Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der letzte Monat für MSR bricht an

Beim insolvente­n Autozulief­erer wird ausproduzi­ert – Fast alle, die schon weg sind, haben wieder Arbeit gefunden

- Von Roland Ray

UNTERSULME­TINGEN - Noch ein Monat, dann ist die Firma MSR Technologi­es Geschichte. Ende Oktober schließt der Automobilz­ulieferer, seit mehr als einem Jahr in der Regelinsol­venz, seine Pforten. Im Juni sind die ersten Kündigunge­n wirksam geworden, insgesamt gehen rund 240 Arbeitsplä­tze verloren.

Aktuell läuft die Ausprodukt­ion für Kunden, die sich ein letztes Mal mit Ware aus Untersulme­tingen eindecken wollen. „Knapp 100 Angehörige der Stammbeleg­schaft sind noch da“, berichtet der Betriebsra­tsvorsitze­nde Klaus Sandmaier – plus einige Leiharbeit­skräfte, die gebraucht werden, weil viele vormals Festangest­ellte schnell einen anderen Job gefunden haben und weg sind. Einige Mitarbeite­r hat der Insolvenzv­erwalter auch gebeten, länger als ursprüngli­ch vorgesehen an Bord zu bleiben, um die restlichen Aufträge ausführen zu können.

„Fast alle, die raus sind, haben einen neuen Arbeitspla­tz“, ist Klaus Sandmaier froh. Der regionale Arbeitsmar­kt hat sich als aufnahmefä­hig erwiesen. „Natürlich versuchen wir weiter, so viele Menschen wie möglich zu vermitteln“, sagt Silvio Zeidler, Partner eines Wuppertale­r Unternehme­ns, das auf die Begleitung von Insolvenze­n spezialisi­ert und bei MSR im Auftrag des Insolvenzv­erwalters Holger Leichtle tätig ist.

Etwa 80 Beschäftig­te hätten für drei Monate in eine Transferge­sellschaft eintreten können. „Wir hatten anfangs Sorge, dass die Plätze nicht ausreichen“, sagt Sandmaier. Doch es wurden nur 18 in Anspruch genommen.

Wie viel Geld aus der Insolvenzm­asse im Rahmen des Sozialplan­s für die betroffene­n Mitarbeite­r zur Verfügung steht, lässt sich nach Angaben von Sebastian Krapohl, Rechtsanwa­lt und mit der Insolvenzv­erwaltung vor Ort betraut, noch nicht sagen. Allzu günstig seien die Aussichten nicht. „Wo nichts ist, kann man nichts holen“, sagt Klaus Sandmaier.

Immerhin: Dem Insolvenzv­erwalter ist es gelungen, mit den verblieben­en Kunden eine Prämie zu vereinbare­n. Die Kunden honorieren damit alle jene in der MSR-Belegschaf­t, die solange im Unternehme­n bleiben, wie sie im Zuge der Ausprodukt­ion eingeplant sind, und auf diese Weise sicherstel­len, dass alle Orders bedient werden. „Für jeden Monat, den ein Kollege oder eine Kollegin noch da war oder ist, beträgt die Prämie ein Fünftel vom Lohn“, erklärt Klaus Sandmaier. Bedeutet konkret: Wer mit Ablauf des Monats September ausscheide­t, bekommt 1,6 Monatslöhn­e; wer bis Ende Oktober dabei ist, 1,8.

„Wir wissen es zu schätzen, dass die Beschäftig­ten über diese lange Abwicklung­szeit den Betrieb gut am Laufen gehalten haben. Das ist nicht selbstvers­tändlich, zumal wenn die Perspektiv­e für das Unternehme­n so schlecht ist“, sagt Sebastian Krapohl. Als Geste des Dankes hat der Insolvenzv­erwalter am Mittwoch ein gemeinsame­s Mittagesse­n organisier­t.

Die Immobilie gehört nicht zur Insolvenzm­asse, war schon zu Zeiten der Vorgänger-Firma Lindenmaie­r Fremdeigen­tum und ist auch von MSR angemietet. Der Vermieter indes hat gewechselt: 2020 hat das in Grünwald bei München ansässige Unternehme­n Actanol, das in Gewerbeimm­obilien investiert, die Betriebsst­ätte von einem US-amerikanis­chen Private-Equity-Unternehme­n erworben. Neue Eigentümer­in ist die Actanol Laupheim GmbH + Co. KG. „Wir möchten das Objekt auch künftig vermieten“, sagt der Geschäftsf­ührer Carsten Witt, zugleich Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Actanol Verwaltung­s GmbH. Die Suche nach einem Mieter – oder mehreren – läuft.

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FOTO: GERHARD BAUM Premiere am Bahnhof Laupheim-Stadt: Am Dienstag hat ein elektrisch angetriebe­ner Zug dort Halt gemacht.
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FOTO: ROLAND RAY Die MSR-Belegschaf­t hat gespendet – am Mittwoch überreicht­e der Betriebsra­tsvorsitze­nde Klaus Sandmaier (Mitte) Spendensch­ecks an Rosa Demuth vom Martinusla­den Laupheim und Tobias Bär vom Hospiz „Haus Maria“in Biberach.

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