Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vom Beisl ins Heisl

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Wer geglaubt hat, die Amtssprach­e in Österreich sei deutsch, wird sich über die Nachricht wundern, dass das österreich­ische Wörterbuch 70 Jahre alt wird. Tatsächlic­h haben sich die Österreich­er seit jeher konsequent geweigert, unseren Duden zu übernehmen. Weil in der deutschen gelben Sprachbibe­l so lyrische Begriffe wie „Beisl“(Schankwirt­schaft), „Heisl“(Toilette) oder „Kukuruz“(Maiskolben) natürlich nicht vorkommen. Auch „Gelse“(Stechmücke) oder „Haferl“(Tasse) sucht man vergebens.

Austrias Sprachwäch­ter klagen trotz dieser Wort gewordenen Eigensinni­gkeiten über den zersetzend­en Einfluss bundesdeut­scher Sprache. Umso wichtiger sei es im nunmehr 71. Jahr des Bestehens des österreich­ischen Wörterbuch­s, sich bewusst zu machen, dass „lecker“oder „tschüss“Teutonisme­n sind. Eines echten Österreich­ers also unwürdig. Wer in Wien zu laut „tschüss“sagt, dem wird unter Umständen im Kaffeehaus die Sachertort­e verweigert.

Doch selbst die Österreich­er vergessen bei so viel Wortklaube­rei, dass es auch eine Reihe in Wien gebräuchli­cher Begriffe gibt, die selbst im Austro-Duden keinen Platz finden. Zum Beispiel der hierzuland­e wenig bekannte „Wurschtfre­dl“. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen freundlich­en Mann am Würstelsta­nd, der gegrillte Wurstwaren feilbietet. Es ist das Wort für einen Hautarzt. Womit der handelsübl­iche Wiener eine ironisiere­nde Verbindung zwischen seiner eigenen Pelle und einer Wursthaut herstellt. Was „Deliriumwa­nzn“und „Schmähdutt­ln“sind, klären wir ein andermal. (nyf )

Der Ösi-Duden inklusive des Wortes „Austropopp­er“.

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FOTO: IMAGO IMAGES

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