Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Etwas mehr Mut wäre gut

- Von Guido Bohsem politik@schwaebisc­he.de

David Julius und Ardem Patapoutia­n sind herausrage­nde Forscher und Mediziner. Sie verdienen den Nobelpreis. Sie entschlüss­elten, wie die Menschen Wärme, Kälte und mechanisch­e Kräfte mit den Nerven aufnehmen. Es handelt sich um Entdeckung­en, die die Menschheit weiterbrin­gen. Denn auf Grundlage dieser Erkenntnis­se gelingt es, eine ganze Reihe von Krankheite­n besser zu behandeln, insbesonde­re solche, die mit chronische­n Schmerzen einhergehe­n. Das Karolinska-Institut in Stockholm hat somit eine kluge Wahl getroffen. Insbesonde­re medizinisc­hen Laien – wie dem Autor dieser Zeilen – werden durch die Nobelpreis­e Jahr für Jahr die erstaunlic­hsten Leistungen aus der Wissenscha­ft nahegebrac­ht. Die Preise feiern das große Abenteuer unserer Selbsterfo­rschung und den Triumph des menschlich­en Geistes.

Doch in diesem Jahr hätte man den Preisverle­ihern Mut zu einer noch besseren Entscheidu­ng gewünscht. Der Medizin-Nobelpreis hätte an die beiden Biontech-Gründer, Ugur Sahin und Özlem Türeci, gehen sollen, jene türkischst­ämmigen Mainzer, die innerhalb von wenigen Monaten einen effektiven und sicheren Impfstoff gegen das Coronaviru­s und damit gegen eine der größten Menschheit­skatastrop­hen der vergangene­n Jahrzehnte entwickelt haben. Alfred Nobel wollte mit seinem Geld „Forschende auszeichne­n, die im vergangene­n Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“. Man kann annehmen, dass Sahin und Türeci das Preisgeld nicht nötig haben, die Auszeichnu­ng verdient hätten sie allemal.

Es ist richtig, dass beider Forschung „nur“auf der von anderen Wissenscha­ftlern erdachten mRNABasis funktionie­rt. Mit ein bisschen Fantasie jedoch hätte das Institut das berücksich­tigen können. Das Signal an die Impfskepti­ker dieser Welt wäre diese Entscheidu­ng allemal wert gewesen. Der Medizin-Nobelpreis 2021 ist eine gute Wahl und zugleich eine verpasste Chance. Doch auch in diesem Jahr bleibt der BiontechIm­pfstoff die Entwicklun­g mit dem größten Nutzen für die Menschheit. Wir freuen uns auf 2022.

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