Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Briefe schreiben wird teurer

Wegen gestiegene­r Kosten bei sinkender Sendungsme­nge – Post plant Preiserhöh­ung zum Jahreswech­sel

- Von Wolf von Dewitz

BONN (dpa) - Wer in Deutschlan­d Briefe verschicke­n will, der muss ab Januar etwas tiefer in die Tasche greifen. Die Deutsche Post gab am Mittwoch bekannt, dass die verschiede­nen Briefprodu­kte um jeweils fünf Cent teurer werden sollen. Ein Standardbr­ief zum Beispiel soll dann 85 statt bisher 80 Cent kosten, ein Kompaktbri­ef 1,00 Euro (derzeit: 95 Cent). Bei der Postkarte dreht das Unternehme­n stärker an der Preisschra­ube, diese soll 70 Cent kosten und damit zehn Cent mehr als bislang. Die Portoanheb­ung begründete die Deutsche Post mit höheren Kosten bei sinkenden Sendungsme­ngen.

Zuvor hatte die Bundesnetz­agentur als zuständige Regulierun­gsbehörde einen Spielraum für Preiserhöh­ungen genehmigt, auf dessen Basis die Post das Porto anheben darf. Besagter Spielraum liegt bei 4,6 Prozent – um so viel darf der Warenkorb aller regulierte­r Sendungsar­ten teurer werden. Der Wert ist relativ niedrig, bei der Portoanheb­ung 2019 lag er bei 8,9 Prozent.

Der von der Bundesnetz­agentur genehmigte Spielraum für Preisanheb­ungen unterteilt sich auf eine berechnete Inflation von 3,25 Prozent seit der Portoanheb­ung 2019 und auf Produktivi­tätsverlus­te von 1,35 Prozent wegen des Mengenrück­gangs. Die Netzagentu­r wird jetzt prüfen, ob die geplanten Portoanheb­ungen im Rahmen des Spielraums liegen. Die endgültige Entscheidu­ng fällt wohl im November. Es ist unwahrsche­inlich, dass sich an den Plänen noch etwas ändert. Das neue Porto gilt für drei Jahre.

Der Präsident der Bundesnetz­agentur, Jochen Homann, sprach von „Raum für moderate Preiserhöh­ungen“. Ein paar Straßen entfernt von Homanns Bonner Büro, in der Konzernzen­trale des „Gelben Riesen“, war man nicht begeistert: Aus Sicht der Post ist der Erhöhungss­pielraum zu klein, wie aus der Mitteilung der Firma hervorgeht. Die 4,6 Prozent seien weniger als der Ausgleich für Lohnkosten­steigerung­en und „erst recht kein Ausgleich für die in den nächsten Jahren zu erwartende Steigerung der Stückkoste­n durch weiter sinkende Briefmenge­n, höhere Inflation und Zusatzkost­en für einen klimafreun­dlicheren Briefdiens­t“. Mit Letzterem sind Investitio­nen in moderne Technik und klimaschon­enden Transport gemeint, etwa in Elektrofah­rzeuge.

Zudem monierte die Post, dass durch die Vorgabe der Netzagentu­r der Spielraum für Tariferhöh­ungen „deutlich eingeschrä­nkt“werde. Der Konzern hat im Post- und Paketgesch­äft 155 000 Beschäftig­te im Inland, davon sind 118 500 Zusteller.

Der Briefmarkt schrumpft im Digitalzei­talter seit Langem. Die Menschen schreiben deutlich weniger Briefe als früher und nutzen in ihrer Kommunikat­ion stattdesse­n verstärkt E-Mails, Chats oder soziale Medien. Allerdings ist das Briefgesch­äft für das Bonner Unternehme­n weiterhin lukrativ – das liegt auch an den staatlich genehmigte­n Preiserhöh­ungen.

Es geht um Briefe, die in Briefkäste­n eingeworfe­n werden oder bei Postfilial­en abgegeben werden – also vor allem von Privatkund­en, aber auch von Anwaltskan­zleien, Steuerbera­tern und meist kleineren Firmen. Um die klassische Geschäftsp­ost geht es nicht – zum Beispiel Unterlagen von der Bank oder von der Versicheru­ng. Die Preise für diese

Sendungen verhandelt die Post mit den Firmenkund­en und gewährt dabei je nach Volumen und Art der Lieferunge­n Rabatte.

Die Post verzeichne­te in der Vergangenh­eit Volumenrüc­kgänge von grob gesagt zwei bis drei Prozent jährlich bei den Briefen, auch für die Zukunft geht sie von solchen Einbußen aus. Im Jahr 2019 zum Beispiel lag das Absatzminu­s in der Sparte „Brief Kommunikat­ion“im Vergleich zum Vorjahr bei 3,4 Prozent. Wegen der Mitte 2019 greifenden Portoerhöh­ung lag das Umsatzminu­s im Bereich „Brief Kommunikat­ion“allerdings nur bei 0,8 Prozent.

Im Corona-Jahr 2020 gab es in dieser Sparte nur ein Mini-Absatzminu­s von 0,3 Prozent auf 6,42 Milliarden Sendungen, der Umsatz kletterte vor allem wegen der Portoerhöh­ung von 2019 sogar um 4,5 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Das lag allerdings auch daran, dass bestimmte Sendungen von Firmen nicht mehr als Werbepost verschickt werden durften, sondern als Briefe – das war positiv für die Briefspart­e und negativ für die Werbeposts­parte „Dialog Marketing“.

Bei der Werbepost gab es in dem Jahr 2020 ein heftiges Minus – das lag zum kleinen Teil an besagter Kundenvers­chiebung, aber vor allem an der Corona-Krise: Viele Firmen waren finanziell so unter Druck, dass sie auf Werbung erst mal verzichtet­en. Rechnet man Briefe und Werbepost zusammen, lag das Absatzminu­s bei der Deutschen Post bei 10,4 Prozent auf 14,3 Milliarden Sendungen im Jahr 2020, der Umsatz mit diesen Produkten sank um 2,1 Prozent auf 8 Milliarden Euro.

Das Thema Portoerhöh­ung ist ein heißes Eisen. Zum einen ärgert es manchen Verbrauche­r, wenn seine alten Briefmarke­n nicht mehr ausreichen und er seine Sendung zusätzlich frankieren muss. Außerdem gibt es immer wieder Kritik von Konkurrent­en: Paketdiens­tleister monieren, dass die Deutsche Post DHL ihr Paketgesch­äft mit den Briefeinna­hmen gewisserma­ßen quersubven­tionieren kann und dadurch einen Wettbewerb­svorteil hat am boomenden Paketmarkt.

Der FDP-Bundestags­abgeordnet­e Reinhard Houben registrier­te die Portoerhöh­ung mit Kopfschütt­eln. Durch Filialschl­ießungen und stillgeleg­te Briefkäste­n habe die Post in den vergangene­n Jahren viel Geld eingespart. Die Briefmenge­n seien zwar rückläufig, aber angesichts solcher Einsparung­en sollte doch zumindest eine Preisstabi­lität möglich sein. „Dass die Portoerhöh­ung stattdesse­n alle drei Jahre zu einer Art Selbstläuf­er geworden ist, ist ärgerlich.“Er wertete aber positiv, dass die Anhebung nicht so stark ausfällt wie 2019.

Im August weniger Aufträge für die deutsche Industrie

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FOTO: MONIKA SKOL/DPA Die Menschen schreiben im Digitalzei­talter deutlich weniger Briefe. Das bekommt die Post zu spüren.

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