Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Frage nach der Fallpauschale
Wahl-O-Mat fragt nach der künftigen Abrechnung von Klinikbehandlungen – Die Politik muss eine Antwort finden
BERLIN - Die Frage 27 bereitet vielen Nutzern des Wahl-O-Mats besonderes Kopfzerbrechen: Dort wird gefragt, ob Krankenhausbehandlungen weiterhin über eine Fallpauschale abgerechnet werden sollen. In der Öffentlichkeit sind diese Pauschalen weitgehend unbekannt – auch wenn sie spürbare Auswirkungen darauf haben, wie man als Patient behandelt wird.
Seit 2003 kann ein Krankenhaus nicht mehr bei den Kassen abrechnen, wie lange ein Patient tatsächlich auf Station liegt. Sondern pro Erkrankung gibt es eine Pauschale. Was bedeutet: dieselbe Krankheit, dasselbe Geld. Egal, wo der Eingriff erfolgt, egal, wie das Haus ausgestattet ist. Für eine Hüftoperation bekommt die Klinik weniger Geld als für eine Nierentransplantation. In der Konsequenz heißt das: Wer einen Patienten möglichst schnell entlässt, macht Gewinn. Wer viele komplizierte Behandlungen mit besonders lukrativen Pauschalen durchführt, macht noch mehr Gewinn.
Mit den Pauschalen sollte ausschließlich die Behandlung finanziert werden, nichts anders. Sollte. Doch weil die Bundesländer seit Jahren schon ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, die Investitionen der
Kliniken zu bezahlen, fehlen diesen Milliarden von Euro. Sie knapsten das Geld von den Pauschalen ab und eine Folge davon war, dass am Pflegepersonal gespart wurde. Letzteres ist mittlerweile von der GroKo korrigiert worden. Die Länder zahlen immer noch nicht, doch sind den Einsparungen am Pflegepersonal jetzt Grenzen gesetzt.
Soll es bei dieser Korrektur bleiben oder muss mehr geschehen? Für die Grünen sollen Kliniken „nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden“. Dafür brauche es ein neues System. Die SPD kündigt im Wahlprogramm an, man werde die Fallpauschalen auf den Prüfstand stellen „und wo nötig abschaffen“. Ein Beispiel wird genannt: Die Kinderkliniken, die sich außerhalb der Ballungsräume nicht rechneten und deshalb geschlossen würden, müssten anders finanziert werden.
Auch die AfD macht die Pauschalen, die ein Zuteilungs- und Sparsystem mit der „Heckenschere“seien, für ein Kliniksterben insbesondere im ländlichen Raum verantwortlich. Die Linke fordert ebenfalls die Abschaffung der Fallpauschalen, denn sie schafften falsche Anreize: „Diagnosen, die sich lohnen, werden öfter gestellt.“