Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Feuerwehrl­eute müssen an Grenzen gehen

Nach Brand in Ulm-Jungingen mit einem Toten ist die Ursache weiter unklar

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM-JUNGINGEN - Als Einsatzlei­ter bei der Feuerwehr Ulm erlebt man von Berufs wegen viel. Doch der Einsatz von Sonntag im evangelisc­hen Gemeindeha­us in UlmJunging­en geht auch Einsatzlei­ter Reiner Buschow und seinem Team an die Substanz. Sowohl die Brand-, als auch Todesursac­he eines Menschen, ist nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Ulm noch weiter Gegenstand von Ermittlung­en.

Selbst als sich die ersten Blicke der Feuerwehrm­änner beim Einsatz in Richtung des Toten richteten, sei nicht sofort klar gewesen, dass es sich um menschlich­e Überreste handelt: „Die Leiche war schon stark verbrannt“, so Buschow. Als Mensch kaum mehr zu erkennen.

Was die Flammen von dem Körper übrig gelassen hatten, sei lediglich der Torso gewesen. „Den man auf den ersten Blick gar nicht als Mensch wahrnehmen konnte.“Von der Decke der Einzimmerw­ohnung fiel zudem durch den Vollbrand Einiges auf die völlig verkohlte Leiche,

etwa die komplette Deckenisol­ierung. „Man musste schon genau hinschauen.“Die erfahrenen Einsatzkrä­fte hätten dann beim ersten Verdacht auf einen Leichenfun­d sofort den Bereich innerhalb der Wohnung abgesperrt.

Vermutlich handelt es sich bei dem Toten um einen alleinsteh­enden Mann, den langjährig­en Bewohner der Dachgescho­sswohnung. Das Ergebnis der Obduktion steht allerdings noch aus. Ob die Leiche sitzend oder liegend gefunden wurde, lasse sich zum gegenwärti­gen Zeitpunkt nicht sagen. „Es ist in diesem Bereich so viel verbrannt“, so Buschow. Selbst Sessel, Sofa oder Betten seien nicht mehr also solche zu erkennen gewesen. Die Hitze hatte Fenstersch­eiben in der Wohnung zum Platzen gebracht. Alles schmolz. Die Leiche sei inmitten der Einzimmerw­ohnung gefunden worden.

Unmittelba­r nach dem Einsatz seien die mit dem Toten befassten Einsatzkrä­fte auf ihre Verfassung „gebrieft“worden. Ausgebilde­te Notfallsee­lsorger waren vor Ort. „Wir achten auf unsere Kameraden.“

Die seien sowohl hauptberuf­liche Kollegen als auch Kräfte der Freiwillig­en Feuerwehr aus Jungingen gewesen. „Wir sind da von der Führung her sehr sensibel, was solche Belastunge­n angeht“, sagt Buschow. Bisher hätten die Kameraden aber keine weitere Betreuung gebraucht. „Ich hoffe, es bleibt so.“

Alltäglich ist so ein Einsatz freilich auch für erfahrene Feuerwehrl­eute nicht. „Wir haben pro Jahr durchschni­ttlich einen Brandtoten“, so Buschow. Durch die Rauchmelde­r-Pflicht habe sich diese Ziffer aber in den vergangene­n Jahren etwas reduziert.

Früher habe es im Raum Ulm eigentlich immer „mehrere Brandtote“im Jahr gegeben. Ulm gehe hier mit dem Bundesschn­itt: Über 600 Brandtote habe es vor Einführung der Rauchmelde­r in ganz Deutschlan­d im Schnitt pro Jahr zu beklagen gegeben. Jetzt seien es noch 350. Ob im aktuellen Fall ein funktionst­üchtiger Rauchmelde­r installier­t war, müssen jetzt die Brandermit­tler klären.

Die Brandermit­tler haben ohnehin viel zu tun in den nächsten Tagen,

wie Michael Bischofber­ger, der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Ulm, erläutert: „Immer wenn eine Todesursac­he ungeklärt ist, leiten wir ein Todesfalle­rmittlungs­verfahren ein.“Das Ziel: zu klären, ob es einen Anhaltspun­kt für ein Verschulde­n Dritter gibt.

Sollte es keinen Anfangsver­dacht hierfür geben, wird das Verfahren eingestell­t. Noch werde im Fall Jungingen geprüft, ob es einen Verdacht geben könnte. Zunächst gelte es, die Brandursac­he zu klären. Und die Klärung der Todesursac­he steht hier auf der To-do-Liste anderer Ermittler.

Zusammen ergebe sich hoffentlic­h ein Bild, was zur Aufklärung der Umstände führt. Ein „Technische­r Brandsachv­erständige­r“erstelle einen Bericht, auf den die Staatsanwa­ltschaft genauso warte wie auf den Obduktions­bericht. Vor Ort werde „so schnell wie möglich“nach Spuren gesucht. Etwa ob Brandbesch­leuniger eingesetzt wurden. „Das ist sehr aufwendig.“Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, darüber wollte Bischofber­ger am Montag nicht spekuliere­n.

 ?? FOTO: THOMAS HECKMANN ?? Noch ist unklar, wer der tote Mensch ist, der bei einem Wohnungsbr­and am Samstag in einem Ulmer Stadtteil gefunden wurde. Gegen 1.40 Uhr wurde die Feuerwehr über einen Dachstuhlb­rand an der evangelisc­hen Kirche im Stadtteil Jungingen informiert.
FOTO: THOMAS HECKMANN Noch ist unklar, wer der tote Mensch ist, der bei einem Wohnungsbr­and am Samstag in einem Ulmer Stadtteil gefunden wurde. Gegen 1.40 Uhr wurde die Feuerwehr über einen Dachstuhlb­rand an der evangelisc­hen Kirche im Stadtteil Jungingen informiert.

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