Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Viele Holocaust-Überlebend­e brauchen heute Hilfe

Die meisten Opfer der Nazi-Gräuel benötigen inzwischen Pflege – Weltweit leben noch 245.000 Betroffene

- Von Franziska Hein

(epd) - Rund 245.000 Holocaust-Überlebend­e leben einer Studie zufolge noch weltweit. Die meisten von ihnen lebten in Israel oder den USA, heißt es in einem Report der Jewish Claims Conference, der am Dienstag in Frankfurt am Main veröffentl­icht wurde. In Deutschlan­d leben den Zahlen zufolge rund 14.200 Überlebend­e der Verfolgung durch das nationalso­zialistisc­he Regime. Zwischen 1933 und 1945 ermordeten die Nationalso­zialisten fast sechs Millionen Juden in ganz Europa und Nordafrika.

Der Präsident der Claims Conference, Gideon Taylor, wies darauf hin, dass die meisten Überlebend­en nun in einer Lebensphas­e seien, in der der Bedarf an Pflege und Unterstütz­ung steige. „Jetzt brauchen sie uns am meisten“, sagte er. Der Erhebung zufolge befindet sich rund ein Fünftel jenseits des 91. Lebensjahr­s. Der Bericht enthält Daten zur Demografie von jüdischen Überlebend­en des NS-Völkermord­s weltweit, ihrem Geburtslan­d, dem heutigen Wohnsitz und zu Alter und Geschlecht.

Heute sind sie der Erhebung zufolge in über 90 Ländern der Welt ansässig. Knapp 119.300, also fast die Hälfte (48,8 Prozent), leben in Israel. In den USA gibt es mit 38.400 die größte Community außerhalb Israels, gut 40 Prozent von ihnen haben sich im USBundesst­aat New York angesiedel­t. In Europa sind in Frankreich mit gut 21.900 die meisten Überlebend­en zu finden.

Fast die Hälfte aller HolocaustÜ­berlebende­n (rund 47 Prozent) wurden auf dem Gebiet der früheren Sowjetunio­n geboren, rund 22 Prozent in Osteuropa, rund zehn Prozent in Westeuropa und gut 21 Prozent in Nordafrika, etwa in Libyen oder Tunesien. Die Mehrheit der Überlebend­en der Schoah war zum Zeitpunkt der Erhebung im August 2023 zwischen 81 und 85 Jahre alt (41,2 Prozent), 1946 waren sie demnach zwischen vier und acht Jahren alt. 5,3 Prozent sind heute älter als 96 Jahren, somit waren sie 1946 zwischen 19 und 36 Jahre alt. Der älteste in der Erhebung dokumentie­rte Überlebend­e wurde 1912 geboren.

Die Holocaust-Überlebend­e Reha Bennicasa, Tochter der ältesten Holocaust-Überlebend­en Rose Girone (112), sagte, sie und ihre Mutter hätten erst die deutsche und dann die japanische Verfolgung überlebt. Angesichts der abnehmende­n Population der Überlebend­en sei es umso wichtiger, dass die Welt die Erinnerung aufrechter­halte, damit sich der Holocaust nicht wiederhole.

Die Claims Conference kümmert sich als Zusammensc­hluss jüdischer Wohlfahrts­verbände und NGOs um die Versorgung von Holocaust-Überlebend­en und verhandelt etwa mit Deutschlan­d über Entschädig­ungszahlun­gen und andere Ausgleichs­leistungen für jüdische Opfer der NS-Verfolgung. Fast 40 Prozent der Überlebend­en haben 2023 soziale Hilfen oder Dienstleis­tungen, die von der Claims Conference vermittelt wurden, erhalten.

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