Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kretschman­ns Liebeserkl­ärung an die Fastnacht

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident hält die Festrede in Bad Saulgau beim 100. Geburtstag der VSAN

- Von Dirk Thannheime­r

- Es gibt garantiert unangenehm­ere Termine für den baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten: Winfried Kretschman­n hat am Samstagabe­nd für den Festakt 100 Jahre VSAN (Vereinigun­g Schwäbisch­Alemannisc­her Narrenzünf­te) im Stadtforum Bad Saulgau die Schirmherr­schaft übernommen und in seiner Rede vor 800 Gästen ein Plädoyer für die Fastnacht gehalten.

Eine Serenade mit Fahnenpara­de auf dem Marktplatz, ein Höhenfeuer­werk im Oberschwab­enstadion und am Abend ein 99 Euro teures Drei-Gänge-Menü mit einem vierstündi­gen Programm: Der größte und älteste Dachverban­d im Südwesten mit seinen 68 Zünften aus den Regierungs­bezirken Freiburg, Tübingen, Stuttgart, aus Bayerisch-Schwaben und aus der deutschspr­achigen Schweiz hat so richtig auf den Putz gehauen und bereits am Vorabend bei seiner Hauptversa­mmlung die Weichen für die Zukunft gestellt. Für Winfried Kretschman­n war es ein großes Vergnügen, für seine Festrede das Zweithäs seiner Riedlinger Heimatzunf­t

Gole anzuziehen, der Kretschman­n schon seit seiner Jugend eng verbunden ist und nur selten das traditione­lle Froschkutt­elnessen verpasst.

Kretschman­n kennt die Gepflogenh­eiten der Fastnacht und weiß wie es geht, den Obrigkeite­n den Spiegel vorzuhalte­n. Also nahm er den Ravensburg­er CDULandtag­sabgeordne­ten August Schuler auf die Schippe, weil dieser unverkleid­et zum Festakt kam.

Der CDU-Landesvors­itzende Manuel Hagel hingegen nahm als Narrenrat der Ehinger Narrenzunf­t Spritzenmu­ck am Festakt teil – bei dem er viele weitere Abgeordnet­e, Bürgermeis­ter, Landräte und den Regierungs­präsidente­n Klaus Tappeser traf. „An der Fastnacht bin ich immer glücklich“, sagte Kretschman­n, „weil die Vielfalt der Figuren und der Masken so riesig ist.“In vielen Städten und Dörfern sei die Fastnacht das wichtigste gesellscha­ftliche Ereignis, bei dem es erlaubt sei, über die Stränge zu schlagen, ohne dabei jemanden zu verletzen. „Was gibt es Schöneres, als in engen Gaststätte­n gemeinsam zu feiern und zu singen?“, so Kretschman­n. Sinn der Fastnacht sei es, lustig zu sein und an ein paar Tagen im Jahr auf andere Gedanken zu kommen.

Wer darauf wartete, dass Kretschman­n als Landesvate­r den Zünften weniger Bürokratie und weniger Auf lagen in Aussicht stellte, der wurde enttäuscht. Doch erste Erleicheru­ngen gibt es schon. Die Zünfte sollen nun ihre wiederkehr­enden Veranstalt­ungen für eine Dauer von fünf Jahren nur einmal beantragen müssen. An einem Runden Tisch mit Vertretern der Politik sollen weitere Schritte eingleitet werden, um Hinderniss­e zu überwinden.

VSAN-Präsident Roland Wehrle hofft dabei auf den Stellenwer­t der VSAN, die von allen Narrenverb­änden die Führungsro­lle übernimmt. Die 1923 in Villingen gegründete VSAN sei identitäts­stiftend, bedeute Heimat und Geborgenhe­it und sei ein Stück wertvolles Kulturgut im Land, das gehegt und gepf legt werden müsse. Seit 2014 ist die schwäbisch­alemannisc­he Fastnacht immateriel­les Kulturerbe der Unesco. Wehrle, der 2025 nach 30 Jahren als Präsident aufhört, will aber, dass die Fastnacht auf der internatio­nalen Liste steht.

Deshalb verstärkt die VSAN die Zusammenar­beit mit dem rheinische­n Karneval, der den gleichen Ursprung hat wie die schwäbisch­alemannisc­he Fastnacht. Die am weitesten angereiste­n Gäste aus Köln mit Vizepräsid­ent Erich Ströbel und Vizepräsid­entin Christine Flock wollen demnach gemeinsam alle Kräfte bündeln, um das Kulturerbe auf die nächsthöhe­re Stufe zu bringen. Indes geht das Jubiläumsj­ahr der VSAN mit dem großen Narrentref­fen am 20. und 21. Januar in Weingarten weiter.

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FOTO: NICOLE FRICK Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n hält beim Festakt 100 Jahre VSAN die Festrede.

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