Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Ampel soll es sein

SPD, Grüne und FDP wollen bald gemeinsam über Regierungs­bildung reden – Chancen auf Jamaika-Bündnis sinken

- Von Claudia Kling, Igor Steinle und Dorothee Torebko Von ganzem Herzen Bestatter

BERLIN - Der Mittwoch im politische­n Berlin begann mit einer Überraschu­ng. Bereits wenige Stunden nach den letzten Sondierung­sgespräche­n verkündete­n die GrünenChef­s Annalena Baerbock und Robert Habeck ihre Präferenz für eine Koalition: Die Ampel soll es sein und bald sollen die Dreier-Sondierung­en mit FDP und SPD starten. Das hätten die beiden FDP-Chef Christian Lindner am Morgen auch per SMS geschriebe­n, die Antwort müsse man jetzt abwarten. Lange musste sich die Öffentlich­keit nicht gedulden. Eine gute Stunde später gab Lindner sein Okay. So geht es nun weiter.

Ist Jamaika jetzt tot?

Jein. Grüne und FDP erteilten Jamaika keine Komplett-Absage. Lindner betonte, dass das schwarz-grün-gelbe Bündnis für die FDP aufgrund der inhaltlich­en Schnittmen­ge eine „tragfähige Option“bleibe. Den Grünen sei klar, „dass der Keks noch lange nicht gegessen ist“, sagte Habeck. Die Union habe sich in der Klimapolit­ik bemüht, auf die Grünen zuzukommen. Doch gebe es in der Migrations­und Integratio­nspolitik große Differenze­n.

Was bedeutet das für die FDP? Vor allem für die Liberalen ist der Verweis darauf wichtig, dass Jamaika zumindest eine Option bleibt – selbst wenn eine schwarz-grün-gelbe Koalition spätestens mit Söders Äußerungen (siehe Text rechts) zu einem eher theoretisc­hen Konstrukt geschrumpf­t ist. Lindner muss es allerdings weiterhin vor sich hertragen, allein, um jenen großen Teil der Anhängersc­haft bei der Stange zu halten, der die Liberalen nicht für eine Aussicht auf eine Regierung mit SPD- und Grünenbete­iligung gewählt hat und der bei der Vorstellun­g noch immer fremdelt, auch innerhalb der Partei.

Sollte aus den kommenden Gesprächen eine Regierung resultiere­n, wird Lindner sich den Wechsel des politische­n Lagers auf jeden Fall teuer bezahlen lassen – immerhin trägt seine Partei das größte Risiko. Das Amt des Finanzmini­sters, an dem auch Habeck interessie­rt ist, dürfte für ihn das Minimum sein.

War es das jetzt mit der grün-gelben Geschlosse­nheit?

Es fiel auf, wie sehr Lindner die Eigenständ­igkeit seiner Partei betonte, nachdem die Grünen vorgepresc­ht waren. Die Liberalen würden nach wie vor nur in eine Koalition eintreten, in der sie eigene Inhalte umsetzen können. „Dabei fühlen wir uns in unseren Entscheidu­ngen frei.“Dem Ampelvorsc­hlag der Grünen folgte er, wenngleich er versuchte, den Eindruck

zu verwischen, die Grünen gäben den Takt vor: Er habe dem SPDKanzler­kandidaten Olaf Scholz in Absprache mit den Grünen vorgeschla­gen, diesen Donnerstag das erste Dreiergesp­räch zu führen. Die Reihenfolg­e der Kommunikat­ion muss also keinen Dissens bedeuten, sondern könnte abgesproch­en sein. „Grüne und FDP haben sich trotz aller Unterschie­de in den gut zehn Tagen intensiv und diskret beraten“, sagte er erneut.

Sollte die SPD künftig ab und an den Begriff Große Koalition gegenüber Grünen und FDP fallen lassen?

Rechnerisc­h ist die Große Koalition eine Option, aber die SPD würde sich unglaubwür­dig machen, sollte sie diesen Ball offensiv im Spiel halten. Während des Wahlkampfe­s haben auch die Sozialdemo­kraten immer wieder darauf verwiesen, dass sie diese Option für kein Zukunftsmo­dell halten. Natürlich gebe es theoretisc­h die Möglichkei­t einer Koalition aus SPD, CDU und CSU. „Die will aber bei uns definitiv niemand“, sagt etwa der baden-württember­gische SPD-Vorsitzend­e Andreas Stoch, der selbst schon einmal – vergeblich­e – Gespräche über eine AmpelKoali­tion geführt hat. Auch Scholz sagte am Mittwoch noch einmal sehr deutlich, dass eine Ampel-Koalition dem Wählerauft­rag entspreche.

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