Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ruf nach CDU-Erneuerung wird lauter
Kanzlerkandidat Armin Laschet bekommt jedoch auch Unterstützung
BERLIN (dpa) - In der CDU werden die Rufe nach Erneuerung wegen des Desasters bei der Bundestagswahl immer lauter. Führende CDU-Politiker stellten sich angesichts der bevorstehenden Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP zugleich aber auch hinter den wegen der historischen Stimmenverluste schwer unter Druck stehenden Unionskanzlerkandidaten und CDU-Chef Armin Laschet. Laschet und CSU-Chef Markus Söder hatten FDP und Grüne zu Gesprächen über die Bildung einer Jamaika-Koalition eingeladen.
Die CDU/CSU war bei der Bundestagswahl am Sonntag auf den Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen auf 14,8 Prozent. Dahinter lag die FDP mit 11,5 Prozent.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte den „Kieler Nachrichten“zur Lage seiner Partei: „Die Situation ist aus meiner Sicht dramatisch. Eine CDU, die weniger als 25 Prozent holt, hat selbstverständlich Reformbedarf.“Die Menschen seien „nicht scharenweise zu uns gekommen und haben gesagt, wegen Armin Laschet wähle ich CDU. Das muss man sicherlich bei der Aufarbeitung des Wahlergebnisses besprechen.“Nun müsse aber zunächst eine Regierung gebildet werden, „und dafür müssen wir als Union handlungsfähig sein und mit unserem Spitzenkandidaten Armin Laschet für solche Gespräche zur Verfügung stehen“. Der Vorsitzende des Unions-Nachwuchses von der
Jungen Union, Tilman Kuban, forderte eine tiefgreifende und schonungslose Erneuerung der Union. „Wer sich nach einem solchen Ergebnis nicht erneuert, wird nicht mehr auf die Beine kommen“, sagte er am Mittwoch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Zur Wiederwahl von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) bis zum 30. April am Vortag sagte Kuban: „Die Fraktion hat aus Verantwortung Ralph Brinkhaus für eine stabile, aber begrenzte Zeit gewählt. Nach der Bildung einer Regierung werden wir neu entscheiden. So oder so darf dann kein Stein auf dem anderen bleiben – auch und gerade im Falle der Opposition.“
Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) erteilt Spekulationen über einen Rückzug von Laschet vom Parteivorsitz eine Absage. Bei
„Bild Live“sagte er, Mutmaßungen über ein Aus für Laschet stimme er ausdrücklich nicht zu. „Ich würde uns tatsächlich auch raten, jetzt in den nächsten Tagen sehr diszipliniert zu sein und zu schauen, wie wir mit diesem dramatischen Wahlergebnis vom Sonntag umgehen können.“Bei möglichen Jamaika-Gesprächen komme Laschet und Söder eine zentrale Rolle zu. Beide seien „sehr gut geeignet“für diese Aufgabe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz nach der Bundestagswahl „am Montag zu seinem Wahlerfolg gratuliert“. Das teilte das Bundespresseamt am Mittwoch im Nachgang einer Pressekonferenz mit Regierungssprecher Steffen Seibert mit.
In zwei gleichlautenden Schreiben an die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie an FDP-Chef Christian Lindner gratulierten Laschet und Söder zum Stimmenzuwachs und dankten für einen fairen Wahlkampf. Danach hat Laschet auch Olaf Scholz in einem persönlichen Brief gratuliert. Dem CDU-Chef war vorgehalten worden, Scholz nach der Wahl nicht gratuliert zu haben.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing hatte zuvor mitgeteilt, die FDP wolle an diesem Samstag zu Gesprächen mit der Union zusammenkommen.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte gesagt, die Union habe ihre Partei für die kommende Woche zu Gesprächen eingeladen.