Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Lehrer klagen auf Arbeitszeiterfassung
Pädagogen aus Baden-Württemberg sind Vorreiter – Kultusminister warten auf Bundesgesetz
- Zwei Gymnasiallehrkräfte aus Baden-Württemberg haben beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klagen auf Arbeitszeiterfassung eingereicht. Der Philologenverband (PhV) im Südwesten, der Gymnasiallehrkräfte vertritt, unterstützt die Klage. Das bestätigte der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl der „Schwäbischen Zeitung“. Den Schritt hatte er im September angekündigt.
Mit ihren Klagen sind die Lehrerin und der Lehrer aus dem Regierungsbezirk Stuttgart bundesweit Vorreiter. Weitere Initiativen
dieser Art seien ihm nicht bekannt, sagte ein Sprecher der Kultusministerkonferenz (KMK), in der sich die 16 Bildungsminister der Länder koordinieren.
Bereits 2019 hatte der Europäische Gerichtshof den EU-Mitgliedsstaaten aufgetragen, Arbeitgeber auf eine Erfassung der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu verpf lichten. Das Bundesarbeitsgericht hatte das Urteil 2022 für Deutschland bestätigt. Bislang ringt die Ampel-Koalition in Berlin um ein solches Gesetz.
Die KMK hatte beim zuständigen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf Ausnahmen für Lehrkräfte gedrängt – was dieser abgelehnt hat. Nun warten die Länder auf einen Vorschlag vom Bund, wie ein Sprecher von Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) betonte. „Grundsätzlich kann es bei der Zeiterfassung nur ein abgestimmtes Vorgehen aller Länder geben“, sagte er. Das juristische Verfahren werde man aber aufmerksam verfolgen.
Der PhV im Südwesten wollte nicht länger warten. „Wir haben die Faxen dicke“, so Scholl. Die beiden klagenden Lehrkräfte hatten über Jahre ihre tatsächliche Arbeitszeit erfasst. Als Landesbeamte
haben Lehrkräfte eine 41Stunden-Woche und müssen damit gut 1800 Stunden im Jahr arbeiten. Beide hatten laut Scholl aber mehr als 2000 Stunden erfasst. Darauf sowie auf etliche Studien zur Arbeitszeit von Lehrkräften beziehe sich die Klage. Vor allem Erhebungen der Uni Göttingen bescheinigen Lehrkräften unterschiedlichster Bundesländer regelmäßig, im Durchschnitt mehr zu arbeiten als vorgesehen. Einen Ausgleich für Überstunden bekommen sie nicht. Denn vorgegeben ist ihnen nur, wie viel Unterricht sie halten müssen.