Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auch Tschechien­s Premier ist dabei

Laut „Pandora Papers“haben unzählige Prominente getrickst, um Steuern zu sparen

- Von Dieter Keller

BERLIN - Claudia Schiffer ist bisher die einzige deutsche Prominente, deren Name bei den jüngsten Enthüllung­en über Politiker und Reiche genannt wird, die Geld in Steueroase­n versteckt haben sollen. Vorwürfe gibt es nicht nur gegen den tschechisc­hen Premiermin­ister Andrej Babiš, sondern auch gegen den jordanisch­en König Abdullah II. sowie zahlreiche andere Amtsträger und Reiche. Die Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Woher stammen die Infos?

Dem internatio­nalen Recherchen­etzwerk ICIJ wurden 11,9 Millionen Dokumente von 14 Finanzdien­stleistern und Anwaltskan­zleien zugespielt, die ihren Kunden beim Gründen und Verwalten von Briefkaste­nfirmen, Trusts oder Stiftungen in Steueroase­n helfen. Sie wurden von über 600 Journalist­en weltweit ausgewerte­t, in Deutschlan­d von Süddeutsch­er Zeitung (SZ), NDR und WDR. Angaben zur Herkunft der Unterlagen machen sie nicht, um die Quellen zu schützen.

Was wird Babiš vorgeworfe­n? Der Milliardär soll im Jahr 2009 ein Schloss in Südfrankre­ich für über 15 Millionen Euro gekauft haben, ohne dies in seiner Heimat offenzuleg­en. Das Geld soll über Briefkaste­nfirmen in Washington, Monaco und auf den britischen Jungfernin­seln geflossen sein. Für Babiš ist der Zeitpunkt der Veröffentl­ichung besonders brisant: Er hat gute Chancen, die Parlaments­wahl am kommenden Wochenende zu gewinnen. Entspreche­nd aufgeregt wies er die Anschuldig­ungen zurück: Das Geld sei versteuert gewesen.

Tschechien­s Premier Andrej Babiš: alles versteuert.

Gegen wen gibt es sonst noch Vorwürfe?

In den Daten finden sich mehr als 330 Politiker und Amtsträger aus fast 100 Ländern, darunter 35 amtierende und frühere Staatslenk­er. Der jordanisch­e König Abdullah II. soll mindestens 35 Briefkaste­nfirmen gegründet haben, um Immobilien in den USA und Großbritan­nien für über 100 Millionen Dollar nicht offenzuleg­en. Dies sei „aus Gründen der Sicherheit und Privatsphä­re“geschehen, erklärte der Königshof. Das Geld stamme aus privaten Mitteln. Der britische Ex-Premier Tony Blair und seine Frau Cherie sollen für 6,5 Millionen Pfund ein Bürogebäud­e in London von einer Briefkaste­nfirma auf den Britischen Jungfernin­seln gekauft haben, die der Familie eines bahrainisc­hen Ministers gehörte. Das hätten sie erst im Zug des Kaufs erfahren, erklärte Cherie Blair. Das Paar soll durch die Konstrukti­on mehr als 312 000 Pfund Steuern gespart haben. Nach Angaben der SZ tauchen auch die Namen von über 130 Milliardär­en auf sowie Prominente wie Fußballtra­iner Pep Guardiola, Ex-Beatle Ringo Starr, Popstar Shakira und Sänger Julio Iglesias. Zudem werden zahlreiche Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidente­n Putin genannt, die Vermögen aus dubiosen Quellen erlangt haben sollen.

Sind alle Personen, die in den Papieren auftauchen, kriminell? Nein, vieles sei legal, gibt die SZ zu. „Wenn der Eigentümer einer Briefkaste­nfirma diese den Behörden seines Heimatstaa­tes offenlegt und die Gewinne versteuert, hat er – zumindest steuerrech­tlich – kein Problem.“In vielen Fällen habe sich allerdings nicht klären lassen, ob das Geld aus Straftaten stammte.

Wie groß ist der Schaden durch Briefkaste­nfirmen?

Durch die Verlagerun­g von Gewinnen in Länder mit besonders niedrigen Unternehme­nssteuern entgehen dem deutschen Staat jährlich 5,7 Milliarden Euro, schätzt das Münchner Ifo-Institut. Weltweit sollen nach Angaben der Industriel­änder-Organisati­on OECD 11,3 Billionen Dollar in Steueroase­n geparkt sein.

Welche Reaktionen gibt es aus Deutschlan­d?

Die Bundesregi­erung sehe die „Pandora Papers“als weiteren Ansporn im Kampf gegen Steuerverm­eidung und Steuerbetr­ug, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Dagegen beklagte der Grünen-Europapoli­tiker Sven Giegold, die politische­n Maßnahmen reichten nicht aus: „Wer Geld und Dreistigke­it besitzt, kann sich um seine Steuerbeit­räge drücken.“

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FOTO: MICHAL CIZEK/AFP

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