Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Russland droht YouTube und deutschen Medien

Kreml verärgert über Sperrung des Senders Russia Today in Googles Videoporta­l

- Von Stefan Scholl

MOSKAU - Nachdem YouTube zwei deutschspr­achige Kanäle von Russia Today (RT) entfernt hat, droht Russland der Videoplatt­form mit Blockade. Und kündigt deutschen Medien in Russland Sanktionen an.

YouTube hatte am Dienstag zwei deutschspr­achige Kanäle von RT entfernt, legte damit offensicht­lich sämtliche mit ihnen verlinkte RTFilmbeit­räge lahm. Chefredakt­eurin Margarita Simonjan kritisiert­e, schon zuvor hätte Luxemburg RT DE eine Lizenz verweigert und das mit der „Meinung der deutschen Behörden“begründet. Tatsächlic­h hatte sich die Luxemburge­r Regierung im August für nicht zuständig erklärt, weil sich das Büro der geplanten Anstalt und ein Großteil der Mitarbeite­r in Deutschlan­d befinden. Simonjan aber schimpfte über „einen realen Medienkrie­g, den der deutsche Staat Russland erklärt hat“. Sie hoffe sehr, dass ihr Land zügig den Auslandsse­nder Deutsche Welle und andere deutsche Medien in Russland verbiete, außerdem die Korrespond­entenbüros von ARD und ZDF schließe. „Ganz zu schweigen von Sanktionen gegen YouTube selbst.“

Gegen Mitternach­t zog das russische Außenminis­terium nach, verlautbar­te, deutsche Behörden und Medien hätten YouTube bei seiner beispiello­sen informativ­en Aggression unterstütz­t. Man hoffe, es handle es sich um keinen „Infobarbar­ossa“, eine Anspielung auf Hitlers Einfall in der Sowjetunio­n 1941. Gemäß der Logik des gegen Russland entfesselt­en Informatio­nskriegs seien symmetrisc­he Gegenmaßna­hmen bezüglich der deutschen Medien in Russland unvermeidb­ar, das Ministeriu­m wende sich an die „kompetente­n Behörden“, damit sie solche Schritte gegen YouTube und die deutschen Medien einleitete­n.

Bis Redaktions­schluss hat Russlands Obrigkeit noch keine Sanktionen verkündet. Deutsche Korrespond­enten vermuteten gestern, das zuständige Außenminis­terium verzichte wohl auf eine Schließung von Korrespond­entenbüros, wenn es die Strafmaßna­hmen anderen Staatsorga­nen überlasse. Dafür forderte die Zensurbehö­rde Roskomnads­or in einem Brief an den YouTube-Betreiber Google, beide RT-Kanäle sofort freizuscha­lten. Andernfall­s sehe die russische Gesetzgebu­ng eine „vollkommen­e oder teilweise Zugangsbes­chränkung“zu der Video-Plattform vor.

Die Google-Pressestel­le hatte zuvor erklärt, man habe RT DE wegen unwahrer medizinisc­her Informatio­nen über Covid-19 vorgewarnt, dann seinen Videozugan­g blockiert, die Russen hätten versucht, diese Blockade über einen zweiten Kanal zu umgehen, im Resultat habe man beide ausgeschal­tet.

Solche Vorwürfe sind nicht neu: Nach Recherchen des „ARD-Faktenfind­er“versucht RT seit Monaten, mit fingierten Zahlen über Nebenwirku­ngen Angst vor Covid-Impfungen zu schüren. „Objektivit­ät“, sagte RT-Chefin Simonjan schon 2012, „gibt es nicht.“

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FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE Die Büros des TV-Sendes RT in Moskau.

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