Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Aufarbeitu­ng von Afghanista­n-Einsatz beginnt

Ministerin Kramp-Karrenbaue­r erwartet „schmerzvol­le Debatte“– Fraktionen wollen noch abwarten

- Von Stefan Kegel

BERLIN - Noch bevor in der kommenden Woche der Bundeswehr­Einsatz in Afghanista­n formal beendet wird, beginnt Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) mit der Aufarbeitu­ng des Einsatzes. Fast alle Bundestags­parteien und auch Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) halten sich fern.

„Es ist wichtig, dass wir die Aufarbeitu­ng heute starten“, begründete Kramp-Karrenbaue­r den umstritten­en Termin. Bevor der Einsatz in der kommenden Woche mit einer Ehrung formal beendet werde, wolle sie ein Zeichen setzen, dass das Thema nicht vergessen sei: Diese „sollte nicht unter dem Verdacht stehen, man wolle eine besonders glanzvolle Decke über den Afghanista­n-Einsatz legen“, um eine Aufarbeitu­ng zu verhindern.

Die Bundeswehr war Ende August gemeinsam mit den verbündete­n Truppen nach 20 Jahren aus dem Bürgerkrie­gsland abgezogen. Die Umstände des überstürzt­en Abzugs riefen viel Kritik hervor. Die Ministerin betonte, es stehe nun „eine offene, ehrliche und auch schmerzvol­le Debatte“an, wenn es darum gehe, Lehren aus der Mission zu ziehen, um das Militär „für künftige Einsätze besser aufzustell­en“.

Auch die Nato will bis Dezember Schlussfol­gerungen ziehen. Generalsek­retär

Jens Stoltenber­g erinnerte daran, dass die Nato in Afghanista­n einmarschi­ert sei, um das Land nicht erneut zu einem sicheren Hafen für internatio­nale Terroriste­n werden zu lassen: „Dieses Ziel haben wir erreicht.“Nach dem Abzug müsse man sich aber harten Fragen stellen, „was nicht funktionie­rt hat“.

Der Generalins­pekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, wies Vorstellun­gen zurück, die Aufarbeitu­ng nur auf den militärisc­hen Einsatz zu beschränke­n. Während der insgesamt vier aufeinande­rfolgenden Missionen habe die Bundeswehr bereits eigene Analysen in die Tat umgesetzt, sie habe sich in dieser Zeit zu einer Einsatzarm­ee gewandelt. Es gelte nun vor allem, drei Fragen zu klären: ob man Afghanista­n und seine Bevölkerun­g überforder­t sowie die Leistungsf­ähigkeit der dortigen Armee überschätz­t habe – und wie man zu diesen falschen Einschätzu­ngen habe kommen können.

SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP hatten die Teilnahme an der Auftaktver­anstaltung unter Verweis auf die laufenden Sondierung­sgespräche zur Bildung einer neuen Regierung abgelehnt. Sie verwiesen darauf, dass die Aufarbeitu­ng vom neu gewählten Bundestag, der am 26. Oktober zusammentr­itt, sowie der künftigen Bundesregi­erung geleistet werden müsse.

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