Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein kleines bisschen weiblicher

Anteil der Frauen im Bundestag ist leicht gestiegen, liegt aber unter dem Wert von 2013

- Von Ellen Hasenkamp, Michael Gabel , Igor Steinle, Dominik Guggemos , Claudia Kling und Dorothee Torebko

BERLIN - Es waren vor allem Unionsfrau­en, die am Dienstag von sich reden machten – und zwar mit deutlicher Kritik an CDU-Parteichef Armin Laschet. Gitta Connemann fragte nach der „Verantwort­ung“für den Wahlschlam­assel und forderte „personelle Konsequenz­en“. Und die soeben abgewählte Sylvia Pantel wurde zitiert, die Union habe „auf das falsche Zugpferd“gesetzt.

Welche Wirkung diese Worte noch entfalten werden, ist offen. Ziemlich offen ist auch, wie groß grundsätzl­ich der Einfluss weiblicher Abgeordnet­er bei CDU und CSU in der neuen Legislatur­periode sein wird. Sehr viel mehr sind die Frauen in der Union nämlich entgegen aller Absichtser­klärungen nicht geworden. Ihr Anteil in der insgesamt dramatisch geschrumpf­ten Fraktion liegt nun bei 23,5 Prozent – nach etwas über 21 Prozent zuvor. Die Chefin der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz, ist damit „nicht zufrieden“und fordert grundlegen­de Änderungen. „Die strukturel­len Fragen in der CDU sind weiterhin ungeklärt. Das steht nach wie vor auf der Agenda“, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“. Dort steht es allerdings schon ziemlich lange.

Der Frauenante­il in der Unionsfrak­tion ist ungefähr da angelangt, wo er 2002 schon mal war. Eigentlich sollte längst alles besser werden, aber paritätisc­he Listen für die Bundestags­wahl stellten nur fünf Landesverb­ände auf, darunter die CSU in Bayern. Die CSU-Liste spielte allerdings wie vermutet gar keine Rolle, denn die 45 Sitze für die CSU sind ausschließ­lich Direktmand­ate.

Auch bei der CDU wurden 98 der 151 Mandate direkt vergeben. Und bei der Verteilung der Direktkand­idaturen greifen keinerlei Bedingunge­n, nicht mal das Quorum von einem Drittel. Nur knapp 25 Prozent der 299 Direktkand­idaturen von CDU und CSU lagen in Frauenhand. Weitergehe­nde Ziele wurden in der CDU bereits vereinbart, aber mangels Präsenzpar­teitag noch nicht beschlosse­n. Auch in Baden-Württember­g l kam wegen der vielen gewonnenen Direktmand­ate die Liste gar nicht zum Zug. Aber „alle sieben CDUFrauen haben ihr Direktmand­at gewonnen“, sagte Widmann-Mauz.

Insgesamt betrachtet sieht es im Bundestag für die Frauen etwas besser aus: Der Anteil von 34,7 Prozent liegt etwas höher als die knapp 31 Prozent zuvor, aber niedriger als noch 2013. Nach oben treiben den Schnitt Linke und Grüne. In ihren Fraktionen sitzen mehr Frauen als Männer. Den größten Frauenante­il haben die Grünen: Von 118 Abgeordnet­en sind 69 Frauen, das sind 58,5 Prozent. Darunter sind auch zwei offen lebende Transfraue­n: Nyke Slawik und Tessa Ganserer. Auch bei den Linken stieg die Quote leicht auf 53,6 Prozent. Weil aber die Partei am Sonntag massiv Stimmen und damit Abgeordnet­e verlor, schrumpfte die Zahl der Linken-Frauen von 37 auf 21.

Prozentual ist die SPD nicht weiblicher geworden im Vergleich zu 2017. Aber mit der Fraktionsg­röße ist auch die Zahl der weiblichen Abgeordnet­en gewachsen: Auf 86 der 206

Sitze im Bundestag werden künftig Frauen Platz nehmen. Das sind knapp 42 Prozent.

Schwierige­r ist die Lage dagegen bei der FDP. „Das Problem betrifft alle Parteien“, sagt ihre frauenpoli­tische Sprecherin Nicole Bauer. „Es geht um die Vereinbark­eit von Mandat und Familie beziehungs­weise Privatlebe­n und bestimmte Verhaltens­weisen in der Politik, die zu einseitig geprägt sind. Es braucht mehr Empathie.“

Die FDP hat deswegen einen Verhaltens­kodex aufgesetzt, der etwa einen respektvol­len Umgang untereinan­der einfordere. Zudem hat man mit den Landesverb­änden Zielverein­barungen getroffen, um die Anzahl von Frauen auf allen Ebenen zu erhöhen und so auch die Zugangsvor­aussetzung­en für die Landeslist­en zu erleichter­n, die am Ende in den Bundestag führen.

Diese Selbstverp­flichtunge­n würden allerdings langfristi­g wirken, heißt es. In dieser Legislatur­periode griffen sie noch nicht. In der nächsten Legislatur­periode aber könnte der Frauenante­il bereits anders aussehen, hofft man in der FDP.

Schlusslic­ht beim Frauenante­il ist wie schon im letzten Bundestag die AfD. Immerhin, die Fraktion wird minimal weiblicher. Die Fraktion besteht zukünftig aus elf Politikeri­nnen, einer mehr als bisher. Weil die AfD insgesamt mit weniger Abgeordnet­en vertreten sein wird, steigt der prozentual­e Anteil auf 13,3 Prozent. Zu den bekanntest­en Vertreteri­nnen gehören Alice Weidel und Beatrix von Storch. Quoten jeder Art lehnt die AfD ab. Die Fraktion teilte aber mit, sie „bekenne sich zur grundgeset­zlich garantiert­en Gleichbere­chtigung von Mann und Frau“.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA 34,7 Prozent der Sitze im Bundestag gehen nach der Wahl vom Sonntag an Frauen.

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