Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die zerrissene Region
Ronja Kemmer (CDU) holt das Direktmandat im Wahlkreis – Die Grünen gewinnen in Ulm
ungleich besser, fast ausgelassen. Es sind auch deutlich mehr Anhänger gekommen zur Wahlparty der Genossen als zur CDU. Unter ihnen: Landtagsabgeordneter Martin Rivoir und Hilde Mattheis, die die Hochrechnungen und Wahlberichte im TV erstmals seit vielen Jahren nicht mehr als Bundestagsabgeordnete verfolgt (sie zog stets über die Landesliste ein), sondern als „einfaches“Parteimitglied.
Auch ihr Nachfolger als Kandidat, Jan Rothenbacher, ist gekommen.
Weil er wegen parteiinterner Verwerfungen mit dem ursprünglichen Kandidaten erst gar nicht auf der Liste platziert worden war, hat er keine Ambitionen für den Bundestag. Sein wahlkreisweites Ergebnis liegt zwar unter dem vor vier Jahren, für ihn und seine Parteifreunde allerdings ist klar: „Die CDU ist abgewählt worden.“Scholz müsse nun Kanzler werden.
Der Wahl-Gewinner in der Stadt Ulm feiert im Gleis 44. Für den Gesamtsieg im gesamten Wahlkreis und damit das Direktmandat hat es zwar nicht gereicht, jedoch haben die Ulmer den Grünen um Kandidat Marcel Emmerich die meisten Stimmen gegeben. Kaufen kann er sich davon zwar nichts. Doch Emmerich wird trotzdem im Bundestag vertreten sein, da ihn seine Partei verhältnismäßig weit vorne auf der Landesliste platziert hat.
Es sei gut, sagt Emmerich, dass die Region und die Stadt Ulm auch weiterhin mit einen grünen Abgeordneten in Berlin vertreten seien. Vor wenigen Monaten war er nachgerückt in den Bundestag als Ersatz für den neuen grünen Finanzminister BadenWürttembergs, der sein Mandat in Berlin aufgab.
Auch wenn noch unklar ist, welche Parteien Deutschland in Zukunft regieren werden, steht eines fest: Der Wahlkreis 291 ist zerrissen wie nie. In Ulm, der mit Abstand größten Stadt der Region, sind die Grünen mittlerweile das, was die CDU (noch) in den ländlich geprägten Gebieten zwischen Alb und Donau ist: Volkspartei.
Zu den Gründen ihres Absturzes und dem ihrer Partei hält sich Ronja Kemmer am Wahlabend bedeckt. „Es sind Fehler gemacht worden“, sagt sie, das Ergebnis für ihre Partei im Bund stelle sie „nicht zufrieden“.
Ob’s am Kandidaten lag? Kemmer gilt nicht als Fan von Armin Laschet, ursprünglich hatte sie sich für einen CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, später für Markus Söder ausgesprochen. Kemmer sagt, dass es für eine Fehleranalyse noch zu früh sei, will weiter nicht ins Detail gehen.
Dass sie abermals das Direktmandat geholt hat, „freut mich“, sagt die 32-Jährige. Das „deutliche Vertrauen der Wähler“in sie sei „Bestätigung und Auftrag zugleich“. Ihre Lust auf Regieren scheint – trotz der Klatsche für ihre Partei – ungebrochen. Auch wenn die CDU nicht die stärkste Partei ist, sollte sich diese die Option einer „Jamaika“-Koalition „offen halten“.