Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Checks von hinten
Eishockeyfunktionär Reindl hadert nach verlorener Wahl
ST. PETERSBURG (SID) - Die unerwartete Niederlage auf der sportpolitischen Bühne schmerzte Franz Reindl noch immer, als er am Morgen danach in St. Petersburg aufwachte. Stärker aber brannten die Attacken aus der Heimat, die der Spitzenfunktionär als „verbotene Checks von hinten“bezeichnete. Unfaire Angriffe also, die Reindl kurz vor seinem Karriereziel, der mächtigste Mann im Welteishockey zu werden, zu Boden gestreckt hatten.
Einen Tag vor der Wahl des Präsidenten im Weltverband IIHF hatte der „Spiegel“Reindls vermeintlich fragwürdige Unternehmens- und Verbandsführung beleuchtet. Zumindest in Reindls Augen „tendenziös verfasst und vermutlich – wie schon Anfang Juni – bewusst lanciert“. Ein Foul, an dem sich auch die Opposition im Deutschen Eishockey-Bund (DEB) beteiligt und das dazu beigetragen habe, dass nach vier Wahlgängen der Franzose Luc Tardif und eben nicht Reindl an der IIHF-Spitze steht.
Die Geschichte habe „sicherlich einen negativen Einfluss auf die Wahl“gehabt, sagte Reindl, „wie auch ein begleitendes, unglaublich denunzierendes Schreiben eines Landesverbandes“, das auch an das Council des Weltverbandes, aber nicht an Reindl selbst gegangen sei. Welche Bedeutung die Vorwürfe international tatsächlich haben, ist kaum zu ermitteln, das Resultat ist für Reindl jedoch niederschmetternd: Selbst den Trostpreis verpasste er. Der favorisierte DEB-Boss verlor nicht nur die Wahl gegen Tardif um das Erbe des Schweizers René Fasel, der sein Amt nach 27 Jahren abgab, Reindl unterlag auch in der Abstimmung um den Posten als Vizepräsident Europa und Afrika. Nur im Council darf der 66jährige Garmisch-Partenkirchener bleiben, und wenn er seine Ankündigung umsetzt, 2022 als DEB-Präsident nicht mehr zu kandidieren, ist das bald seine letzte Aufgabe im Eishockey – seiner lebenslangen Liebe.
Seit 23 Jahren ist Reindl, als Nationalspieler Olympiamedaillengewinner von 1976, in diversen Ämtern im Weltverband tätig, doch seine Krönung bleibt aus, und zu Hause, dort, wo er lange als unumstritten galt, wird es ungemütlich. Wie der „Spiegel“berichtet, setzt sich die Ethikkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit Reindls Ämterfülle auseinander. Es geht auch um die Frage, wie Reindls Rolle als Präsident mit seiner Tätigkeit als gut bezahlter Geschäftsführer einer DEB-Tochtergesellschaft zu vereinbaren ist. Von einem Interessenkonflikt ist die Rede. Im Juni, während der WM in Lettland, hatten „Spiegel“und „Augsburger Allgemeine“erstmals über fragwürdige Zahlungen berichtet, Reindl weist die Vorwürfe zurück, sagt: „Es ist im Übrigen bizarr, dass der ,Spiegel‘ Kenntnis von einer mutmaßlichen Eingabe bei der Ethikkommission zu meiner Person hat, bevor ich selbst etwas davon weiß.“Aktuell, stellte Reindl klar, sei kein Verfahren gegen ihn eröffnet.