Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Aufarbeitung von Afghanistan-Einsatz beginnt
Ministerin Kramp-Karrenbauer erwartet „schmerzvolle Debatte“– Fraktionen wollen noch abwarten
BERLIN - Noch bevor in der kommenden Woche der BundeswehrEinsatz in Afghanistan formal beendet wird, beginnt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) mit der Aufarbeitung des Einsatzes. Fast alle Bundestagsparteien und auch Außenminister Heiko Maas (SPD) halten sich fern.
„Es ist wichtig, dass wir die Aufarbeitung heute starten“, begründete Kramp-Karrenbauer den umstrittenen Termin. Bevor der Einsatz in der kommenden Woche mit einer Ehrung formal beendet werde, wolle sie ein Zeichen setzen, dass das Thema nicht vergessen sei: Diese „sollte nicht unter dem Verdacht stehen, man wolle eine besonders glanzvolle Decke über den Afghanistan-Einsatz legen“, um eine Aufarbeitung zu verhindern.
Die Bundeswehr war Ende August gemeinsam mit den verbündeten Truppen nach 20 Jahren aus dem Bürgerkriegsland abgezogen. Die Umstände des überstürzten Abzugs riefen viel Kritik hervor. Die Ministerin betonte, es stehe nun „eine offene, ehrliche und auch schmerzvolle Debatte“an, wenn es darum gehe, Lehren aus der Mission zu ziehen, um das Militär „für künftige Einsätze besser aufzustellen“.
Auch die Nato will bis Dezember Schlussfolgerungen ziehen. Generalsekretär
Jens Stoltenberg erinnerte daran, dass die Nato in Afghanistan einmarschiert sei, um das Land nicht erneut zu einem sicheren Hafen für internationale Terroristen werden zu lassen: „Dieses Ziel haben wir erreicht.“Nach dem Abzug müsse man sich aber harten Fragen stellen, „was nicht funktioniert hat“.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, wies Vorstellungen zurück, die Aufarbeitung nur auf den militärischen Einsatz zu beschränken. Während der insgesamt vier aufeinanderfolgenden Missionen habe die Bundeswehr bereits eigene Analysen in die Tat umgesetzt, sie habe sich in dieser Zeit zu einer Einsatzarmee gewandelt. Es gelte nun vor allem, drei Fragen zu klären: ob man Afghanistan und seine Bevölkerung überfordert sowie die Leistungsfähigkeit der dortigen Armee überschätzt habe – und wie man zu diesen falschen Einschätzungen habe kommen können.
SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP hatten die Teilnahme an der Auftaktveranstaltung unter Verweis auf die laufenden Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung abgelehnt. Sie verwiesen darauf, dass die Aufarbeitung vom neu gewählten Bundestag, der am 26. Oktober zusammentritt, sowie der künftigen Bundesregierung geleistet werden müsse.