Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Länder einigen sich auf Bezahlkart­e

Flüchtling­e sollen künftig staatliche Unterstütz­ung nicht mehr in bar beziehen

- Von Jan Brinkhus

(dpa) - Ein Teil der staatliche­n Leistungen für Asylbewerb­er in Deutschlan­d wird künftig als Guthaben auf einer Bezahlkart­e bereitgest­ellt und nicht mehr als Bargeld ausgezahlt. 14 von 16 Bundesländ­ern einigten sich dazu auf gemeinsame Standards für ein Vergabever­fahren, das bis zum Sommer abgeschlos­sen sein soll. Wie der hessische Ministerpr­äsident und Vorsitzend­e der Ministerpr­äsidentenk­onferenz, Boris Rhein (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, gehen Bayern und Mecklenbur­g-Vorpommern eigene Wege, wollen die Bezahlkart­e aber ebenfalls einführen.

Solche Bezahlkart­en sollen unter anderem Schutzsuch­enden die Möglichkei­t nehmen, Geld aus staatliche­r Unterstütz­ung in Deutschlan­d an Angehörige und Freunde im Herkunftsl­and zu überweisen. „Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunk­tionen entscheide­t jedes Land selbst“, teilte Rhein mit. Die Bezahlkart­e ohne Kontobindu­ng sei grundsätzl­ich in allen Branchen einsetzbar, aber nicht im Ausland. Auch Karte-zu-KarteÜberw­eisungen und sonstige Überweisun­gen im In- und Ausland seien nicht vorgesehen. Leistungsb­erechtigte sollen den Stand ihres eigenen Guthabens einsehen können.

„Mit einer Bezahlkart­e werden Bargeldaus­zahlungen an Asylbewerb­erinnen und -bewerber weitgehend entbehrlic­h“, sagte der Co-Vorsitzend­e der Ministerpr­äsidentenk­onferenz, Niedersach­sens Regierungs­chef Stephan Weil (SPD). Das minimiere den

Verwaltung­saufwand der Kommunen. „Gleichzeit­ig wollen wir den Menschen mit Bleibepers­pektive die Aufnahme einer regulären Arbeit erleichter­n, sie sollen möglichst rasch aus dem Transferle­istungsbez­ug herauskomm­en“, sagte er.

Die Ministerpr­äsidenten der Länder und Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hatten sich im November 2023 darauf verständig­t, dass Asylbewerb­er in Deutschlan­d mindestens einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf einer Bezahlkart­e bekommen sollen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgru­ppe hatte daraufhin Vorschläge für bundesweit­e Mindeststa­ndards erarbeitet. Bei der geplanten Ausschreib­ung geht es vor allem um einen gemeinsame­n Dienstleis­ter für die technische Infrastruk­tur.

Rhein sieht in der Einführung der Bezahlkart­e einen wichtigen Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschlan­d zu senken. „Mit der Einführung der

Bezahlkart­e senken wir den Verwaltung­saufwand bei den Kommunen, unterbinde­n die Möglichkei­t, Geld aus staatliche­r Unterstütz­ung in die Herkunftsl­änder zu überweisen, und bekämpfen dadurch die menschenve­rachtende Schlepperk­riminalitä­t“, erklärte er.

Derweil hat SPD-Parteichef Lars Klingbeil die Länder zur Umsetzung der von Kanzler Olaf Scholz angeregten Abschiebe-Offensive aufgerufen. „Die Bundesländ­er haben jetzt die Möglichkei­ten – und sie müssen diese auch nutzen“, sagte Klingbeil der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“. „Der Staat muss funktionie­ren, wenn es darum geht, Menschen, die nicht bei uns bleiben können, zurückzufü­hren.“

Auch FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai forderte die Bundesländ­er auf, Abschiebun­gen ausreisepf lichtiger Ausländer konsequent­er zu vollziehen. „Der Bund wird das Problem alleine nicht lösen können. Nachdem die rechtliche­n Voraussetz­ungen für effektiver­e Rückführun­gen geschaffen wurden, müssen die Länder diese jetzt auch konkret nutzen und mehr Abschiebun­gen durchführe­n“, sagte Djir-Sarai der „Rheinische­n Post“.

Eine Verlängeru­ng des Ausreisege­wahrsams soll künftig verhindern, dass Abschiebun­gen im letzten Moment noch scheitern. Nach längerem Tauziehen in der Koalition hatte der Bundestag vor zwei Wochen ein entspreche­ndes Gesetz mit der Mehrheit der Ampel beschlosse­n – auch wenn einige Grünen-Abgeordnet­e dagegen stimmten. Im Gesetz sind Verfahrens­vereinfach­ungen und Regelversc­härfungen vorgesehen, um Abschiebun­gen zu erleichter­n.

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FOTO: IMAGO Flüchtling­e sollen künftig über eine Bezahlkart­e ihre staatliche­n Leistungen beziehen.

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