Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wer Moderna braucht, muss fahren
Senioren brauchen für die Auffrischungsimpfung oft den amerikanischen Impfstoff – der ist aber schwer zu kriegen
LAUPHEIM - Die Auffrischungsimpfungen sind in vollem Gang. Weil die meisten Impfzentren inzwischen ihren Betrieb eingestellt haben, laufen die Impfungen nun über die Hausärzte. Grundsätzlich ist das kein Problem – außer, der Impfstoff Moderna wird benötigt.
Seine Mutter hat zwei reguläre Impfungen mit Moderna bekommen, nun wäre die Auffrischungsimpfung dran. Ein pflegender Angehöriger aus Laupheim, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, versucht seit Wochen, einen Impftermin für seine bettlägerige Mutter zu bekommen. Die Schwierigkeit dabei: Der Impfstoff Moderna ist in den Hausarztpraxen in Laupheim nicht vorhanden.
„Es gibt nur ganz wenige Praxen im Kreis Biberach, die den Impfstoff Moderna verwenden“, bestätigt Dr. Lutz Weber, niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin und Leiter des hausärztlichen Qualitätszirkels in Laupheim. Das habe zwei Gründe: Zum einen sei die Nachfrage nach dem amerikanischen Impfstoff gesunken. Zum anderen – und dieser Grund wiegt schwerer – können mit einer Dosis Moderna gleich zehn Menschen geimpft werden. „Das sind so viele, das bekommt man meistens nicht zusammen“, erklärt Weber. Ein Großteil des Impfstoffs müsste dann weggeworfen werden, was die Hausärzte vermeiden wollen. „Das ist vor allem ein logistisches Problem.“
Ein Problem, dass in manchen Fällen zur Herausforderung wird. Bettina Michelis, Geschäftsführerin des Seniorenzentrums Laupheim, ist die Problematik bekannt – eine Lösung hat auch sie noch nicht gefunden. „Bei uns sind im Januar und Februar viele Seniorinnen und Senioren mit Moderna geimpft worden“, erzählt sie. Mobile Impfteams waren damals im Einsatz und haben den Impfstoff in die Pflegeheime gebracht – vorwiegend das Vakzin Moderna. „Inzwischen haben wir einen bunten Mix aus allen drei Impfstoffen hier im Seniorenzentrum“, sagt Michelis. Eine große Impfaktion wie zu Beginn des Jahres lohne sich deshalb nicht. „Wir haben unseren Bewohnern und ihren Familienangehörigen geraten, sich beim Hausarzt um eine Auffrischungsimpfung zu kümmern.“
In der Regel ist das kein Problem. Auch bei Lutz Weber in der Praxis bekommen einige Patienten eine Auffrischungsimpfung. „Es gibt zwar eine Zulassung für die sogenannten Kreuzimpfungen – das gilt aber nur, wenn bei der ersten Impfung ein
Vektor-Impfstoff wie Astrazeneca verwendet wurde“, erklärt Weber. Wenn Patienten mit Biontech oder Moderna geimpft wurden, muss auch die zweite oder dritte Impfung mit dem gleichen Impfstoff erfolgen. Bei Erstimpfungen, deren Nachfrage laut Weber im Moment wieder steigt, werde Moderna in der Regel nicht mehr verimpft.
„Moderna wurde hauptsächlich von mobilen Impfteams und den Impfzentren verwendet“, erklärt ein Sprecher des Landratsamts Biberach. Da die allgemeine Nachfrage nach dem amerikanischen Impfstoff gesunken sei, habe Deutschland weniger davon bestellt – deshalb könne es nun zu Engpässen kommen.
„Es gibt auf der Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung eine Karte, wo jeder sehen kann, welche Praxis im Umkreis den Impfstoff Moderna vorrätig hat“, sagt der Pressesprecher. Beispielsweise seien die Schwerpunktpraxen des Landkreises mit dem Impfstoff ausgestattet. Aber auch andere Praxen hätten ab und zu freie Kapazitäten. „Ein Blick auf die Karte lohnt sich, dort sind auch Praxen außerhalb des Landkreises verzeichnet, die manchmal genauso gut zu erreichen sind.“
Eine generelle Lösung ist das jedoch nicht. Bettina Michelis will nun versuchen, ein mobiles Impfteam zum Seniorenzentrum zu bestellen, das dann die Auffrischungsimpfungen mit Moderna macht. „Ob das klappt, weiß ich im Moment allerdings noch nicht.“
Für den pflegenden Angehörigen, von dem eingangs die Rede war, ist das keine Option. Er wird versuchen müssen, einen Termin in Biberach zu bekommen – und seine Mutter, die eigentlich nicht mobil ist, dorthin zu bringen. Eine frustrierende Situation. „Schon wieder eine Situation, in der pflegende Angehörige es schwer haben.“