Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Russland droht YouTube und deutschen Medien
Kreml verärgert über Sperrung des Senders Russia Today in Googles Videoportal
MOSKAU - Nachdem YouTube zwei deutschsprachige Kanäle von Russia Today (RT) entfernt hat, droht Russland der Videoplattform mit Blockade. Und kündigt deutschen Medien in Russland Sanktionen an.
YouTube hatte am Dienstag zwei deutschsprachige Kanäle von RT entfernt, legte damit offensichtlich sämtliche mit ihnen verlinkte RTFilmbeiträge lahm. Chefredakteurin Margarita Simonjan kritisierte, schon zuvor hätte Luxemburg RT DE eine Lizenz verweigert und das mit der „Meinung der deutschen Behörden“begründet. Tatsächlich hatte sich die Luxemburger Regierung im August für nicht zuständig erklärt, weil sich das Büro der geplanten Anstalt und ein Großteil der Mitarbeiter in Deutschland befinden. Simonjan aber schimpfte über „einen realen Medienkrieg, den der deutsche Staat Russland erklärt hat“. Sie hoffe sehr, dass ihr Land zügig den Auslandssender Deutsche Welle und andere deutsche Medien in Russland verbiete, außerdem die Korrespondentenbüros von ARD und ZDF schließe. „Ganz zu schweigen von Sanktionen gegen YouTube selbst.“
Gegen Mitternacht zog das russische Außenministerium nach, verlautbarte, deutsche Behörden und Medien hätten YouTube bei seiner beispiellosen informativen Aggression unterstützt. Man hoffe, es handle es sich um keinen „Infobarbarossa“, eine Anspielung auf Hitlers Einfall in der Sowjetunion 1941. Gemäß der Logik des gegen Russland entfesselten Informationskriegs seien symmetrische Gegenmaßnahmen bezüglich der deutschen Medien in Russland unvermeidbar, das Ministerium wende sich an die „kompetenten Behörden“, damit sie solche Schritte gegen YouTube und die deutschen Medien einleiteten.
Bis Redaktionsschluss hat Russlands Obrigkeit noch keine Sanktionen verkündet. Deutsche Korrespondenten vermuteten gestern, das zuständige Außenministerium verzichte wohl auf eine Schließung von Korrespondentenbüros, wenn es die Strafmaßnahmen anderen Staatsorganen überlasse. Dafür forderte die Zensurbehörde Roskomnadsor in einem Brief an den YouTube-Betreiber Google, beide RT-Kanäle sofort freizuschalten. Andernfalls sehe die russische Gesetzgebung eine „vollkommene oder teilweise Zugangsbeschränkung“zu der Video-Plattform vor.
Die Google-Pressestelle hatte zuvor erklärt, man habe RT DE wegen unwahrer medizinischer Informationen über Covid-19 vorgewarnt, dann seinen Videozugang blockiert, die Russen hätten versucht, diese Blockade über einen zweiten Kanal zu umgehen, im Resultat habe man beide ausgeschaltet.
Solche Vorwürfe sind nicht neu: Nach Recherchen des „ARD-Faktenfinder“versucht RT seit Monaten, mit fingierten Zahlen über Nebenwirkungen Angst vor Covid-Impfungen zu schüren. „Objektivität“, sagte RT-Chefin Simonjan schon 2012, „gibt es nicht.“