Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zeiterfass­ung gegen Klischees

- Von Kara Ballarin k.ballarin@schwaebisc­he.de

Gegen Vorurteile gibt es nur ein probates Mittel: Fakten. Das Klischee der faulen Lehrkräfte, die vormittags recht, nachmittag­s frei und 75 Tage im Jahr Urlaub haben, ist nur dadurch zu widerlegen, dass ihre tatsächlic­he Arbeit erfasst wird. Wenn sich die Gesetzgebe­r in Berlin – mal wieder – gegenseiti­g blockieren, könnte es einmal mehr den Gerichten zufallen, Fortschrit­t zu schaffen. Erfreulich also, dass zwei Gymnasiall­ehrkräfte aus Baden-Württember­g vorpresche­n und darauf klagen, ihre tatsächlic­he Arbeitzeit dokumentie­rt zu wissen.

Eine Studie nach der anderen kommt zum immer gleichen Ergebnis: Die durchschni­ttliche Lehrkraft arbeitet deutlich mehr als sie vertraglic­h muss. Nicht nur während der Schultage, sondern auch am Wochenende und in der Nacht. Aufs Jahr gerechnet können sie mit den Ferienzeit­en die geleistete Arbeit gar nicht ausgleiche­n. Das Problem hierbei ist nicht der Unterricht, denn der ist zeitlich vorgegeben. Was viele Pädagogen derweil an den Rand des Burnouts oder vielfach darüber hinaus treibt, ist die Arbeit, die niemand sieht: Korrekture­n, Konferenze­n, Klassenfah­rten, Elterngesp­räche, Fortbildun­gen und vieles mehr. Im Gegensatz zu anderen Beamten und den allermeist­en Angestellt­en bekommen sie aber keine Kompensati­on für ihre Überstunde­n.

Die Folge dieser sich verschärfe­nden Entwicklun­g: Der Lehrerberu­f wird immer unattrakti­ver. Die Verbeamtun­g verliert unter jungen Menschen an Strahlkraf­t, die flexible Teilzeitge­staltung ist aufgrund des massiven Lehrkräfte­mangels inzwischen vielerorts eingeschrä­nkt. Was wieder mehr Menschen für diesen Job motivieren könnte, wären also gute Arbeitsbed­ingungen, in denen endlich Arbeitssch­utzverordn­ungen eingehalte­n werden und geleistete Arbeit anerkannt wird.

Dafür muss das Deputatsmo­dell fallen, das Lehrkräfte­n nur Unterricht­szeit verordnet. Sie verdienen zugeteilte Zeit für alle Tätigkeite­n – für Unterricht abgestuft nach Klassenstu­fe, Fach und Schulart, aber auch weitere Aufgaben. Dann müssten zum Beispiel vielleicht Sportlehre­r mehr unterricht­en und schulische Aufgaben übernehmen, andere Lehrkräfte aber würden entlastet.

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