Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Jetzt mal ganz ehrlich, Herr Hirt ...“
Was der FDP-Kandidat tut, um seinen ökologischen Fußabdruck kleinzuhalten
BIBERACH (tab) - „Jetzt mal ganz ehrlich ...“– unter diesem Motto hat die SZ die Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien im Wahlkreis Biberach befragt. Persönliches, Politisches, mitunter auch etwas Peinliches mussten sie dabei verraten. Für die zwölf Fragen, die für alle Kandidatinnen und Kandidaten gleichlautend waren, hatten sie in der Live-Befragung durch die Redaktion jeweils nur kurz Zeit zum Überlegen. Das hat Florian Hirt (FDP) geantwortet.
Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?
Auf jeden Fall das Leben im Studium. Da merkt man erst einmal, wenn man zum ersten Mal von zu Hause weg ist, was dort alles selbstverständlich war. Das war eine wichtige Erfahrung für mich, wenn man plötzlich alles selbst in die Hand nehmen muss und einem keiner etwas abnimmt. Was mich ebenfalls geprägt hat, war zu Schulzeiten, da war ich zum Schüleraustausch in China. Das hat mein Demokratieverständnis sehr nachhaltig beeinflusst. Wenn man in Peking unterwegs ist und plötzlich überall Soldaten marschieren sieht und die Leute einem dann sagen, dass man aufpassen muss, was man hier sagt, weil man vielleicht abgehört wird, das war schon ein bisschen unheimlich. Von Freiheit und Demokratie haben die Menschen dort einfach ein ganz anderes Verständnis. Da sind wir in Deutschland schon privilegiert.
Welche neuen Eigenschaften haben Sie während der Corona-Pandemie bei sich entdeckt?
Das war ganz klar im Studium, als es plötzlich keine Vorlesungen mehr gab und man sich alles selbstständig erarbeiten musste. Plötzlich gab es in meinem Alltag keine Strukturen mehr, die musste ich mir selbst aufrechterhalten, und das habe ich meiner Meinung nach gut gemeistert.
Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?
Ein Auto, mit ein bisschen Unterstützung von meinen Eltern. Ich schaue eigentlich schon danach, wenn ich mir was gönne, es auch selbst zu verdienen.
Was war Ihr Antrieb, in die Politik zu gehen?
So wie es aktuell läuft, kann es nicht weitergehen. Wir stehen einfach an einem Punkt, an dem Entscheidungen für die nächsten Jahrzehnte getroffen werden, und die Pandemie hat die Probleme, die wir schon vorher hatten, einfach mal offengelegt. Es bringt aber nichts, darüber zu motzen. Man muss handeln, und deshalb habe ich bei der Frage, ob ich der Bundestagswahlkandidat für die FDP werden möchte, sofort zugesagt. Das ist jetzt meine Chance, für die Demokratie einzustehen und zu sagen, ich will’s besser machen. Ich finde es auch wichtig, dass junge Menschen im Parlament vertreten sind, weil wir diejenigen sind, die die Welt dann in 30 Jahren überlassen bekommen. Ich finde, als Betroffene sollten wir mitentscheiden, was künftig passiert. Das Thema Nachhaltigkeit ist mir dabei besonders wichtig.
In welchen Punkten liegen Sie mit Ihrer Partei über Kreuz?
Eigentlich gibt es keine. In den Kernthemen Bildung, Digitalisierung, Wirtschaft und Klimaschutz bin ich sehr auf Parteilinie. Aufgrund meines Berufs würde ich mir wünschen, dass noch mehr Fokus auf dem Schutz und der Erhaltung des Waldes liegt.
Wie sähe Ihre Wunschkoalition nach dem 26. September aus?
Eine vernünftige Koalition mit den Grünen und der CDU oder SPD würde ich mir wünschen. Ich schließe aber nichts aus. Außer die AfD, die wünsche ich mir nicht in die Koalition.
Was tun Sie persönlich ganz konkret, um Ihren ökologischen Fußabdruck kleinzuhalten?
Das sind so Kleinigkeiten wie, wenn ich Sachen bestelle, achte ich auf den CO2-Ausgleich. Ich schaue auch danach, möglichst wenig mit dem Auto zu fahren, oder wenn, dann in einer Fahrgemeinschaft, wenn es weitere Strecken sind. Strom versuche ich auch so wenig wie möglich zu verbrauchen. Was ich nicht benötige, bleibt ausgesteckt. Auch beim Fleischkonsum habe ich mich sehr eingeschränkt, eigentlich esse ich nahezu nur noch Wildfleisch von Tieren, die ich selbst erlegt habe. Da weiß ich, wo’s herkommt und dass es den Tieren gut ging.
Welche Eigenschaft von Angela Merkel hätten Sie gerne?
Das ist schwer. Von Angela Merkel habe ich gelernt, dass man sich manchmal zu gewissen Sachen besser nicht äußert. Das fällt mir allerdings schwer, da ich eigentlich immer sage, was ich denke. Aber vielleicht wäre es manchmal besser für mich, wenn ich ein bisschen diplomatischer wäre. Was mich an Merkel aber am meisten beeindruckt, ist, welchen Dienst sie unserem Land erwiesen hat und dass sie seit 16 Jahren Bundeskanzlerin ist. Welchem Druck man da ausgesetzt ist, davor habe ich enormen Respekt.
Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlicher gebaut haben?
Ich war eigentlich immer anständig, strafrechtlich habe ich noch nie etwas angestellt. Wenn, dann bin in der Schule frech gewesen und habe oft Sachen gesagt, die ich besser nicht gesagt hätte.
Was haben Sie zuletzt bei Amazon bestellt?
Nichts Spannendes. Berufskleidung.
Wann haben Sie sich zuletzt für einen Politiker oder eine Politikerin aus Ihrer Partei geschämt, und warum?
Da ich noch nicht so lange in der Partei bin, kenne ich noch nicht so viele. Die Großen haben in letzter Zeit aber nichts gebracht, was sie nicht bringen sollten. Ich bin eigentlich sehr zufrieden mit den FDP-Politikern.
Was halten Sie vom Gendern?
Grundsätzlich sollte jeder das machen, was er für richtig hält, wenn er dabei keinem anderen schadet. Ich finde, mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen. Aber ich muss ehrlich sagen, dass ich ein bisschen Probleme mit den neuen Schreibweisen habe. Mit dem Binnen-I tue ich mir in der Praxis tatsächlich schwer, weil ich es nicht so gelernt habe. Es ist schwer, dass man ständig darauf achten muss, es ist einfach nicht praxistauglich. Und ich bin mir nicht sicher, ob das Ganze so zielführend ist. Ich hoffe, es fühlt sich davon jetzt keiner angegriffen, denn wir Freie Demokraten stehen natürlich für Vielfalt und diskriminieren keinen.