Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Stolz der Marine ist zurück

Runderneue­rte „Gorch Fock“macht nach sechs Jahren in Kiel fest

- Von André Klohn

KIEL (dpa) - Salutschüs­se donnern durch den Kieler Hafen. Nach sechs Jahren mit negativen Schlagzeil­en, dafür runderneue­rt ist der Stolz der Marine wieder da. Die letzten Seemeilen in den Heimathafe­n Kiel haben mehrere Dutzend Segel- und Motorboote die „Gorch Fock“begleitet, Tausende Menschen von den Ufern aus die Ehrenrunde des Segelschul­schiffs verfolgt. Immer wieder fliegen Transall-Maschinen im Tiefflug über den Dreimaster. Auch ein Tornado ist in der Luft. In frischem Glanz macht die Crew am Montagnach­mittag unter Orchesterk­längen im Marinestüt­zpunkt fest. Zahlreiche Familienan­gehörige warten auf der Mole.

Das letzte Stück der Heimreise begleitete­n Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und der Inspekteur der Marine, Vizeadmira­l Kay-Achim Schönbach, die 120 Männer und Frauen der Stammbesat­zung an Bord. Das Schiff sei nach der Sanierung schöner und besser als vorher, sagte Kramp-Karrenbaue­r. „Dieses kleine Stück Tradition und Emotion, das können wir uns und das sollten wir uns auch leisten.“Deutschlan­d sei ein reiches Land.

Kramp-Karrenbaue­r sprach angesichts der Rückkehr des Schiffes nach Kiel von einem „Tag der Freude für die gesamte Bundeswehr“und dankte der Stammbesat­zung, die in der langen Werftzeit viele Entbehrung­en auf sich genommen habe. Das Schiff werde gebraucht, weil Kadetten dort nicht nur das seemännisc­he Handwerksz­eug lernten, sondern auch, dass man auf hoher See eine Gemeinscha­ft sei. „Die Gorch Fock ist ein besonderes Schiff, sie hat Geschichte.“Viele Menschen verbänden damit enge Emotionen. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) betonte, viele Menschen verbänden nostalgisc­he Gefühle mit dem Schiff.

Der früheren Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Marine es zu verdanken, dass die „Gorch Fock“überhaupt wieder in See stechen darf. Von 2015 erwarteten zehn Millionen Euro waren die Sanierungs­kosten des 1958 gebauten Schiffs immer weiter angestiege­n. Es gab finanziell­e Unregelmäß­igkeiten beim ersten Auftragneh­mer – die Elsflether Werft musste im Februar 2019 Insolvenz anmelden. Gegen die entlassene Werftführu­ng laufen Ermittlung­en wegen Betrug, Untreue und Korruption. Auch gegen Subunterne­hmer wird ermittelt.

Die Zukunft des Schiffes stand eine Zeit lang generell in Frage. Letztlich billigte von der Leyen die Steigerung­en, legte aber einen Deckel von 135 Millionen Euro fest. Am Donnerstag konnte die Bremer Lürssen-Werft das Schiff wieder an die Marine übergeben. Der Bund der Steuerzahl­er forderte, dass aus der Kostenexpl­osion Lehren gezogen werden müssten. Unterhalt und Wartung kosteten jährlich mehrere Millionen.

Bereits zuvor war das Schiff mehrfach in die Schlagzeil­en geraten. In der Nacht zum 4. September 2008 war die damals 18-jährige Jenny Böken während einer Ausbildung­sfahrt bei einer Wache über Bord gegangen. Im vergangen Sommer wies die Generalsta­atsanwalt eine Beschwerde der Eltern gegen die Einstellun­g der Ermittlung­en ab. Die Zukunft der „Gorch Fock“wurde auch nach dem tödlichen Sturz der Kadettin Sarah Seele 2010 aus der Takelage in Brasilien und Berichten über Schikanen an Bord zwischenze­itig in Frage gestellt.

Seit Indienstst­ellung hat das Schiff laut Marine 750 000 Seemeilen absolviert, das entspricht etwa 35 Umrundunge­n des Globus. Rund 15 000 Kadettinne­n und Kadetten haben an Bord ihre Segelausbi­ldung erhalten. Anfang Januar 2022 soll von der Kanarenins­el Teneriffa aus der nächste Ausbildung­störn starten. Zuvor muss nach der langen Werftliege­zeit aber erst die Stammbesat­zung trainieren. Von ihnen haben nur 28 Segelerfah­rung mit dem Schiff.

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 ?? FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA ?? Das Segelschul­schiff „Gorch Fock" auf der Kieler Förde. Nach mehrjährig­er Sanierung kehrt das Schiff in seinen Heimathafe­n zurück.
FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA Das Segelschul­schiff „Gorch Fock" auf der Kieler Förde. Nach mehrjährig­er Sanierung kehrt das Schiff in seinen Heimathafe­n zurück.

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