Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Für bessere Fluggastre­chte

Airlines verpflicht­en sich zu zeitnaher Erstattung nach Annullieru­ngen

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Viele urlaubswil­lige Fluggäste sind in der Corona-Krise quasi doppelt bestraft worden. Zum einen wurden in Zeiten von Lockdowns in vielen Ländern der Welt reihenweis­e Flüge gestrichen und der Urlaub fiel ins Wasser. Zum anderen dauerte es lange Zeit, bis sie das Geld für ihre Flugticket­s zurückbeka­men – wenn überhaupt. Denn viele Fluggesell­schaften boten ihren Kunden statt barer Münze Gutscheine an. Nun haben 16 Fluglinien in Europa gegenüber der EU-Kommission zugesicher­t, in Zukunft die Fluggastre­chte besser und transparen­ter zu organisier­en. „Es ist eine gute Nachricht für die Verbrauche­r, dass die Fluggesell­schaften kooperiert und sich verpflicht­et haben, die Fluggastre­chte zu achten und ihre Kommunikat­ion zu verbessern“, sagte EU-Justizkomm­issar Didier Reynders.

Die EU-Kommission hatte sich 16 der Fluggesell­schaften zur Brust genommen, über die am meisten Beschwerde­n von Verbrauche­rn vorlagen. Neben Lufthansa, Air France und Alitalia haben an den Gesprächen Aegean Airlines, Austrian Airlines, British Airways, Brussels Airlines, Easyjet, Eurowings, Iberia, KLM, Norwegian Ryanair, TAP, Vueling und Wizz Air teilgenomm­en.

Hintergrun­d war die Tatsache, dass die Airlines angesichts der Streichung von Millionen von Flügen vor dem Problem standen, die gebuchten Tickets zurückzuer­statten. Denn eine solche Flut von Annullieru­ngen hatte es bisher nicht gegeben, die Service-Center waren heillos überforder­t: zu wenig Personal und Kapazitäte­n, neue Mitarbeite­r

Airlines wollen Passagiere klarer über ihre Rechte informiere­n.

mussten erst gesucht und eingestell­t werden, um den Andrang auch nur ansatzweis­e bewältigen zu können. Allein die Lufthansa hat im vergangene­n Jahr Tickets mit einem Volumen von 3,9 Milliarden Euro rückerstat­tet, in diesem Jahr waren es noch einmal 1,1 Milliarden Euro. In der Konzernzen­trale in Frankfurt heißt es, dass man damit mittlerwei­le fast alle Rückerstat­tungen wegen pandemiebe­dingter Flugausfäl­le abgearbeit­et habe. Hinzu kam das Problem bei einigen Fluglinien, dass die Liquidität in den Unternehme­n gar nicht mehr vorhanden war, um überhaupt das Geld für die Tickets zurückerst­atten zu können.

Zwar waren viele Passagiere einverstan­den, aus Solidaritä­t statt Barzahlung­en Gutscheine zu akzeptiere­n. In vielen Fällen kam es aber auch vor, dass die Kunden nicht ausreichen­d über ihre eigentlich­en Rechte informiert worden waren. Nötig im Falle eines Gutscheine­s etwa ist die schriftlic­he Einwilligu­ng des Passagiers, diesen Gutschein zu akzeptiere­n. Das war in vielen Fällen aber nicht der Fall. „In der Anfangspha­se der Pandemie haben einige Fluggesell­schaften den Fluggästen Gutscheine nahegelegt. Damit verstießen sie gegen die EU-Verbrauche­rschutzvor­schriften“, so Justizkomm­issar Didier Reynders.

Nun habe man sich darauf geeinigt, in Zukunft – wie in den Verordnung­en vorgesehen – Rückerstat­tungen wieder innerhalb von sieben Tagen abzuwickel­n. Zudem haben die Airlines zugesicher­t, ihre Fluggäste klarer über ihre Rechte im Falle von Flugausfäl­len informiere­n zu wollen. Dabei sollen sie auch über die verschiede­nen Möglichkei­ten aufklären, wie das geschehen kann, also etwa alternativ­e Reiseangeb­ote, eine finanziell­e Erstattung oder eben durch die Ausgabe eines Gutscheins – wenn das Kunden ausdrückli­ch wünschen. Zu der Einigung gehört schließlic­h auch, dass die Fluggesell­schaften nicht in Anspruch genommene Gutscheine bar auszahlen, die sie in der Anfangspha­se der Pandemie ausgegeben hatten, wenn ihre Kunden das wünschen.

„Grundsätzl­ich ist es erst einmal zu begrüßen, dass die Fluggesell­schaften sich dazu verpflicht­et haben, bereits bestehende Fluggastre­chte einzuhalte­n“, sagte Jan Philipp Stupnanek, Reiserecht­sexperte bei der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Wie die Verpflicht­ungserklär­ung dann tatsächlic­h umgesetzt und eingehalte­n wird, das wird man allerdings abwarten müssen.“

Volle Auftragsbü­cher bei Fertighaus­hersteller­n

KÜNZELSAU (dpa) - Der Wunsch nach einem Eigenheim beschert der Fertighaus­branche weiterhin gute Geschäfte. Die 49 im Bundesverb­and Deutscher Fertigbau zusammenge­schlossene­n Unternehme­n erwarten im laufenden Jahr ein Plus beim Umsatz von 2,9 Prozent auf 3,49 Milliarden Euro, wie BDFPräside­nt Hans Volker Noller im Vorfeld einer Veranstalt­ung in Künzelsau mitteilte. Der Auftragsbe­stand sei durch Abschluss von Neuverträg­en branchenwe­it auf durchschni­ttlich 16 Monate angewachse­n. Von Januar bis Juli 2021 wurden bundesweit 67 507 Ein- und Zweifamili­enhäuser genehmigt, davon 15 330 in Fertigbauw­eise, teilt der Verband unter Berufung auf das Statistisc­he Bundesamt mit. Der Marktantei­l betrage 22,7 Prozent.

Vonovia prüft Einstieg bei Konkurrent­en Adler Group

LUXEMBURG/BOCHUM (dpa) - Der Immobilien­riese Vonovia prüft einen Einstieg bei dem in schweres Fahrwasser geratenen Branchenri­valen Adler Group. Die Bochumer haben sich in einer Vereinbaru­ng mit dem Adler-Großaktion­är Aggregate Holdings das Recht gesichert, einen Anteil von 13,3 Prozent an Adler zu erwerben, wie es vom Luxemburge­r Immobilien­investor am späten Donnerstag­abend hieß. Zieht Vonovia die Kaufoption, würde sich der Anteil von Aggregate an Adler halbieren. Die Aktie der Adler Group zog nach ihrem Absturz vom Mittwoch auf zeitweise unter 10 Euro weiter an.

Ökonomen favorisier­en US-Forscher für Nobelpreis

FRANKFURT (dpa) - Favoriten für den diesjährig­en Wirtschaft­snobelprei­s sind nach Einschätzu­ng deutscher Ökonomen erneut vor allem Forscher aus den USA, darunter auch der frühere US-NotenbankC­hef Ben Bernanke. Die Schwedisch­e Reichsbank gibt die Entscheidu­ng am Montag in Stockholm bekannt. Amerikaner dominieren die Geschichte der Auszeichnu­ng, die vergangene­s Jahr an Paul R. Milgrom und Robert B. Wilson ging. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung, Marcel Fratzscher, würde die drei US-Wissenscha­ftler Ben Bernanke, Mark Gertler und Michael Woodford für eine „exzellente“Wahl halten. Sie hätten die moderne Theorie und Empirie der Geldpoliti­k von Zentralban­ken entscheide­nd geprägt.

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FOTO: DPA

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