Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Hunderte bilden Kette für Frieden und Fluchtwege
Aktion ist Teil der Friedenswochen in Ulm – Rund 300 Menschen beteiligen sich in der Doppelstadt
ULM - Ein herrlicher Samstag Mitte September. Am Ulmer Marktplatz genießen mittags viele Menschen den Spätsommer, andere, die nebeneinanderstehen und eine Kette bilden, zeigen Banner von Amnesty International, den
Naturfreunden, der Seebrücke oder dem Freundeskreis Asyl Elchingen und haben eine Menschenkette formierum für Solidarität zu werben.
Allzu große Beachtung beim Rest der Bevölkerung war allerdings nicht zu beobachten. Als vor zwei Jahren zum ersten Mal eine Menschenkette von der
Nordsee bis zum Mittelmeer gebildet wurde, war die Kette noch durchgängig gewesen. Diesmal nicht. „Das liegt vielleicht daran, dass wir heute zwei Stränge haben, da verteilen sich die Leute mehr“, so Mitorganisator Reinhold Thiel von der Ulmer Ärzteinitiative. Menschenketten wurden von Hamburg aus in ganz Deutschland und Österreich gebildet und gingen bis nach Chioggia am italienischen Mittelmeer. In Ulm war sie Teil der Friedenswochen. In Ulm und Neu-Ulm waren den Veranstalter-Organisationen zufolge rund 300 Frauen und Männer gekommen.
Die „Rettungskette für Menschenrechte“hätte es auch im vergangenen Jahr geben sollen, wurde aber wegen der Pandemie verschoben. Sie solle „ein Zeichen für Menschlichkeit und Menschenrechte sowie gegen das Sterben im Mittelmeer, verursacht durch die europäische Abschottungspolitik“setzen. Eine halbe Stunde, von 12 bis 12.30 Uhr, wurde die Kette aufrechterhalten. Sven Fauth, junges Mitglied des Bündniss’ „Seebrücke“, das sich für sichere Fluchtwege und die Entkriminalisierung von Seenotrettern einsetzt, ist überzeugt: „Wir können zusätzlich Menschen aufnehmen. Es kann nicht sein, dass Schiffe ewig auf dem Meer herumtreiben und keinen Hafen ansteuern dürfen. Ulm ist ein sicherer Hafen.“
Bei der Kundgebung auf dem Hansund-Sophie-Scholl-Platz mahnte Dieter Oppermann von der Diakonie Württemberg: „Man lässt niemanden ertrinken!“Insgesamt habe dieses Schicksal schon 21 500 Flüchtlinge ereilt, in diesem Jahr bis jetzt 1369. Eine Woche vor der Bundestagswahl müsse man das ins Bewusstsein der Menschen rücken. Simone Schliemann als eine Hauptrednerin sprach angesichts der Flüchtlingsverteilung in Europa von einer „humanitären Katastrophe“. „Nur Hilfe vor Ort leisten, aber keine Flüchtlinge aufnehmen, ist bei manchen Ländern nicht neu.“Vor allem müsse das Lagersystem beendet werden. Fatima Bayat vom Verein „Menschlichkeit Ulm“beschäftigte sich vor allem mit den schlechten Verhältnissen in Afghanistan. Sie bezeichnete die Taliban als „Terroristen“und warf den europäischen Ländern vor, zu den „unmenschlichen Geschehnissen dort“zu schweigen.