Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Fast 200 Paare lassen sich 2023 trauen
Rainer Ganser startet in Laupheim in sein letztes Jahr als Standesbeamter
- Es ist sein letztes Jahr bei der Stadt Laupheim: Rainer Ganser, 64 Jahre alt, Standesbeamter mit Leib und Seele. Für die perfekte Hochzeit eines Brautpaares schmeißt er sich auch mal in Leder-Jacke oder Tracht. „Wenn es von Herzen kommt, warum sollte ich da nicht mitmachen“, sagte Ganser einmal der „Schwäbischen Zeitung“. Ende des Jahres tritt er in den Ruhestand. „Mir macht meine Arbeit als Standesbeamter riesigen Spaß. Wenn ich draußen unterwegs bin, werde ich oft darauf angesprochen. Es wird mir schon fehlen.“
Fast 200 Paare haben Ganser und seine Kollegin Eva-Maria Pantel, beide Vollstandesbeamte der Stadt Laupheim, im vergangenen Jahr getraut. „Wir hatten etwas mehr Eheschließungen als im Vorjahr“, sagt Ganser. Damals haben 187 Paare den Bund der Ehe geschlossen. Besonders beliebt, um sich das Jawort zu geben, sind die fünfzehn Trausamstage von April bis Oktober. Auch für 2024 ist der Kalender schon gut gefüllt. „Die Hälfte der Trausamstage ist ausgebucht“, sagt Ganser. Acht Trauungen schafft er an einem Trausamstag.
Beliebtester Monat, um sich in Laupheim das Jawort zu geben, war der Juli (38), gefolgt von September (29) und Mai (25). Die Trauungen finden im kleinen Schlössle oder im Salzbüchsle am Schloss Großlaupheim statt.
Zur Statistik des vergangenen Jahres: Das Standesamt verzeichnet 198 Eheschließungen. Der jüngste Bräutigam war 23 Jahre und die jüngste Braut 20 Jahre alt. Der älteste Bräutigam war 82; die älteste Braut 72. Für 58 Menschen war es die zweite Ehe – für fünf die Dritte. Der bundesweite Rückgang der Scheidungsrate macht sich auch in Laupheim statistisch bemerkbar. 2023 wurden 40 Ehen wieder geschieden. Im Vorjahr waren es noch 51.
Was die Namensführung angeht, ist Laupheim konservativ: 159 Paare nahmen den Familiennamen des Mannes an; 13 den der Frau. In 26 Fällen behielten die Eheleute den jeweils eigenen Nachnamen. Auch Fälle, in denen sich das Paar nicht festlegen
kann, kennt Ganser aus Erfahrung. Ein Paar habe einst die Münze entscheiden lassen.
Von den knapp 200 Eheschließungen, die Pantel und Ganser jährlich vollziehen, sind etwa fünf gleichgeschlechtliche Ehen. Im vergangenen Jahr haben sich auch Stefan Brosa und Stephan Hohmann in Laupheim das Jawort gegeben. Die Absicht zu heiraten, hatten beide schon länger. „Lange war es uns in Deutschland
aber nicht möglich, klassisch zu heiraten“, sagt Stefan. Den Weg für die gleichgeschlechtliche Ehe ebnete der Deutsche Bundestag im Juni 2017. Zuvor konnten gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland nur eine eingetragene Lebenspartnerschaft schließen, die im Vergleich zur Zivilehe rechtlich benachteiligt war.
Am 24. Mai heiraten Stefan und Stephan im SalzbüchsleTurm des Schlosses Großlaupheim.
„Das Datum war uns sehr wichtig. Es ist unser Jahrestag“, betonen die „Stefphans“. 25 Jahre sind beide zu diesem Zeitpunkt ein Paar. Kennengelernt haben sie sich zu Schulzeiten in ihrer Heimatstadt Bottrop. Die Arbeit führt sie im Jahr 2000 in den Kreis Biberach. Im Jahr 2015 baut das Paar in Bihlafingen ihr Traumhaus. „Wir sind inzwischen voll in Laupheim angekommen und fühlen uns sehr mit der Stadt verbunden“, schildert Stephan. So sei auch die Wahl für den Ort der Trauung auf das Schloss in Laupheim gefallen.
„Wir wollten es recht kleinhalten“, erinnert Stefan sich. Beim Eheversprechen sind „nur“er und sein Partner Stephan, ihr Trauzeuge, ein befreundeter Fotograf sowie Standesbeamter Rainer Ganser anwesend. Das Lied „Das Heiligste der Welt“erklingt, während das Paar eine Kerze entzündet. „Die Auswahl des Liedes war uns sehr wichtig, denn es sagt so viel darüber aus, was wir füreinander empfinden“, erörtert Stephan. Dann folgt das Eheversprechen, bei dem allen Anwesenden die Tränen in den Augen stehen.
„Die Trauung durch Rainer war so herzlich“, schwärmt Brosa. Er und Ganser hätten sich schon vor den Hochzeitsplänen gekannt. „Rainer trainiert in dem Fitnessstudio, in dem ich nebenbei als Trainer arbeite“– es sei eine große Überraschung gewesen, als der Standesbeamte erkannt habe, wer da vor ihm sitzt.
Zurück zur Hochzeit: Nach der Trauung warten bereits Arbeitskollegen auf die Frischvermählten: „Sie standen mit Rosen bereit und hatten alles für einen Sektempfang dabei, das war so eine schöne Überraschung. Es war ein traumhafter Tag, bei bestem Anzugwetter“, erinnert sich Stefan. Diesen rundet ein Fotoshooting im Schlossgarten ab. Am nächsten Morgen startet das frischverheiratete Paar in die Flitterwochen – kurz vorher gehen die eben noch fix erstellten Einladungen zum „After Wedding Dinner“mit den Hochzeitsfotos an die Familien in NRW raus.
„Wir hatten der Familie nichts gesagt“, berichten sie. Die Überraschung ist riesig, als die beiden Vermählten nach ihren Flitterwochen die Bombe platzen lassen: „Im Vorfeld hatten wir uns mit jedem Einzelnen unter einem Vorwand verabredet, sodass auch sichergestellt war, dass alle an dem Tag Zeit haben. Es wurde sehr emotional.“