Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Nicht nur Corona schlägt auf Finanzen durch
Stadtverwaltung rechnet für 2021 mit Defizit von mindestens 14 bis 19 Millionen Euro
BIBERACH - Als „volatil“, also unbeständig, beschreibt Kämmerin Margit Leonhardt die Finanzsituation der Stadt Biberach. Von einem Haushaltsloch von rund 5,7 Millionen Euro für 2021 war sie zu Jahresbeginn ausgegangen. Inzwischen hat sich die Situation leider nicht zum Besseren entwickelt. Schuld daran ist neben Corona noch ein weiterer Faktor.
So ist die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Stadt seit 2020 verstärkt unter Druck. Zum einen sind auch hiesige Unternehmen von der Corona-Krise betroffen, zum anderen setzen viele ihre Gewerbesteuer-Vorauszahlungen herab, um die eigene Liquidität zu stärken. Daneben hat die Stadt eine größere Einmal-Steuerrückzahlung zu verkraften. Statt einem geplanten Netto-Gewerbesteueraufkommen von 88,3 Millionen Euro werden es laut Leonhardt nur rund 68 Millionen sein. Ausgleichszahlungen durch den Bund aufgrund von Corona werde es diesmal nicht geben.
Das zu Jahresbeginn für 2021 prognostizierte Haushaltsloch von 5,7 Millionen Euro vergrößerte sich Ende März auf bis zu 25 Millionen und liegt laut Leonhardt aktuell bei 14 bis 19 Millionen Euro. Als wäre das nicht schon genug, werden auch die Starkregenereignisse vom Juni zusätzliche Kosten verursachen, belastbare Zahlen dazu liegen der Stadtverwaltung aber noch nicht vor. Für die Schäden im Hochbaubereich ist die Stadt in weiten Teilen versichert, die Schäden im Tiefbau muss sie hingegen in vollem Umfang tragen, weil es dafür keine Versicherung gibt.
„Uns fehlt die Zuversicht auf steigende Erträge in diesem Jahr“, sagte Leonhardt. Sie warte nun gespannt auf die November-Steuerschätzung des Bundes, die der Stadt zumindest im Bereich des Einkommensteuersowie des Umsatzsteueranteils noch
Mehrerträge bescheren könnte. „Insgesamt werden wir 2021 aber mit einem mehr oder weniger großen Defizit abschließen.“Die Stadt sei aber in der Lage, dies aus ihrer Rücklage auszugleichen.
Für den Haushalt 2022 kündigt Leonhardt in ihrem Bericht zur Haushaltslage bereits Gegenmaßnahmen an, darunter eine Grundsteuererhöhung, eine Anpassung der Gewerbesteuer und der Betreuungsentgelte und auch keine neuen Stellen in den nächsten drei Jahren. Bereits für das laufende Jahr gab es Budgetkürzungen von fünf Prozent, auch im Kultur- und Schulbudget.
Wenn man 2020 und 2021 in Summe betrachte, sei noch nicht viel passiert, kommentierte Stadtrat Christoph Funk (FDP) im Gemeinderat die Zahlen. „2022 wird sicher richtig spannend, wenn es darum geht, wie die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt.“
Die Stadt entwickle sich mit großer Dynamik, sagte Lutz Keil (SPD). Seine Fraktion werde genau beobachten, wie dies mit der Finanzpolitik zusammenpasse. Seiner Meinung nach taugen Begriffe wie Pflichtaufgaben und Freiwilligkeitsleistungen einer Kommune heute nicht mehr. Keil bedauerte vor allem die Kürzungen des Kulturbudgets. „Die Menschen wollen jetzt wieder Kultur.“Das sei sein Eindruck beim Kulturparcours vor knapp zwei Wochen gewesen.
„Natürlich gibt es gerade dunkle Wolken, aber es gibt auch Gründe dafür“, meinte Hubert Hagel (CDU). Vielen Unternehmen seien die Gewerbesteuerzahlungen während Corona gestundet worden. „Gestundet heißt aber nicht erlassen. Das bedeutet, es werden 2022 und 2023 nachzuzahlende Beträge in beträchtlicher Höhe bei der Stadt eingehen.“Die Liquidität der Stadt sei gut und auch die Gewerbesteuer werde sich wieder erhöhen. „Ich blicke positiv auf die Jahre 2022 bis 2024“, sagte Hagel.