Schwäbische Zeitung (Laupheim)
AfD übt Zweckoptimismus
Parteispitzen sehen trotz Verlusten „solides“Ergebnis
BERLIN - Die AfD verbreitet trotz deutlichen Verlusten Zweckoptimismus und kritisiert lieber die Umstände. Der Druck auf Alice Weidel dürfte aber wachsen.
„Solide“war das Wort der Stunde in der AfD, und das obwohl die Balken am Sonntag bei allen drei Wahlen nach unten zeigten. „Im Bund sind wir stabil und das trotz schwerster denkbarer Umstände“, sagte die Partei- und Fraktionsvize Beatrix von Storch der „Schwäbischen Zeitung“. Die großen Hallen hätten der Partei im Wahlkampf gefehlt, sagt sie, weshalb das Ergebnis im Bund dann auch solide sei. Vor vier Jahren feierte die AfD noch ein triumphales Wahlergebnis: Mit 12,6 Prozent der Stimmen wurden sie drittstärkste Kraft im Bundestag. Nun aber sieht die Welt ganz anders aus: Im Bund verloren, in Berlin hat sie sich halbiert und auch in Mecklenburg-Vorpommern steht ein Minus.
Tino Chrupalla wurde Ende November 2019 zum Co-Parteichef gewählt. Unter seine Amtszeit fallen ausschließlich Wahlniederlagen – bei der Bundestagswahl war er Spitzenkandidat. Er zeigte Zweckoptimismus und sprach ebenfalls von einem „sehr soliden Ergebnis“, sagte aber auch, dass die Verluste „in Ruhe analysiert“werden müssen. Der 46Jährige muss sich trotz allem wohl eher weniger Sorgen um seine persönliche Zukunft machen. Zu groß ist sein Rückhalt in den ostdeutschen Landesverbänden. Dazu kommt: In Sachsen, seinem Landesverband, sieht das Wahlergebnis gut aus.
Anders die Situation für Alice Weidel, die ebenfalls Spitzenkandidatin war. Auch sie sprach, natürlich, von einem „soliden Ergebnis“und ging danach schnell in den Angriff über. „Ganz klare Wettbewerbsverzerrung“sei dieser Wahlkampf gewesen. Doch der Druck auf Weidel dürfte innerparteilich wachsen. Noch wird ihr nur unter vorgehaltener Hand vorgeworfen, im Wahlkampf viel zu wenig präsent gewesen zu sein, auch ihre TVAuftritte werden kritisiert. Die Erfahrung lehrt: Bei der AfD kann daraus schnell öffentliche Kritik werden.