Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Feuerwehrleute müssen an Grenzen gehen
Nach Brand in Ulm-Jungingen mit einem Toten ist die Ursache weiter unklar
ULM-JUNGINGEN - Als Einsatzleiter bei der Feuerwehr Ulm erlebt man von Berufs wegen viel. Doch der Einsatz von Sonntag im evangelischen Gemeindehaus in UlmJungingen geht auch Einsatzleiter Reiner Buschow und seinem Team an die Substanz. Sowohl die Brand-, als auch Todesursache eines Menschen, ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Ulm noch weiter Gegenstand von Ermittlungen.
Selbst als sich die ersten Blicke der Feuerwehrmänner beim Einsatz in Richtung des Toten richteten, sei nicht sofort klar gewesen, dass es sich um menschliche Überreste handelt: „Die Leiche war schon stark verbrannt“, so Buschow. Als Mensch kaum mehr zu erkennen.
Was die Flammen von dem Körper übrig gelassen hatten, sei lediglich der Torso gewesen. „Den man auf den ersten Blick gar nicht als Mensch wahrnehmen konnte.“Von der Decke der Einzimmerwohnung fiel zudem durch den Vollbrand Einiges auf die völlig verkohlte Leiche,
etwa die komplette Deckenisolierung. „Man musste schon genau hinschauen.“Die erfahrenen Einsatzkräfte hätten dann beim ersten Verdacht auf einen Leichenfund sofort den Bereich innerhalb der Wohnung abgesperrt.
Vermutlich handelt es sich bei dem Toten um einen alleinstehenden Mann, den langjährigen Bewohner der Dachgeschosswohnung. Das Ergebnis der Obduktion steht allerdings noch aus. Ob die Leiche sitzend oder liegend gefunden wurde, lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen. „Es ist in diesem Bereich so viel verbrannt“, so Buschow. Selbst Sessel, Sofa oder Betten seien nicht mehr also solche zu erkennen gewesen. Die Hitze hatte Fensterscheiben in der Wohnung zum Platzen gebracht. Alles schmolz. Die Leiche sei inmitten der Einzimmerwohnung gefunden worden.
Unmittelbar nach dem Einsatz seien die mit dem Toten befassten Einsatzkräfte auf ihre Verfassung „gebrieft“worden. Ausgebildete Notfallseelsorger waren vor Ort. „Wir achten auf unsere Kameraden.“
Die seien sowohl hauptberufliche Kollegen als auch Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr aus Jungingen gewesen. „Wir sind da von der Führung her sehr sensibel, was solche Belastungen angeht“, sagt Buschow. Bisher hätten die Kameraden aber keine weitere Betreuung gebraucht. „Ich hoffe, es bleibt so.“
Alltäglich ist so ein Einsatz freilich auch für erfahrene Feuerwehrleute nicht. „Wir haben pro Jahr durchschnittlich einen Brandtoten“, so Buschow. Durch die Rauchmelder-Pflicht habe sich diese Ziffer aber in den vergangenen Jahren etwas reduziert.
Früher habe es im Raum Ulm eigentlich immer „mehrere Brandtote“im Jahr gegeben. Ulm gehe hier mit dem Bundesschnitt: Über 600 Brandtote habe es vor Einführung der Rauchmelder in ganz Deutschland im Schnitt pro Jahr zu beklagen gegeben. Jetzt seien es noch 350. Ob im aktuellen Fall ein funktionstüchtiger Rauchmelder installiert war, müssen jetzt die Brandermittler klären.
Die Brandermittler haben ohnehin viel zu tun in den nächsten Tagen,
wie Michael Bischofberger, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm, erläutert: „Immer wenn eine Todesursache ungeklärt ist, leiten wir ein Todesfallermittlungsverfahren ein.“Das Ziel: zu klären, ob es einen Anhaltspunkt für ein Verschulden Dritter gibt.
Sollte es keinen Anfangsverdacht hierfür geben, wird das Verfahren eingestellt. Noch werde im Fall Jungingen geprüft, ob es einen Verdacht geben könnte. Zunächst gelte es, die Brandursache zu klären. Und die Klärung der Todesursache steht hier auf der To-do-Liste anderer Ermittler.
Zusammen ergebe sich hoffentlich ein Bild, was zur Aufklärung der Umstände führt. Ein „Technischer Brandsachverständiger“erstelle einen Bericht, auf den die Staatsanwaltschaft genauso warte wie auf den Obduktionsbericht. Vor Ort werde „so schnell wie möglich“nach Spuren gesucht. Etwa ob Brandbeschleuniger eingesetzt wurden. „Das ist sehr aufwendig.“Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, darüber wollte Bischofberger am Montag nicht spekulieren.