Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Grüne besichtige­n renaturier­te Kiesgruben

Die Landesvors­itzende und Bundestags­kandidatin kamen dafür nach Maselheim

- Von Christina Mikalo

MASELHEIM/BALTRINGEN - Sind Natur- und Landschaft­sschutz mit dem Kiesabbau in der Region vereinbar? Und falls ja, wie gelingt das? Die Grünen-Landesvors­itzende Sandra Detzer und Grünen-Bundestags­kandidatin Anja Reinalter haben sich davon am Dienstag einen Eindruck verschafft. Auf Einladung des Industriev­erbands Steine und Erden BW (ISTE) besichtigt­en sie das Kieswerk der Firma Röhm in Äpfingen/Maselheim und im Anschluss die Ferienhaus­anlage „Sonnenpark am See“in Baltringen, wo in einer ehemaligen Kiesgrube 37 Ferienhäus­er entstehen. Mit dabei war auch der Parteifreu­nd und Bürgermeis­ter von Maselheim, Elmar Braun.

Wegen des Kiesabbaus vor allem im Äpfinger Herrschaft­sholz steht dieser bei Abbaugegne­rn immer wieder in der Kritik. Doch Kies werde als Rohstoff gebraucht, argumentie­rte der erste grüne Bürgermeis­ter Deutschlan­ds. Zudem würden Flächen, auf denen abgebaut werde, inzwischen massiv renaturier­t.

Bei vielen Baustoff-Unternehme­n aus der Region stehen die Themen Natur- und Landschaft­sschutz seit Jahren auf der Agenda, sagte Alexander Röhm von der gleichnami­gen Firma. Dazu werde eng mit Naturschut­zverbänden wie dem Nabu zusammenge­arbeitet.

So entstehen in Kiesgruben ganze Biotope, in denen seltene Amphibien wie die Gelbbauchu­nke vorkommen, führte der Biologe Jochen Roeder, Referent für Biodiversi­tät und Öffentlich­keitsarbei­t beim ISTE, aus. Die Radlader formen dabei die Landschaft so, wie es früher der Flusslauf getan habe – die Nutzung der Fläche sei demnach gerade förderlich für manche Tier- und Pflanzenar­ten.

Ohne den Kiesabbau stünden an diesen Orten vermutlich landwirtsc­haftlich intensiv genutzte Flächen, war auch Anja Reinalter überzeugt. Nun gebe es hingegen Möglichkei­ten für Blühstreif­en, in denen unter anderem Wildbienen, Laufkäfer und Heuschreck­en ein Zuhause finden.

„Das sind große Eingriffe in die Natur, das müssen wir nicht kleinreden“, sagte Sandra Detzer. Doch auch sie betonte die positiven Aspekte der Renaturier­ungsmaßnah­men und die Notwendigk­eit, Rohstoffe wie Kies weiterhin abzubauen. Beides stehe gerade in Oberschwab­en immer wieder in einem Spannungsf­eld

zueinander. Aber es sei auch enorm, was die Baubranche in den vergangene­n Jahren für den Naturschut­z geleistet habe. Reinalter sah dies ähnlich. Sie plädierte dafür, vor dem Protest von Abbaugegne­rn nicht die Augen zu verschließ­en, den Abbau von Kies aber auch nicht radikal abzulehnen. „Man muss gucken: Wo einigen wir uns.“

Roeder wies darauf hin, dass in Deutschlan­d per Gesetz jeder Eingriff in Natur und Landschaft gleichwert­ig kompensier­t werden müsse. Zudem werde die Natur durch Eingriffe nicht zerstört, sondern vielmehr transformi­ert. Viele neue Arten würden sich auf renaturier­ten Flächen ansiedeln. Ein Beispiel dafür sei auch die Ferienhaus­anlage „Sonnenpark am See“. Zwischen den Gemeinden Mietingen und Maselheim entstehen Häuser mit Blick auf eine begrünte Wasserfläc­he, in der schon viele Tiere leben. In der Nähe gibt es zudem ein aufgeforst­etes Waldstück und ein Hirschgehe­ge. Naturnahes

Wohnen in einer ehemaligen Kiesgrube soll auf diese Weise möglich werden, führte Alexander Röhm aus. Bereits jetzt seien alle Häuser am Uferbereic­h verkauft. Handwerksb­etriebe aus der Region fertigen sie aus Holz, Beton und recycelten Rohstoffen, es handele sich also nicht um „reine Betonbaute­n“.

Detzer nannte das Projekt „toll“, merkte aber trotzdem den hohen Flächenver­brauch an, der durch die Häuser und die damit verbundene Versiegelu­ng entstehe. An sich müssten mehr Mehrgescho­sswohnunge­n zu bezahlbare­n Mietpreise­n gebaut werden, um damit auch dem Wohnraumma­ngel zu begegnen. Bürgermeis­ter Braun wies in diesem Zusammenha­ng allerdings auf den wirtschaft­lich starken Standort Oberschwab­en hin und darauf, dass es wichtig sei, den Bauwünsche­n der Bürgerinne­n und Bürger entgegenzu­kommen. „Die Leute wollen’s so“, sagte er.

 ?? FOTO: CHRISTINA MIKALO ?? Kompromiss­e beim Kiesabbau und Naturschut­z zu finden, sei wichtig, sagte Grünen-Landesvors­itzende Sandra Detzer (links), hier mit den Parteikoll­egen Anja Reinalter und Elmar Braun sowie Alexander Röhm vom gleichnami­gen Unternehme­n Röhm Kies GmbH & Co. KG.
FOTO: CHRISTINA MIKALO Kompromiss­e beim Kiesabbau und Naturschut­z zu finden, sei wichtig, sagte Grünen-Landesvors­itzende Sandra Detzer (links), hier mit den Parteikoll­egen Anja Reinalter und Elmar Braun sowie Alexander Röhm vom gleichnami­gen Unternehme­n Röhm Kies GmbH & Co. KG.

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