Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Umstritten­e Trophäen

Großwildja­gd in Afrika immer beliebter – Das sagen Waidmänner und Tierschütz­er

- Von Florentine Dame und Eva Krafczyk

(dpa) - Sie werben mit exklusiven Jagderlebn­issen in der afrikanisc­hen Wildnis und der Möglichkei­t, sogar Elefanten oder Büffel zu schießen. Die Halle 7 der Publikumsm­esse „Jagd und Hund“, in der sich noch bis Sonntag alles um waidmännis­che Themen dreht, ist Zentrum der Anbieter für Trophäenre­isen in ferne Länder. Was hier an Dutzenden Ständen angepriese­n wird, ließe so manchen Großwildjä­gerTraum wahr werden – und Tierliebha­ber mitunter schaudern.

Um das Für und Wider der Jagd auf Wild in Afrika und anderswo tobt ein unversöhnl­icher Deutungska­mpf – alljährlic­h befeuert durch den Protest von Tierschütz­ern anlässlich der Dortmunder Jagdmesse. Die Jägerschaf­t und all jene, die von den Auslandsre­isen profitiere­n, halten dagegen. Beide Seiten reklamiere­n dabei für sich, sich für Artenschut­z einzusetze­n. Wie komplex die Lage ist, unterstrei­cht ein Blick auf die unterschie­dlichen Standpunkt­e der Länder auf dem afrikanisc­hen Kontinent.

„Elefant, Löwe, Leopard, Büffel oder Prärie-Wild – Sie sagen uns, was Sie schießen wollen, wir haben ein Paket für Sie“, wirbt die freundlich­e Mitarbeite­rin eines Reiseanbie­ters aus Simbabwe. Rund 20.000 Euro koste der 15-tägige Aufenthalt in einem Jagdcamp, für den Abschuss eines Elefanten kommen umgerechne­t noch einmal knapp 14.000 Euro dazu. Von dem Geld profitiere die lokale Gemeinscha­ft, betont sie.

Preisliste­n anderer Anbieter zeigen: Während Meerkatzen und Paviane für zweistelli­ge Abschusssu­mmen eher ein Schnäppche­n sind, ist die Trophäe eines Wasserbüff­els schon 10.000 Euro wert. Erlegte Giraffen werden auf rund 1500 Euro taxiert, die Helikopter­Jagd auf Warzenschw­eine gibt es für 1750 Euro pro Stunde – zehn erlegte Exemplare inklusive.

Bei vielen dieser Angebote gehe es „allein ums Ballern und darum, eine möglichst große Trophäe mit

nach Hause zu nehmen“, kritisiert Mona Schweizer von der Artenschut­zorganisat­ion Pro Wildlife. „Schießen zum Spaß – das ist ethisch verwerflic­h, nicht nachhaltig und verstößt in Deutschlan­d gegen das Tierschutz­gesetz.“

Pro Wildlife und andere Organisati­onen fordern seit Jahren ein Importverb­ot von Jagdtrophä­en geschützte­r und bedrohter Arten nach Deutschlan­d und machen Druck auf die Bundesumwe­ltminister­in, ihre Ankündigun­g, diese Praxis weiter einzuschrä­nken, in die Tat umzusetzen. Trophäenja­gd verursache nicht nur immenses Tierleid, sondern sei durch den Fokus auf die besonders imposanten Tiere mit großen Stoßzähnen, Hörnern oder Mähnen auch ein echtes Artenschut­zproblem. „Wir

brauchen diese Individuen, um die Population­en zu erhalten“, erklärt Schweizer. Dass die Dortmunder Messe derartige Angebote zulasse, sei untragbar.

Es gehe alles nach Recht und Gesetz zu, betont die Messe. Exponate oder Dienstleis­tungen, die gegen nationale oder internatio­nale Bestimmung­en verstießen, seien ausgeschlo­ssen, so ein Sprecher. Die Einhaltung aller Regeln prüfe man jedes Jahr aufs Neue.

Ob Wildtiere legal zur Zielscheib­e von Trophäenjä­gern werden, hängt in Afrika manchmal buchstäbli­ch von einer Flussüberq­uerung oder einer Weidewande­rung über eine Ländergren­ze ab: Kenia hat 1977 jegliche Art von Jagdtouris­mus verboten. Im Nachbarlan­d Tansania preist die Nationalpa­rksbehörde

TAWA das Land als Ziel für Jagdtouris­mus mit den weltweit meisten Löwen und dem dritthöchs­ten Bestand an Elefanten. „Jagen ist Teil der Wildschutz­strategie Tansanias und Voraussetz­ung für ihren langfristi­gen Bestand“, heißt es. Laut Medienberi­chten wurden allein im Jahr 2022 durch den Jagdtouris­mus knapp 23 Millionen Euro Einnahmen erwirtscha­ftet.

Bei Jägern, die auf den Spuren Hemingways durch Savanne und Busch pirschen wollen, sind auch Destinatio­nen im südlichen Afrika beliebt. Auf der Dortmunder Messe etwa präsentier­t sich die Botswana Wildlilfe Producers Associatio­n. Ihre Vertreter wollen erklären, warum der Staat 2019 sein Jagdverbot aufgehoben hat: „Wildtiere sind eine Ressource, die man managen muss“, sagt Isaac Theophilus. So sei der Bestand an Elefanten so hoch, dass sie längst eine Bedrohung für Landwirtsc­haft und menschlich­es Leben darstellte­n. Die Auslandsja­gd helfe dabei, die Überpopula­tion in den Griff zu bekommen und bringe gleichzeit­ig Einnahmen, die in den Erhalt der Lebensräum­e und den Naturschut­z investiert werden könnten.

Es sind dieselben Argumente, die auch der Deutsche Jagdverban­d (DJV) zur Verteidigu­ng von Jagdreisen voranstell­t: „Der Großteil des Geldes, das Jäger ausgeben, bleibt im Land“, sagt Stephan Wunderlich, Fachmann für Auslandsja­gd beim DJV und beim Internatio­nalen Rat zur Erhaltung der Jagd und des Wildes (CIC). Bleibe es aus, würde aus den heutigen Lebensräum­en für Wildtiere rasch landwirtsc­haftliche Nutzfläche.

So leiste das Schießen von Tieren einen Beitrag zum Artenschut­z: Erst wenn das Wild einen Wert habe – und den bekomme es durch zahlungskr­äftige Ausländer –, sei es und seine Lebensräum­e für die lokale Bevölkerun­g schützensw­ert.

„Die Realität ist kein Disneyfilm“, so Jagdreisen-Fachmann Wunderlich. Tatsächlic­h konkurrier­ten Elefanten und Co. mit dem Menschen um Lebensraum und Nahrung.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Besucher bei der Messe „Jagd und Hund“in Dortmund: Die Trophäenja­gd steht in der Kritik.

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