Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Raus aus dem ungebremsten Wachstum
ÖDP-Kandidat Norbert Huchler erklärt, warum es seine Partei bei Wahlen schwer hat
NIEDERNZELL (gem) - „Weniger ist mehr“– mit diesem Slogan zieht Biobauer Norbert Huchler aus Niedernzell (Gutenzel-Hürbel) für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) als Direktkandidat für den Wahlkreis in den Bundestagswahlkampf. Der 53Jährige tritt für ein Ende des Wachstumszwangs sowie ein neues Wirtschaftsund Finanzsystem ein.
Der Drang zu immer mehr Wachstum in allen Wirtschaftsbereichen auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen sieht Huchler dabei als Grundproblem. Erkennbar sei das auch in der Landwirtschaft mit ihrem Trend zu immer mehr Großbetrieben. Die kleineren erhielten von der etablierten Politik kaum mehr Unterstützung, kritisiert Huchler: „Die CDU ist eher die Vertreterin der Agrarindustrie als der Landwirtschaft. Und für die Grünen spielt die Landwirtschaft offenbar auch keine große Rolle mehr, sonst hätten sie in der Landesregierung das Landwirtschaftsministerium übernommen.“Als Biobauer spüre er
TRAUERANZEIGEN von grüner Politik nicht allzu viel. „Auch als Biobetriebe sind wir zum Teil in der Wachstumsspirale gefangen.“Die Landwirtschaftspolitik der Zukunft müsse die Qualität fördern und nicht die Größe der Ställe.
Gegensteuern müsse man aus Sicht des ÖDP-Kandidaten bei der Privatisierung im Bereich der Daseinsvorsorge und nennt als Beispiel das Thema Kliniken. „Die Privaten suchen sich die lukrativen ,Krankheiten’ heraus, die verbliebenen kommunalen Häuser können dann den wenig lukrativen Rest versorgen und müssen sich dann vorhalten lassen, dass sie zu unfähig seien ein Krankenhaus wirtschaftlich zu betreiben“, so Huchlers Meinung. Weil er diesen Zwiespalt sehe, habe er seinerzeit als Kreisrat im Biberacher Kreistag auch für die Privatisierung gestimmt. „Eigentlich muss der Bund diese Thematik regeln. Als Kommunaler ist man am
Ende der Arsch und wird an den Pranger gestellt“, drückt er es drastisch aus.
Finanzieren könnte der Bund diese Daseinsvorsorge aus Huchlers Sicht, „indem er sein militärisches Engagement zurückschraubt“. Der Blick nach Afghanistan offenbare ein desaströses Bild. Sogenannte Demokratisierungswellen des Westens in der Welt seien in den vergangenen Jahrzehnten nicht besonders erfolgreich gewesen, sagt der ÖDP-Kandidat. Einsetzen will er sich auch dafür, dass die Bürger ihre Grundrechte ohne Einschränkungen zurückerhalten. „2G ist mit mir in keinster Weise zu machen.“
2,29 Prozent hatte Huchler im Wahlkreis erreicht, als er im März auch bei der Landtagswahl kandidierte. „Das wäre ein sehr gutes Ergebnis am 26. September.“Der eingangs zitierte Wahlslogan sei für viele nicht besonders attraktiv. Und dass man keine Firmenspenden annehme, macht den Spielraum für einen Wahlkampf sehr dünn. „Unser Problem ist unsere chronische Erfolglosigkeit bei Wahlen“, sagt Huchler. Dennoch hoffen er und die rund 40 ÖDP-Mitglieder im Landkreis auf die Stimmen von einigen Landwirten, von Leuten, die ein anderes Wirtschaftsund Finanzsystem wollen, und von enttäuschten Grünen-Wählern.