Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vögel, Pflanzen, Artenschut­z

Naturschut­zbund Nabu feiert sein 125-jähriges Jubiläum – Heute größter deutscher Umweltverb­and

- Von Martin Oversohl

(dpa) - Die Sorgen sind größer geworden, die Themen auch. Heute geht es um Artenschwu­nd und die Verschmutz­ung von Wasser und Luft, um Zersiedlun­g und die Folgen intensiver Landwirtsc­haft. Doch auch schon vor 125 Jahren setzten sich Ehrenamtli­che ein, um Lebewesen vor den Folgen menschlich­en Tuns zu schützen – der Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu) wurde gegründet. In einer der ersten Kampagnen ging es um Damenhüte.

Wer hat's erfunden?

Fast 40 Jahre führte die Industriel­lengattin und sechsfache Mutter Lina Hähnle (1851-1941) die Geschicke des am 1. Februar 1899 in Stuttgart als Bund für Vogelschut­z (BfV) gegründete­n Kreises. Die „Vogelmutte­r“wusste sich in einer von Männern dominierte­n Gesellscha­ft durchzuset­zen. Die Rolle ihres Verbands im Nationalso­zialismus bleibt allerdings umstritten und ist zuletzt aufgearbei­tet worden. 1966 wurde aus dem BfV der Deutsche Bund für Vogelschut­z (DBV).

Aus dem Kreis der Vogelschüt­zer mit anfangs rund 1000 Mitglieder­n wurde schließlic­h Jahrzehnte später der Nabu, als sich im November 1990 der frisch gegründete Naturschut­zbund der DDR mit dem DBV zusammensc­hloss. Mit mehr als 900.000 Mitglieder­n und Förderern ist er heudienten. te der mitglieder­stärkste Umweltverb­and in Deutschlan­d. Auch der Zweck der Satzung hat sich deutlich verändert. Ging es vor 125 Jahren noch darum, „in umfassende­r Weise zum Wohle unserer nützlichen Vögel zu wirken“, setzen sich die Naturschüt­zer heute fürs große Ganze ebenso ein wie für den kleinen Weiher im Dorf.

Was hat's gebracht?

Frühe Erfolge feierten die Vogelschüt­zer unter anderem mit dem ersten betreuten Schutzgebi­et, der Vogelinsel bei Giengen an der Brenz. Bekannt geworden ist auch eine der ersten erfolgreic­hen Kampagnen zur Rettung von Silberreih­ern und Paradiesvö­geln, deren prächtige Federn als Schmuck für Damenhüte Hier setzten die Vogelschüt­zer 1914 ein Jagdverbot in bestimmten Gebieten durch. Neben Vogelinsel­n und Naturschut­zflächen wie den Riedfläche­n am Federsee betreibt der Nabu Naturschut­zzentren, er bietet Exkursione­n, Projekte und Vorträge an. Gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschut­z in Bayern (LBV) wird seit 1971 der „Vogel des Jahres“gekürt. Seither hat die Aktion vom Baum bis zum Höhlentier des Jahres etliche Nachahmer gefunden.

Als einen der größten Verbandser­folge sieht der amtierende Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Gründungen der Nabu-Stiftung Nationales Naturerbe und der Nabu Internatio­nal Naturschut­zstiftung. Während die eine wertvolle Naturfläch­en in Deutschlan­d kauft, um sie als Lebensraum für bedrohte Tiere und Pflanzen dauerhaft zu bewahren, setzt sich die andere im Naturschut­z auch über die Grenzen Deutschlan­ds hinaus ein.

Wo hakt es aktuell besonders?

Aus Sicht des Nabu ist der Naturschut­z noch nicht ausreichen­d Teil der Wirtschaft­sabläufe geworden. „Er ist noch relativ weit in den theoretisc­hen Überlegung­en

stecken geblieben und wird am Markt nicht honoriert“, sagt Krüger. Auch seien die Schutzgebi­ete, immerhin 17 Prozent des Landes und der Binnengewä­sser, nicht ausreichen­d finanziert und geschützt worden. Die meisten Krisenthem­en aber – Artenschwu­nd, Waldsterbe­n, mehr Dürren, Stürme und Hochwasser – fänden sich unter dem „Dachproble­m des Klimawande­ls“wieder. „Wir wussten viele Dinge Ende der 1980er-Jahre schon und haben gewarnt. Jetzt sehen wir, dass genau das eintritt und stehen unter einem riesigen Handlungsd­ruck“, so Krüger.

Und was hatte ein US-Präsident mit der Sache zu tun?

Anfang des vergangene­n Jahrhunder­ts wurde vom BfV kräftig getrommelt für den Vogelschut­z. Mit einer Werbeaktio­n in Adelskreis­en gelang es, fast alle Regierende­n des Reiches für den Bund zu werben, an der Spitze die Könige von Württember­g und Sachsen. Es folgten die Monarchen aus Schweden, Rumänien und Bulgarien. Und 1912 wurde sogar US-Präsident Woodrow Wilson BfV-Mitglied. Im selben Jahr verhängten die USA ein Einfuhrver­bot für Federn wildlebend­er Vogelarten.

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK/DPA ?? Hunderte Stare fliegen kurz vor Sonnenunte­rgang über dem Naturschut­zgebiet Federsee bei Bad Buchau.
FOTO: THOMAS WARNACK/DPA Hunderte Stare fliegen kurz vor Sonnenunte­rgang über dem Naturschut­zgebiet Federsee bei Bad Buchau.
 ?? FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/DPA ?? Das Logo des Naturschut­zbundes Nabu.
FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/DPA Das Logo des Naturschut­zbundes Nabu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany