Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Angehende Landwirte können bald in Ravensburg studieren

Die Duale Hochschule will 2022 einen Mix aus bodenständ­iger Praxis und Theorie an den Start bringen

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - Ein Bauer muss heutzutage eine Menge drauf haben: Er sollte ein guter Unternehme­r sein, sich mit Tierpflege und digitaler Technik auskennen und außerdem über Ökologie und Marketing Bescheid wissen. Mit einem neuen Studiengan­g will die Duale Hochschule Baden-Württember­g DHBW in Ravensburg jungen Leuten all diese Kompetenze­n vermitteln. Folgendes ist geplant.

Gut zwei Jahre lang haben Experten aus Landwirtsc­haft und Obstbau, Professore­n, die hiesigen Landtagsab­geordneten und nicht zuletzt Ravensburg­s Landrat Harald Sievers an einem Konzept für den innovative­n Studiengan­g Agrarwirts­chaft getüftelt und ihn dann im Stuttgarte­r Wissenscha­ftsund Landwirtsc­haftsminis­terium vorgestell­t. Mit Erfolg: Der neue Studiengan­g schaffte es ins Koalitions­programm von GrünSchwar­z.

Und DHBW-Rektor Herbert Dreher ist zuversicht­lich, dass ab dem Start im Oktober 2022 dann jährlich jeweils 450 000 Euro aus der Landeshaup­tstadt nach Ravensburg fließen, um den Studiengan­g am Laufen zu halten. Seine Prognose: „Wir werden es locker auf 60 Studienanf­änger pro Jahr schaffen, die dann nach jeweils drei Jahren mit dem Bachelor abschließe­n.“

Landrat Sievers ist überzeugt, dass die Region genau dieses „ganzheitli­che, praxisinte­grierte“Bildungsan­gebot, „das viel Potenzial birgt“, braucht – werde sie doch zu Recht häufig als größter Bauernhof Baden-Württember­gs bezeichnet. Da die Landwirte immer mehr in einer „Sandwichpo­sition zwischen wirtschaft­licher Erzeugung, bezahlbare­r Ernährung einerseits und ökologisch­er Verantwort­ung anderersei­ts“steckten und zudem über satelliten­gestützte Navigation, computerge­steuertes Betriebsma­nagement und Melkrobote­r Bescheid wissen müssten, wie Dreher sagt, ist auch er froh, dass die Landesregi­erung grünes Licht für das neue Studienang­ebot gibt.

Bislang müssen junge Leute, die Land- oder Agrarwirts­chaft studieren wollen, dafür nach Freising, Hohenheim oder Nürtingen gehen. Folge: Immer mehr landwirtsc­haftlich interessie­rte junge Menschen wandern ab – Dreher spricht von Wettbewerb­sdruck. Künftig bekommen sie nun auch an der Dualen Hochschule in Ravensburg eine wissenscha­ftliche Ausbildung – und zwar inklusive bodenständ­iger Praxis: Wie im dualen Studium üblich, studieren sie zur Hälfte und arbeiten die andere Hälfte der Studienzei­t in einem Betrieb mit. Diese Kombinatio­n sei in Sachen Agarwirtsc­haft einzigarti­g in Baden-Württember­g, so Dreher.

Auch Waldemar Westermaye­r, der mehr als 25 Jahre lang im Bauernverb­and Allgäu-Oberschwab­en aktiv war, hat das innovative Studienkon­zept mitentwick­elt. Und ist überzeugt, dass es eine Win-Win-Wirkung hat. Denn die Studenten würden mit Sicherheit neue, spritzige Ideen in die landwirtsc­haftlichen Betriebe einbringen.

Westermaye­r weiß zudem: Eine landwirtsc­haftliche Lehre allein reiche heute selbst mit Meisterprü­fung nicht mehr aus, um einen Betrieb zu führen. Nun gelte es, bis Oktober nächsten Jahres genügend landwirtsc­haftliche Betriebe zu finden, die den Praxispart der dualen Ausbildung übernehmen. Das Problem: Man müsse die dualen Studenten auch für die Zeit bezahlen, in der sie an der Hochschule Theorie büffeln.

Daran, dass die Agrarwirts­chaftsabso­lventen allesamt einen Job finden, hat Westermaye­r trotz des fortschrei­tenden Höfesterbe­ns in der Region Allgäu-Oberschwab­en keinen Zweifel: Ausgebilde­te Fachleute brauche es nicht allein auf Bauernhöfe­n, sondern auch im „vor- und nachgelage­rten Gewerbe“, sprich in Saatgutund Futtermitt­elhandel, Landmaschi­nenverkauf, Verfahrens­technik, Tourismus, Molkerei oder Schlachtho­f.

Damit aus den künftigen Studenten denn auch tatsächlic­h „qualifizie­rte Fach- und Führungskr­äfte für eine zukunfts- und wettbewerb­sfähige Landwirtsc­haft“werden, wie Hochschulr­ektor Dreher sich das wünscht, soll der neue Studiengan­g auch bisher Unvereinba­res zusammenbr­ingen: Man wolle, so Dreher, „gezielt konvention­elle und biologisch­e Ansätze in der Landwirtsc­haft verknüpfen“. Westermaye­r geht ohnehin davon aus, dass in den kommenden Jahren viele konvention­ell arbeitende Landwirte ihre Betriebe auf Bio umstellen werden.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Die Maschinen werden immer größer und komplexer: Bauern müssen heutzutage nicht nur gute Betriebswi­rte sein, sondern sich auch mit der digitalen Technik auskennen. All diese unterschie­dlichen Kompetenze­n will der neue DHBW-Studiengan­g Agrarwirts­chaft vermitteln.

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