Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Positiv trotz Nullnummer

Bochum und Stuttgart sehen nach einem Unentschie­den Licht am Ende des Tunnels

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BOCHUM (dpa) - Der Wille war groß, der Ertrag klein: Dennoch sahen Spieler und Trainer der zuletzt sportlich gebeutelte­n Bundesligi­sten VfL Bochum und VfB Stuttgart nach einem 0:0 Licht am Ende des Tunnels. „Die Art und Weise nach dem Spiel fand ich gut. Ich gehe mit einem positiven Gefühl ins Bett“, sagte Bochums Coach Thomas Reis mit dem Rückblick auf das heftige 0:7 des Aufsteiger­s beim FC Bayern München vor Wochenfris­t. Manuel Riemann war nicht ganz so positiv unterwegs. „Wenn wir diese Spiele zu Hause nicht gewinnen, wo sollen wir dann gewinnen?“, sagte Bochums Torhüter und kritisiert­e: „Wir müssen geiler sein, diesen Dreier zu holen.“

Das Wichtigste: Nach vier Niederlage­n in den ersten fünf Spielen konnte man sich beim VfL wieder über Zählbares freuen, genauso wie beim VfB Stuttgart. Der hatte in den vier Spielen nach dem 5:1 zum Saisonstar­t gegen den FC Augsburg nur einen Zähler geholt. „Es ist positiv, dass wir zu Null gespielt haben“, sagte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo, der seine Mannschaft nach dem 1:3 gegen Bayer Leverkusen für das Bochum-Spiel in die Pflicht genommen hatte: „Wir haben konsequent verteidigt, aber wir wollen auch auswärts in Bochum drei Punkte holen. Wir kamen in der ersten Hälfte nicht klar, dann haben wir umgestellt, und es lief in der zweiten Halbzeit besser.“

Waldemar Anton, der wieder in die VfB-Verteidigu­ng zurückgeke­hrt war, sah „einen kleinen Schritt in die richtige Richtung. Die Zielstrebi­gkeit fehlt, das muss sich bis zur nächsten Woche ändern“, sagte Anton. Der VfB trifft am Samstag auf Wolfsburg-Bezwinger TSG Hoffenheim. Eine fast unlösbar erscheinen­de Aufgabe steht Bochum bevor mit dem TopSpiel bei RB Leipzig (18.30/Sky), das Hertha BSC 6:0 abgefertig­t hatte.

Bochums Stürmer Sebastian Polter nahm sich für mehr Effizienz in die Pflicht, Torwart Manuel Riemann forderte mehr Willen. „Da

AWaldemar Anton chtsamkeit und Rücksichtn­ahme sind zwei der wichtigste­n Pfeiler unserer Zeit – beziehungs­weise sollten es oftmals sein. Doch gibt es nicht wenige öffentlich einsehbare Räume, in denen menschlich­e Abgründe nur allzu offen zu Tage treten, ohne dass diese Missachtun­g der Grundwerte des Miteinande­rs Sanktionen nach sich ziehen würden. Doch während sich soziale Netzwerke wie Facebook nur allzu häufig wegducken, Zivilcoura­ge im öffentlich­en Raum nicht selten ausbleibt und im täglichen Kampf für eine bessere Welt häufig die eigene Trägheit obsiegt, gibt es seit diesem Wochenende jemanden, der sich den Unsitten unserer Zeit unentschlo­ssen in den Weg stellt:

Ein Nürnberger Betriebswi­rt, 43 Jahre alt, stattliche 1,97 Meter groß und als Bundesliga­schiedsric­hter seit Langem Bändiger der Jugend und Bewahrer der Ordnung auf dem Platz.

Deniz Aytekin.

Während der Partie von Borussia Dortmund bei Borussia Mönchengla­dbach (0:1) reichte es Aytekin. All das ewige Reklamiere­n, das verächtlic­he Abwinken, die Unschuldsm­ienen nach klaren Fouls, er konnte es einfach nicht mehr sehen. All die Jahre hatte er es stoisch ertragen, ertragen müssen. Doch am Samstag, an diesem 25. September des Jahres 2021, hatte er genug. Aytekin sah Rot – beziehungs­weise zeigte Gelb und dann Rot und schickte damit Dortmunds vorzeitig zum Duschen. Dessen Vergehen: ein Abwinken nach einem Pfiff. Ein chronische­s Übel. Für viele eine Petitesse, doch bei diesem Spiel Grund genug für die härteste Entscheidu­ng und wohl auch mit spielentsc­heidend. Er wollte „ein Zeichen setzen“,

Mahmoud Dahoud

müssen wir einfach geiler sein, diesen Dreier holen zu wollen. Das nervt mich ein bisschen“, sagte Riemann zu den letzten zehn Minuten.

Beide Trainer reagierten personell auf die jüngsten Pleiten. VfLCoach Thomas Reis nahm vier Veränderun­gen vor. Neu in die ViererAbwe­hrkette rückten Herbert Bockhorn und Erhan Masovic, der erstmals in der Bundesliga von Beginn an spielte. Dazu waren Christophe­r Antwi-Adjei und Eduard Löwen erste Wahl. Stuttgarts Trainer Matarazzo wechselte von Dreier- auf Viererabwe­hrkette, in der der zuletzt rotgesperr­te Waldemar Anton stand. Hamadi Al Ghaddioui war einzige Spitze, Mateo Klimowicz im Mittelfeld.

Die Gäste deuteten in der ersten Hälfte ihr großes Potenzial an. Aber abgesehen von einem Kopfball von erklärte der erfahrene Unparteiis­che: „Wir hatten in der ersten Szene wenige Minuten vorher Guerreiro, der abwinkt. Ich habe ihm unmissvers­tändlich

Konstantin­os Mavropanos (4.) fehlte bei einigen vielverspr­echenden Kombinatio­nen der letzte Pass. Bochum zeigte wie in den bisherigen zwei Heimspiele­n viel Einsatz, machte Dampf. Aber hier machte sich das Fehlen von Simon Zoller (siehe Kasten; d. Red.). So blieb es bei der größten Möglichkei­t der ersten Halbzeit von Löwen, der freistehen­d an VfB-Torwart Florian Müller scheiterte. Zur zweiten Halbzeit brachte Matarazzo Neuzugang Chris Führich und Erik Thommy. Führich, erstmals im Kader, sorgte für den ersten Aufreger mit seiner Kopfballvo­rlage auf Verteidige­r Mavropanis, der aus kurzer Distanz zum vermeintli­chen 0:1 vollendete. Schiedsric­hter Bastian Dingert (Lebecksmüh­le) schaute sich die Szene nach Hinweis des Videoassis­tenten Guido Winkmann am Bildschirm an und nahm das Tor zurück. Mavropanos hatte den Ball mit dem linken Oberarm angenommen.

Danach wurde es munter mit besten Möglichkei­ten auf beiden Seiten. Auf Bochumer Seite konnten diese erklärt, dass ich dieses Verhalten auf dem Platz nicht möchte. Wir haben ein Mindestmaß an Respekt verdient.“Unbestritt­en aber Löwen (58.), Sebastian Polter (59.) oder Antwi-Adjei genauso wenig verwerten, wie Omar Marmoush (60.) für Stuttgart. Und so stand am Ende das Unentschie­den und zumindest die positive Tendenz, nicht noch weiter in die Krise gerutscht zu sein.

„Die Zielstrebi­gkeit fehlt, das muss sich bis zur nächsten Woche ändern.“

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FOTO: BOIA GABRIEL/IMAGO IMAGES Chris Führich (Mi.) und sein VfB Stuttgart waren und bleiben weiter in Bedrängnis.
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FOTO: GLADYS CHAI/IMAGO IMAGES Denke draußen über dein Fehlverhal­ten nach, scheint Deniz Aytekin (Mi.) Mahmoud Dahoud (li.) mit auf den Weg zu geben, während er ihm symbolisch die Tür zeigt. Jonas Hofmann lernt direkt auch eine Lektion.

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