Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Liebe ist ein seltsames Spiel
Wenn man dieser Tage genau in die Augen jener blickt, die sich um hohe und allerhöchste Ämter im Staate bewerben, so wird man nicht selten eines melancholischen Schimmers gewahr.
Einem, der uns spüren lässt, dass es am Ende auch bei Politiker*innen vor allem um das eine geht: geliebt zu werden. Doch die Liebe ist ein seltsames Spiel, wie schon Schlager-Philosophin Connie Francis in den 1960er-Jahren schmachtfetzig zu singen sich gestattete. Wer sich zur Klärung des Begriffs „Liebe“ins Internet begibt, erhält unter anderem diese
Definition: „Nach engerem und verbreitetem Verständnis ist Liebe ein starkes Gefühl mit der Haltung inniger und tiefer Verbundenheit zu einer Person (oder Personengruppe), die den Zweck oder den Nutzen einer zwischenmenschlichen Beziehung übersteigt und sich in der Regel durch eine entgegenkommende tätige Zuwendung zum anderen ausdrückt.“Politisch betrachtet, verbirgt sich hinter dem Liebesbegriff also praktisch die Definition einer Koalition. Und daher ist der deutsche Bundestag im Augenblick so eine Art Kontaktbörse für politische
Singles, die zur Gründung einer Regierungsfamilie zunächst ausgiebig umeinander herumscharwenzeln, damit die jeweilige Koalitionswilligkeit vor dem eigentlichen Vollzug der Vermählung demonstriert werden kann. Koalitionen und Ehen sind am Ende freilich Allianzen.
Also im weitesten Sinne – wie der Name eines großen Konzerns schon andeutet – wechselseitige Versicherungen. Leider zeigt sich der Wert einer Police immer nur im Schadensfall. Bei aller Liebe. (nyf)