Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gebremste Erleichterung bei den Narrenzünften
Reaktionen auf Pläne der Politik zur vereinfachten Genehmigung von kleineren Veranstaltungen
- Müssen Narrenzünfte kleinere Veranstaltungen künftig nicht mehr jedes Jahr neu beantragen? Diese Erleichterung plant offenbar die Landesregierung ab 2025, wie die „Schwäbische Zeitung“am Montag berichtete. Bei den großen Zünften in Ehingen und Munderkingen sorgte die Nachricht für Freude – allerdings unter Vorbehalt.
Zurückhaltend äußert sich etwa Volker Raiber, Zunftmeister der Ehinger Narrenzunft Spritzenmuck: „Ich habe davon mit Freude gelesen – aber ich glaube es erst, wenn es soweit ist.“Außerdem verspricht er sich speziell für seine Zunft beim Thema Genehmigungen nur bedingt Vorteile. „Wir haben in Ehingen ein sehr gutes Verhältnis zur Stadtverwaltung. Genehmigungen zu bekommen, ist normalerweise kein Problem, weil die Fasnet hier einen hohen Stellenwert hat. Ich weiß von Kollegen, dass das nicht überall so ist.“
Natürlich sei es schön, wenn man für bestimmte Veranstaltungen nicht jedes Jahr aufs Neue einen Antrag stellen müsse. Andererseits habe es auch Vorteile, sich bei der Planung damit zu beschäftigen. „Wir machen zum Beispiel immer eine Begehung für den Glombigen. Jetzt kann man sagen, dass das unnötig ist wie ein Kropf. Aber ganz ehrlich: Jedes Jahr tauchen dabei neue Fragen auf“, sagt Raiber. Und fast immer ändere sich was am Ablauf einer Veranstaltung, so dass man an einer neuen Antragsstellung jeweils kaum vorbei komme. „Für
dieses Jahr müssen wir wegen Baustellen den Umzugsweg ändern.“
Der Spritzenmuck-Zunftmeister fragt sich außerdem: „Kostet es dann das Dreifache, wenn man eine Veranstaltung für drei Jahre im Voraus beantragt? Darüber lese ich nämlich bislang nichts.“Und letztlich gehe es doch immer ums Geld, für die meisten Zünfte ein großes Problem. „Wenn ich höre, dass Riedlingen für das Landschaftstreffen angeblich mit 150.000 Euro in Vorleistung gehen soll, dann muss ich sagen: Das ist eigentlich nicht machbar“, sagt Volker Raiber. Denn soviel Geld wieder reinzuholen, sei nahezu unmöglich: „Unterm Strich verdient man doch nichts an einem Narrentreffen. Vielleicht
am Essen- und Getränkeverkauf, wenn man das selber macht.“Dazu brauche es freilich Personal, das man zwar theoretisch habe. „Aber die Mitglieder gehen halt auch lieber selber auf die Gass, als am eigenen Stand Würstchen zu braten.“
Ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor seien auch die Gema-Gebühren für Veranstaltungen mit Musik. Raiber würde sich wünschen, dass Baden-Württemberg hier dem Beispiel Bayern folgt und die Gebühren für kleinere Brauchtumsveranstaltungen ohne Eintrittskosten übernimmt. „Das wäre sicher ein weiterer Schritt vorwärts.“Letztlich müsse man aber schon froh sein, dass sich die Fasnetsfreunde überhaupt Gehör verschafft haben beim Verkehrsministerium, das für Genehmigungsverfahren bei Veranstaltungen zuständig ist. „Die Fasnet ist einfach ein Thema in Baden-Württemberg, nicht umsonst feiert die VSAN am Wochenende bereits ihren 100. Geburtstag“, betont Volker Raiber. „Jetzt sind wir mal gespannt, was passiert. Die Umsetzung solcher Ankündigungen ist in der Politik ja meist das Problem.“
Ins selbe Horn bläst Ralf Lindner, Zunftmeister der Munderkinger Trommgesellen: „Ich freue mich über jede bürokratische Erleichterung, die uns zuteil wird – aber ich freue mich erst richtig, wenn es auch wirksam wird.“Für diesen Fall verspricht er sich durchaus positive Auswirkungen auf die Organisation der
Munderkinger Fasnet: „Nehmen wir den Umzug am Glompigen. Im Prinzip läuft die Vorbereitung jedes Jahr gleich ab, copy and paste. Da wäre es natürlich deutlich einfacher, wenn wir ihn nicht jedes Jahr neu genehmigen lassen müssten.“Denn mit dem Ausfüllen des Antrags ist es nicht getan, auch sind diverse Unterlagen wie Versicherungsbescheinigungen etc. zu beschaffen und beizufügen. „Es ist zwar nicht so, dass wir dadurch einen Tag Zeit sparen würden, aber es ist ein kleiner Schritt“, sagt Lindner und verweist darauf, dass außer den Trommgesellen auch die Stadtverwaltung und andere Behörden profitieren, wenn der Antrag nicht jedes Jahr von verschiedenen Stellen zu bearbeiten ist.
Für den Zunftmeister wäre eine Erleichterung vor allem ein wichtiges Zeichen, „dass sich was bewegt und man als Ehrenamtlicher merkt, man findet Gehör – was man macht, wird unterstützt“. Als weitere Schritte würde sich Lindner Vereinfachungen bei Haftungsfragen oder der Absperrpflicht wünschen. Um letzteres kümmere sich zwar der Bauhof, „letztlich ist das aber auch ein zusätzlicher Aufwand und Kostenfaktor für die Stadt“. Auch das Thema Gema-Gebühren empfindet Ralf Lindner als verbesserungswürdig: „Es wird immer schwieriger mit den Meldungen, umfangreicher und teurer.“Vor ein paar Jahren hätten die Trommgesellen sogar 70 Euro Strafe zahlen müssen, weil man fürs traditionelle Fasnetsliedersingen – damals im Café Knebel – keine Gema-Anmeldung gemacht habe. „Dabei haben wir nur unsere eigenen Zunftlieder gesungen.“Durch solche Hürden werde es immer schwieriger, Leute zu finden, die bereit sind, mitzuarbeiten. „Man muss einfach Wege finden, dass so etwas schneller und unbürokratischer geht“, fordert Lindner.
In dieser Hinsicht sieht VSANVizepräsident Peter Schmidt aus Munderkingen die jüngste Ankündigung aus der Politik als ersten Schritt. „Gottseidank“, sagt er, „denn nachdem wir kurz vor der Corona-Zeit schon mal fast so weit waren, sah es zwischendurch so aus, als ob Genehmigungen für mehrere Jahre doch nicht möglich sein sollten. Nun aber haben sich die Ministerien also doch noch zusammengetan. Schön, dass diese Nachricht kurz vor der Fasnet kommt, auch wenn es sich dieses Jahr nicht mehr auswirken wird.“
Auch Schmidt macht klar, dass weitere Schritte folgen müssen, und nennt das Stichwort Ehrenamtsversicherung: „Wenn eine Vereinsversicherung bei der Haftung einer Person nicht einspringt, wäre es wünschenswert, dass dies eine Versicherung des Landes tut.“Auch in Sachen Gema-Gebühren sieht der VSAN-Vize das Land gefragt: „Da gibt es in anderen Bundesländern schon bessere Regelungen als bei uns.“Das dickste Brett freilich, das es zu bohren gelte, sind für Peter Schmidt die Großveranstaltungen. „Auch da gibt es Potenzial für Erleichterungen“, findet der Munderkinger. „Aber vielleicht muss man da auch bundesweit etwas unternehmen.“