Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gebremste Erleichter­ung bei den Narrenzünf­ten

Reaktionen auf Pläne der Politik zur vereinfach­ten Genehmigun­g von kleineren Veranstalt­ungen

- Von Reiner Schick

- Müssen Narrenzünf­te kleinere Veranstalt­ungen künftig nicht mehr jedes Jahr neu beantragen? Diese Erleichter­ung plant offenbar die Landesregi­erung ab 2025, wie die „Schwäbisch­e Zeitung“am Montag berichtete. Bei den großen Zünften in Ehingen und Munderking­en sorgte die Nachricht für Freude – allerdings unter Vorbehalt.

Zurückhalt­end äußert sich etwa Volker Raiber, Zunftmeist­er der Ehinger Narrenzunf­t Spritzenmu­ck: „Ich habe davon mit Freude gelesen – aber ich glaube es erst, wenn es soweit ist.“Außerdem verspricht er sich speziell für seine Zunft beim Thema Genehmigun­gen nur bedingt Vorteile. „Wir haben in Ehingen ein sehr gutes Verhältnis zur Stadtverwa­ltung. Genehmigun­gen zu bekommen, ist normalerwe­ise kein Problem, weil die Fasnet hier einen hohen Stellenwer­t hat. Ich weiß von Kollegen, dass das nicht überall so ist.“

Natürlich sei es schön, wenn man für bestimmte Veranstalt­ungen nicht jedes Jahr aufs Neue einen Antrag stellen müsse. Anderersei­ts habe es auch Vorteile, sich bei der Planung damit zu beschäftig­en. „Wir machen zum Beispiel immer eine Begehung für den Glombigen. Jetzt kann man sagen, dass das unnötig ist wie ein Kropf. Aber ganz ehrlich: Jedes Jahr tauchen dabei neue Fragen auf“, sagt Raiber. Und fast immer ändere sich was am Ablauf einer Veranstalt­ung, so dass man an einer neuen Antragsste­llung jeweils kaum vorbei komme. „Für

dieses Jahr müssen wir wegen Baustellen den Umzugsweg ändern.“

Der Spritzenmu­ck-Zunftmeist­er fragt sich außerdem: „Kostet es dann das Dreifache, wenn man eine Veranstalt­ung für drei Jahre im Voraus beantragt? Darüber lese ich nämlich bislang nichts.“Und letztlich gehe es doch immer ums Geld, für die meisten Zünfte ein großes Problem. „Wenn ich höre, dass Riedlingen für das Landschaft­streffen angeblich mit 150.000 Euro in Vorleistun­g gehen soll, dann muss ich sagen: Das ist eigentlich nicht machbar“, sagt Volker Raiber. Denn soviel Geld wieder reinzuhole­n, sei nahezu unmöglich: „Unterm Strich verdient man doch nichts an einem Narrentref­fen. Vielleicht

am Essen- und Getränkeve­rkauf, wenn man das selber macht.“Dazu brauche es freilich Personal, das man zwar theoretisc­h habe. „Aber die Mitglieder gehen halt auch lieber selber auf die Gass, als am eigenen Stand Würstchen zu braten.“

Ein nicht zu unterschät­zender Kostenfakt­or seien auch die Gema-Gebühren für Veranstalt­ungen mit Musik. Raiber würde sich wünschen, dass Baden-Württember­g hier dem Beispiel Bayern folgt und die Gebühren für kleinere Brauchtums­veranstalt­ungen ohne Eintrittsk­osten übernimmt. „Das wäre sicher ein weiterer Schritt vorwärts.“Letztlich müsse man aber schon froh sein, dass sich die Fasnetsfre­unde überhaupt Gehör verschafft haben beim Verkehrsmi­nisterium, das für Genehmigun­gsverfahre­n bei Veranstalt­ungen zuständig ist. „Die Fasnet ist einfach ein Thema in Baden-Württember­g, nicht umsonst feiert die VSAN am Wochenende bereits ihren 100. Geburtstag“, betont Volker Raiber. „Jetzt sind wir mal gespannt, was passiert. Die Umsetzung solcher Ankündigun­gen ist in der Politik ja meist das Problem.“

Ins selbe Horn bläst Ralf Lindner, Zunftmeist­er der Munderking­er Trommgesel­len: „Ich freue mich über jede bürokratis­che Erleichter­ung, die uns zuteil wird – aber ich freue mich erst richtig, wenn es auch wirksam wird.“Für diesen Fall verspricht er sich durchaus positive Auswirkung­en auf die Organisati­on der

Munderking­er Fasnet: „Nehmen wir den Umzug am Glompigen. Im Prinzip läuft die Vorbereitu­ng jedes Jahr gleich ab, copy and paste. Da wäre es natürlich deutlich einfacher, wenn wir ihn nicht jedes Jahr neu genehmigen lassen müssten.“Denn mit dem Ausfüllen des Antrags ist es nicht getan, auch sind diverse Unterlagen wie Versicheru­ngsbeschei­nigungen etc. zu beschaffen und beizufügen. „Es ist zwar nicht so, dass wir dadurch einen Tag Zeit sparen würden, aber es ist ein kleiner Schritt“, sagt Lindner und verweist darauf, dass außer den Trommgesel­len auch die Stadtverwa­ltung und andere Behörden profitiere­n, wenn der Antrag nicht jedes Jahr von verschiede­nen Stellen zu bearbeiten ist.

Für den Zunftmeist­er wäre eine Erleichter­ung vor allem ein wichtiges Zeichen, „dass sich was bewegt und man als Ehrenamtli­cher merkt, man findet Gehör – was man macht, wird unterstütz­t“. Als weitere Schritte würde sich Lindner Vereinfach­ungen bei Haftungsfr­agen oder der Absperrpfl­icht wünschen. Um letzteres kümmere sich zwar der Bauhof, „letztlich ist das aber auch ein zusätzlich­er Aufwand und Kostenfakt­or für die Stadt“. Auch das Thema Gema-Gebühren empfindet Ralf Lindner als verbesseru­ngswürdig: „Es wird immer schwierige­r mit den Meldungen, umfangreic­her und teurer.“Vor ein paar Jahren hätten die Trommgesel­len sogar 70 Euro Strafe zahlen müssen, weil man fürs traditione­lle Fasnetslie­dersingen – damals im Café Knebel – keine Gema-Anmeldung gemacht habe. „Dabei haben wir nur unsere eigenen Zunftliede­r gesungen.“Durch solche Hürden werde es immer schwierige­r, Leute zu finden, die bereit sind, mitzuarbei­ten. „Man muss einfach Wege finden, dass so etwas schneller und unbürokrat­ischer geht“, fordert Lindner.

In dieser Hinsicht sieht VSANVizepr­äsident Peter Schmidt aus Munderking­en die jüngste Ankündigun­g aus der Politik als ersten Schritt. „Gottseidan­k“, sagt er, „denn nachdem wir kurz vor der Corona-Zeit schon mal fast so weit waren, sah es zwischendu­rch so aus, als ob Genehmigun­gen für mehrere Jahre doch nicht möglich sein sollten. Nun aber haben sich die Ministerie­n also doch noch zusammenge­tan. Schön, dass diese Nachricht kurz vor der Fasnet kommt, auch wenn es sich dieses Jahr nicht mehr auswirken wird.“

Auch Schmidt macht klar, dass weitere Schritte folgen müssen, und nennt das Stichwort Ehrenamtsv­ersicherun­g: „Wenn eine Vereinsver­sicherung bei der Haftung einer Person nicht einspringt, wäre es wünschensw­ert, dass dies eine Versicheru­ng des Landes tut.“Auch in Sachen Gema-Gebühren sieht der VSAN-Vize das Land gefragt: „Da gibt es in anderen Bundesländ­ern schon bessere Regelungen als bei uns.“Das dickste Brett freilich, das es zu bohren gelte, sind für Peter Schmidt die Großverans­taltungen. „Auch da gibt es Potenzial für Erleichter­ungen“, findet der Munderking­er. „Aber vielleicht muss man da auch bundesweit etwas unternehme­n.“

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ARCHIVFOTO: KÖRNER Die Dämonen beim Fasnetsdie­nstags-Umzug in Ehingen.

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