Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gutes Rösti ist (fast) ein Kinderspie­l

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Um manche Gerichte wird so viel Gewese gemacht, dass viele Leute dann lieber gleich die Finger davon lassen. Oder zu einem obskuren Beutelprod­ukt greifen, das vorgibt, ungeheuere Mühen in der Küche zu ersparen. Dabei ist die Zubereitun­g in Wahrheit von geradezu bestechend­er Einfachhei­t: Eine solche Speise ist die oder das Schweizer Rösti, mit der oder dem selbst ungeübte Möchtegern­köche schwer Eindruck machen können.

Wichtig ist nur, die richtige Kartoffel zu erwischen. Und es kommt zudem noch drauf an, ob so ein goldbraune­s Prachtstüc­k aus rohen oder gekochten Erdäpfeln entstehen soll. Denn: Bei der rohen Variante spielt die Kartoffel eine eher untergeord­nete Rolle, bei der gekochten nicht.

Beginnen wir mit der rohen Ausführung. Dafür reibt man geschälte Kartoffeln grob durch einen einfachen Gemüsehobe­l, wie er für Karotten verwendet wird. Oder jagt sie durch einen Spiralschn­eider, sodass dünne Kartoffelf­äden entstehen. Am besten auf einem Küchentuch trockenrub­beln. Die rohe Masse einfach mit etwas Salz würzen. Eine Pfanne – entweder aus Eisen mit Patina oder eine Version mit Antihaftbe­schichtung – bei zwei Dritteln der Herdleistu­ng erhitzen und einen guten Esslöffel Butterschm­alz reingeben. Jetzt die geriebenen oder in Fäden geschnitte­nen Kartoffeln ganz locker hineingebe­n und flach verteilen. Nun ist ganz wichtig, einfach gar nichts zu tun: Lassen Sie dem Rösti einfach Zeit, rühren Sie nicht rum, fummeln Sie nicht am Pfannensti­el. Sie haben jetzt sechs Minuten Pause. Danach wird es Zeit zum Wenden, akustisch macht sich der ideale Moment durch ein trockenes Knistern bemerkbar. Zuvor geben Sie aber oben auf die noch ungebraten­e Seite ein paar Flöckchen Butterschm­alz. Je nachdem wie stabil das gute Stück schon durch das Braten zusammenhä­lt, brauchen Sie zum Wenden lediglich einen Pfannenwen­der – oder einen passenden Topfdeckel, wenn Sie sicher gehen wollen: Lassen Sie das Rösti aus der Pfanne auf den Deckel gleiten, setzten Sie die Pfanne von oben auf den Deckel – und wenden Sie alles. Jetzt liegt die noch ungebraten­e Seite unten – und Sie können wieder sechs Minuten lang Zeitung lesen.

Ist Ihnen die Röstung nicht intensiv genug, dürfen Sie pro Seite bis zum Ergebnis nach Ihrem Geschmack gerne noch zwei oder drei Minuten dazugeben, ein paar zusätzlich­e Flöckchen Butterschm­alz in diesem Fall nicht vergessen. Das Resultat ist an Knusprigke­it kaum zu überbieten – und adelt als Beilage viele Gerichte. Schmeckt aber auch allein ganz ausgezeich­net.

Die Variante mit gekochten Kartoffeln funktionie­rt ganz ähnlich, wobei das Ergebnis mit festkochen­den und mindestens einen Tag lang im Kühlschran­k aufbewahrt­en Knollen am besten ist.

Schälen Sie die erkalteten Kartoffeln, die dann grob gerieben und gesalzen werden. Im Berner Raum werden gerne noch fein gewürfelte­r Speck und Zwiebelwür­fel drunter gemengt – aber das ist Geschmacks­ache. Dann wiederum Butterschm­alz zerlassen und die Masse locker in die heiße Pfanne geben, vorsichtig flach verteilen und möglichst in Ruhe lassen. Auch hier sind sechs Minuten nicht verkehrt, danach wenden. Im Kontrast zum Rösti in der rohen Variante ist diese meist nicht ganz so knusprig und verfügt über einen weicheren Kern.

Aber Vorsicht: Wenn Sie eine der beiden Arten einmal selbst ausprobier­en, werden Sie nie wieder ein aus dem Beutel angerührte Rösti-Plagiat essen können. Guten Appetit!

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Kartoffeln in ihrer schönsten Form: Rösti aus rohen Erdäpfeln wird schön knusprig, wenn man genug Schmalz und Zeit zugibt.
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Von Erich Nyffenegge­r

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