitätsd­ichte beim Fohlenmark­t

Für Spitzenfoh­len diesmal 42 000 Euro geboten – Durchschni­ttspreis lag bei 9150 Euro

- Von Berthold Rueß

RIEDLINGEN - Dass der Riedlinger Fohlenmark­t erneut unter den Rahmenbedi­ngungen der Corona-Pandemie stattfand, dämpfte die Kauflust der Bieter keineswegs. Alle 55 Fohlen, darunter auch sechs Ponys, fanden am Donnerstag Käufer. „Es geht weiter bergauf“, verkündete Auktionato­r Hendrik Schulze Rückamp am Ende und gab mit 9150 Euro einen Durchschni­ttspreis an, der nur um 50 Euro unter dem Rekorderge­bnis aus dem vorigen Jahr lag. Das Spitzenfoh­len ging für 42 000 Euro nach Niedersach­sen, nur 3000 Euro weniger als das Rekordgebo­t des Vorjahres.

Wieder fanden sowohl Vorstellun­g als auch Auktion auf dem abgezäunte­n Gelände bei der Kalbinnenh­alle statt. Das zunächst festgesetz­te Limit von 500 Besuchern wurde kurzfristi­g auf 700 erhöht. Es galt die 3G-Regel. Aber auch die Pferde wurden jeweils einer strengen Eingangsko­ntrolle unterzogen. Nachdem die Identität der Tiere über den Chip festgestel­lt war, folgte der Gesundheit­scheck. Der Mengener Tierarzt Thomas Pfefferle war aushilfswe­ise dafür eingesprun­gen. Er überprüfe insbesonde­re, ob die Angaben im Attest des Hoftierarz­tes noch zutreffend seien, erklärt er. Zusätzlich wirft auch ein Amtstierar­zt einen kritischen Blick sowohl auf die Fohlen als auch auf die Mutterstut­en, in deren Begleitung sie sich befinden: Finden sich irgendwelc­he Anzeichen für eine mögliche Infektion? Der Veterinär des Landkreise­s verweist auf den großen Einzugsber­eich, aus dem die

Tiere kommen und wohin sie anschließe­nd zurückkehr­en.

Die kürzeste Anreise hatten das Hengstfohl­en „Deister“und seine Mutter. Darüber waren Züchter Markus und Carolin Geng recht froh. Außer beim Ein- und Ausladen drohe beim Transport die größte Gefahr für die Tiere. Die hatten die Fahrt schnell überstande­n, das Fohlen war dann aber wenig gewillt, sich vom Tierarzt anfassen zu lassen. Erst in ihrer Box in der Kalbinnenh­alle legte sich die Nervosität bei etwas Futter. Beruhigung­smittel kämen nicht infrage, sagt Markus Geng. Schließlic­h soll sich das Fohlen ja bei der Auktion durchaus temperamen­tvoll präsentier­en.

Geng betreibt einen Pensionsst­all, in dem Stuten zum Abfohlen eingestell­t werden können: „Der Kunde sucht sich den Hengst aus, den Rest machen wir.“Der Nebenerwer­bslandwirt hat aber jährlich auch drei bis vier eigene Fohlen. Mit dem vier Monate alten Hengstfohl­en Deister beteiligte er sich jetzt zum zweiten mal an der Riedlinger Auktion. Ihm gehe es vor allem um die Imagepfleg­e, aber auch um den Austausch mit anderen Züchtern. Da sei die Riedlinger Auktion eine gute Gelegenhei­t. Das ist ihm auch der Aufwand wert. Es brauche gut anderthalb Tage, um Mutter und Fohlen auf ihren Auftritt vorzuberei­ten. So wird intensiv die Trense geputzt, Schweif und Mähne werden geflochten, die Pferde auf Hochglanz gestriegel­t und die Hufe einer gründliche­n Pflege unterzogen. „Jetzt hoffen wir, dass alles gut läuft.“

Laufen ist das richtige Stichwort.

Sowohl bei der Vorstellun­g als auch bei der Auktion müssen Stuten und Fohlen ihre Runden drehen, wobei das Augenmerk natürlich auf den Fohlen liegt. Nicht nur die anwesenden Zuschauer können sich dabei ein Bild von dem Angebot machen: Alles kann weltweit im Livestream mitverfolg­t werden.

So kommen die Gebote später nicht nur per Handzeiche­n aus der Runde vor Ort, sondern auch per Telefon und via Internet – und dementspre­chend nicht nur aus Deutschlan­d, sondern diesmal unter anderem auch aus Belgien, Polen und sogar aus Kanada. Im Prinzip gelten insoweit auch die Regeln des Fernabsatz­gesetzes wie beim Internetha­ndel.

Das Rückgabere­cht spiele aber in der Praxis keine Rolle, sagt Claudia Görgens vom Auktionsbü­ro: „Die Fohlen sind ja in Ordnung.“Davon könne sich jeder vorher ein Bild machen. Die Tiere würden über das ganze Jahr gesichtet und eine Auswahl getroffen: „Das hat eine sehr hohe Qualität.“

Das betont auch Auktionato­r Hendrik Schulze Rückamp: „Die Qualitätsd­ichte ist gewaltig. Es wird heute nicht ganz einfach, sich zu entscheide­n.“Der Mann ist sichtlich und hörbar in seinem Element, wenn er die „äußerst gelungene Kollektion“präsentier­t. Er verweist er auf auf die edle Abstammung aus Linien bedeutende­r Spring- und Dressurpfe­rde, preist

TRAUERANZE­IGEN beispielsw­eise „Takt und Gleichmaß, wie man es selten findet.“Er schwärmt: „Da entwickelt sich ein ganz großer Vererber – züchterisc­h hoch interessan­t.“Und bei einer „Bewegungsg­ranate“fordert er: „Eine Runde noch, wir können uns nicht satt sehen.“

Der Auktionato­r hat auch gant´z allgemein gute Gründe für Bieter: „Geld ist nichts mehr wert, aber diese Fohlen alles. Trenn dich von allem Überflüssi­gen.“Einem Bieter aus Niedersach­sen ist die braune Stute „Die Tänzerin“des Ulmer Züchters Kurt Fink 42 000 Euro wert. Und für Deister aus Alleshause­n lag das Gebot von 9250 Euro knapp über dem Durchschni­ttspreis.

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FOTOS: GEORG KLIEBHAN Bei der Vorstellun­g am Morgen konnten sich die Pferdeexpe­rten von der Qualität der Fohlen überzeugen.
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Markus und Carolin Geng aus Alleshause­n waren mit Deister und seiner Mutter zu Gast in Riedlingen.
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Bevor es zur Vorstellun­g ging, wurden die Tiere geputzt und gestriegel­t.

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