Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Tafel erklärt jetzt den Namen der Mohrengass­e, hat aber einen Schönheits­fehler

Die Debatte war heftig: Soll die Mohrengass­e in Ulm umbenannt werden? Nun ist der Streit auch öffentlich sichtbar beigelegt – Doch die Stadt muss nacharbeit­en

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Dagmar Hub

ULM - Vor dem Termin noch hatten städtische Mitarbeite­r die UmlautPünk­tchen entfernt, die Unbekannte auf dem Straßensch­ild der Mohrengass­e aufgeklebt hatten, um sie zur „Möhrengass­e“umzufunkti­onieren. Nachdem sich die Arbeitsgru­ppe für Straßenben­ennung, in der Mitglieder der Fraktionen des Gemeindera­tes und der Verwaltung vertreten sind, einhellig für den Erhalt des historisch­en Straßennam­ens aussprach, erklärt jetzt fortan ein Schild am Ausgang

Bürgermeis­terin Iris Mann präsentier­t die Stele mit der Erläuterun­g des Straßennam­ens.

der Mohrengass­e zum Weinhof hin den Ursprung des Namens.

Der Beschluss hatte eine lange und lebhaft geführte Diskussion beendet: Belege für einen kolonialis­tischen oder herabwürdi­genden Kontext der Straßenbez­eichnung liegen in Ulm nicht vor, hatte die Arbeitsgru­ppe festgestel­lt.

Deshalb entschied sich der Gemeindera­t 2020 für die Beibehaltu­ng des Namens – so erklärt es auch das Schild, das am Mittwochna­chmittag Mitarbeite­r der Stadt an eine Hauswand schraubten, und das Kulturbürg­ermeisteri­n Iris Mann enthüllte. Ausgetausc­ht werden muss das

Schild dennoch noch einmal: Als Jahr des Beschlusse­s steht für den aufmerksam­en Leser dort „2019“.

Die Mohrengass­e ist benannt nach der Gaststätte „Zum Mohren“, die das Eckhaus Weinhof/Mohrengass­e – heute Adresse Weinhof 23 – war und die schon in der frühen Neuzeit existierte. Untergegan­gen ist das historisch­e Gasthaus in der Nacht der Bombardier­ung Ulms im Dezember 1944. Der Name des Gasthauses selbst dürfte auf den heiligen Mauritius zurückgehe­n – oder auf die als Heiligen Drei Könige bekannten Sterndeute­r.

Der heilige Mauritius, ein dunkelhäut­iger römischer Heerführer des dritten Jahrhunder­ts, war ab der Stauferzei­t Schutzpatr­on aller Kaiser und des Reiches selbst. Die Kirche der staufische­n Kaiserpfal­z Ulm stand auf dem Weinhof. Dass auf dem neuen Schild ein Bezug zum heiligen Maurus hergestell­t wird, der Benediktin­ermönch war und Patron unter anderem der Köhler und Schneider, und dem im Landkreis Sigmaringe­n eine Kapelle gewidmet ist, dürfte daher ein Irrtum sein.

Nachgewies­en ist der Name

„Mohren Gäßlen“seit 1805. Da sich Ulm schon seit 2012 als internatio­nale Stadt verstehe, möchte man auf keinen Fall Anlass geben, dass sich Menschen dunkler Hautfarbe von der Bezeichnun­g „Mohrengass­e“verletzt fühlen, sagte Kulturbürg­ermeisteri­n Iris Mann bei der Enthüllung des Schildes. Gerade aus diesem Grund sei die Erklärung in der Nähe des Straßensch­ildes angebracht worden. Es solle alle Passanten daran erinnern, nachzudenk­en und zu vermeiden, wo man im Alltag rassistisc­he Ausdrücke verwende.

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FOTO: STEFAN PUCHNER

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