Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Özdemir pocht auf Tierwohlabgabe
Preisaufschlag auf tierische Produkte soll Bauern zugute kommen – Union gespalten
(AFP/dpa/sz) Die Protestwoche der Bauern ist zwar vorbei, doch auch in dieser Woche sind noch weitere Aktionen geplant. Ohnehin geht die Debatte über die Zukunft der deutschen Landwirtschaft weiter. So ist eine Diskussion über die von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir geforderte Einführung eines Preisaufschlags auf tierische Produkte entstanden. Der Grünen-Politiker pochte am Dienstag darauf. Der Preisaufschlag, wahlweise Bauern-Soli oder auch Tierwohlabgabe genannt, diene zur Unterstützung der Bauern. Zustimmung erhielt er hierfür teilweise auch aus den Reihen der Union. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt lehnte den Vorschlag jedoch ab.
„Das würde zu einer weiteren Verteuerung der Lebensmittel führen“, sagte Dobrindt am Dienstag im Bundestag in Berlin. Angesichts der anhaltend hohen Inflation und Preissteigerungen von bis zu zwölf Prozent bei den Lebensmitteln seien weitere preissteigernde Maßnahmen das „grundfalsche Signal“. Sinnvoller sei, über eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel nachzudenken. Anders als Dobrindt unterstützt Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) die Idee. „Mehr Tierschutz und höhere Standards kosten mehr Geld“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Özdemir lud derweil zusammen mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zum Agrarkongress
nach Berlin, um über Lösungen zu beraten. Zuvor war am Montag ein Gespräch von Landwirtschaftsvertretern mit den Spitzen der Ampel-Fraktionen im Bundestag ergebnislos geblieben. Die Bundesregierung will an der schrittweisen Abschaffung der Begünstigung von Agrardiesel bis 2026 festhalten; der Bauernverband fordert die Rücknahme dieser Maßnahme. Die Subventionierung müsse so lange weiterbestehen, „bis dieser Fehlbetrag über den Markt kompensiert werden kann“, sagte der Vorstandschef des Bundes Deutscher Milchviehhalter, Karsten Hansen. „Das ist aus unserer Sicht ein fairer Deal.“
Özdemir schlägt als Ausgleich eine Tierwohlabgabe vor. Wer dies ablehne, „muss ehrlich sein“ und solle den Bauern sagen: „Wir wollen keine Tierhaltung in Deutschland“, sagte er bei Welt TV. Wer „auch in Zukunft Fleisch aus Deutschland“möchte, müsse sagen, „wo das Geld dafür herkommen soll“. Empfehlungen für eine solche Abgabe hatte eine Kommission unter dem Vorsitz des einstigen Landwirtschaftsministers Jochen Borchert schon 2020 vorgelegt. Demnach könnten etwa je Kilo Fleisch 40 Cent Aufschlag fällig werden. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, sagte der „Bild“-Zeitung, eine solche Abgabe „würde zum Lackmustest, wie viel Tierwohl sich die Verbraucher leisten können“.