Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein kleines bisschen weiblicher
Anteil der Frauen im Bundestag ist leicht gestiegen, liegt aber unter dem Wert von 2013
BERLIN - Es waren vor allem Unionsfrauen, die am Dienstag von sich reden machten – und zwar mit deutlicher Kritik an CDU-Parteichef Armin Laschet. Gitta Connemann fragte nach der „Verantwortung“für den Wahlschlamassel und forderte „personelle Konsequenzen“. Und die soeben abgewählte Sylvia Pantel wurde zitiert, die Union habe „auf das falsche Zugpferd“gesetzt.
Welche Wirkung diese Worte noch entfalten werden, ist offen. Ziemlich offen ist auch, wie groß grundsätzlich der Einfluss weiblicher Abgeordneter bei CDU und CSU in der neuen Legislaturperiode sein wird. Sehr viel mehr sind die Frauen in der Union nämlich entgegen aller Absichtserklärungen nicht geworden. Ihr Anteil in der insgesamt dramatisch geschrumpften Fraktion liegt nun bei 23,5 Prozent – nach etwas über 21 Prozent zuvor. Die Chefin der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz, ist damit „nicht zufrieden“und fordert grundlegende Änderungen. „Die strukturellen Fragen in der CDU sind weiterhin ungeklärt. Das steht nach wie vor auf der Agenda“, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“. Dort steht es allerdings schon ziemlich lange.
Der Frauenanteil in der Unionsfraktion ist ungefähr da angelangt, wo er 2002 schon mal war. Eigentlich sollte längst alles besser werden, aber paritätische Listen für die Bundestagswahl stellten nur fünf Landesverbände auf, darunter die CSU in Bayern. Die CSU-Liste spielte allerdings wie vermutet gar keine Rolle, denn die 45 Sitze für die CSU sind ausschließlich Direktmandate.
Auch bei der CDU wurden 98 der 151 Mandate direkt vergeben. Und bei der Verteilung der Direktkandidaturen greifen keinerlei Bedingungen, nicht mal das Quorum von einem Drittel. Nur knapp 25 Prozent der 299 Direktkandidaturen von CDU und CSU lagen in Frauenhand. Weitergehende Ziele wurden in der CDU bereits vereinbart, aber mangels Präsenzparteitag noch nicht beschlossen. Auch in Baden-Württemberg l kam wegen der vielen gewonnenen Direktmandate die Liste gar nicht zum Zug. Aber „alle sieben CDUFrauen haben ihr Direktmandat gewonnen“, sagte Widmann-Mauz.
Insgesamt betrachtet sieht es im Bundestag für die Frauen etwas besser aus: Der Anteil von 34,7 Prozent liegt etwas höher als die knapp 31 Prozent zuvor, aber niedriger als noch 2013. Nach oben treiben den Schnitt Linke und Grüne. In ihren Fraktionen sitzen mehr Frauen als Männer. Den größten Frauenanteil haben die Grünen: Von 118 Abgeordneten sind 69 Frauen, das sind 58,5 Prozent. Darunter sind auch zwei offen lebende Transfrauen: Nyke Slawik und Tessa Ganserer. Auch bei den Linken stieg die Quote leicht auf 53,6 Prozent. Weil aber die Partei am Sonntag massiv Stimmen und damit Abgeordnete verlor, schrumpfte die Zahl der Linken-Frauen von 37 auf 21.
Prozentual ist die SPD nicht weiblicher geworden im Vergleich zu 2017. Aber mit der Fraktionsgröße ist auch die Zahl der weiblichen Abgeordneten gewachsen: Auf 86 der 206
Sitze im Bundestag werden künftig Frauen Platz nehmen. Das sind knapp 42 Prozent.
Schwieriger ist die Lage dagegen bei der FDP. „Das Problem betrifft alle Parteien“, sagt ihre frauenpolitische Sprecherin Nicole Bauer. „Es geht um die Vereinbarkeit von Mandat und Familie beziehungsweise Privatleben und bestimmte Verhaltensweisen in der Politik, die zu einseitig geprägt sind. Es braucht mehr Empathie.“
Die FDP hat deswegen einen Verhaltenskodex aufgesetzt, der etwa einen respektvollen Umgang untereinander einfordere. Zudem hat man mit den Landesverbänden Zielvereinbarungen getroffen, um die Anzahl von Frauen auf allen Ebenen zu erhöhen und so auch die Zugangsvoraussetzungen für die Landeslisten zu erleichtern, die am Ende in den Bundestag führen.
Diese Selbstverpflichtungen würden allerdings langfristig wirken, heißt es. In dieser Legislaturperiode griffen sie noch nicht. In der nächsten Legislaturperiode aber könnte der Frauenanteil bereits anders aussehen, hofft man in der FDP.
Schlusslicht beim Frauenanteil ist wie schon im letzten Bundestag die AfD. Immerhin, die Fraktion wird minimal weiblicher. Die Fraktion besteht zukünftig aus elf Politikerinnen, einer mehr als bisher. Weil die AfD insgesamt mit weniger Abgeordneten vertreten sein wird, steigt der prozentuale Anteil auf 13,3 Prozent. Zu den bekanntesten Vertreterinnen gehören Alice Weidel und Beatrix von Storch. Quoten jeder Art lehnt die AfD ab. Die Fraktion teilte aber mit, sie „bekenne sich zur grundgesetzlich garantierten Gleichberechtigung von Mann und Frau“.