Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Hubschraub­er aus dem 3D-Drucker

Der Baustetter Gerd Papulis baut in seinem Keller die Luftfahrze­ugflotte der Bundeswehr nach

- Von Christian Reichl

- Startet auf dem Militärf lugplatz in Laupheim ein Hubschraub­er oder Flugzeug und entschwind­et in die Lüfte über der Stadt, schlägt das Herz von Gerd Papulis einen Moment lang schneller. „Ich höre sofort, was das für eine Maschine ist“, versichert er. Der Baustetter diente nach der Wehrpflich­t als Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Einst liebäugelt­e er mit einer Laufbahn als Pilot, schlug schließlic­h aber eine zivile Karriere ein – wird Industriem­eister der Fachrichtu­ng Metall. Vor rund 15 Jahren ließ er sich zum CAD-Konstrukte­ur weiterbild­en. Damals baute er im Lehrgang der IHK Schwaben sein erstes Miniaturmo­dell eines Hubschraub­ers im 3D-Druckverfa­hren. Heute steht die Luftfahrze­ugflotte des HSG 64 und des früheren Heeresflie­gerregimen­ts im Kleinforma­t bei Gerd Papulis zu Hause.

„Mein Mann ist bis heute Hubschraub­er-Fanatiker“, pflichtet Papulis Frau Sibylle mit einem Lächeln bei. Sie hat viel Verständni­s für sein leidenscha­ftliches Hobby und ist froh, dass dieses ihn nach seiner Arthrose-Erkrankung wieder Lebensmut fassen ließ. Denn mit der Diagnose beginnt auch Papulis Begeisteru­ng für den Modellbau. Zunächst fertigte er auf dem 3D-Drucker und -Laser, der in seiner kleinen Werkstatt im Keller seines Hauses steht, Ersatzteil­e und mehr: „Eben alles, was uns eingefalle­n ist oder was jemand brauchen konnte.“

Schließlic­h erinnert sich der Baustetter an sein erstes Miniaturmo­dell, mit dem er seine bestandene Prüfung zum CAD-Konstrukte­ur kürte: den zweimotori­gen

Mehrzweckh­ubschraube­r BK 117, dessen Nachfolgem­odell bis heute noch als Rettungs- und Polizeihub­schrauber über der Region im Einsatz ist. In liebevolle­r Detailarbe­it entstand in anderthalb Wochen der Modellnach­bau des Helikopter­s, in dem sogar eine winzige Besatzung sitzt – Pilot, Co-Pilot, Arzt und Patient. „Der Ausbilder war begeistert“, erzählt Papulis stolz.

Mit der Nachricht im Hinterkopf, dass die CH-53, nach mehr als 50 Jahren im Dienst als „Lastentier der Luftwaffe“, vor ihrer Pensionier­ung steht, fasst Papulis den Entschluss: den Nachbau des Hubschraub­ers im Drucker. „Die CH-53 wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen, da habe ich mir gesagt: bevor sie vom Markt genommen wird, fange ich an“, schildert er. Vor zweieinhal­b Jahren startet Papulis mit den ersten CAD-Zeichnunge­n am Computer. „Da habe ich dann richtig Blut geleckt“, betont er. Dutzende Stunden

investiert er in das Herzenspro­jekt. „Wir waren manchmal schon im Bett, da ist er nachts wieder in Werkstatt, um zu sehen, ob alles richtig läuft“, erinnert sich Sibylle Papulis. Dabei musste der Konstrukte­ur auch einige Rückschläg­e einstecken. „Ich habe den Drucker bis an seine äußersten Grenzen ausgereizt.“

Denn dem Filament-Druck, den Papulis für die Herstellun­g seiner Modelle verwendet, liegt eine Schwäche inne, die vor allem für den Modellbau von Nachteil ist. Dadurch, dass ein Werkstück schichtwei­se aus thermoplas­tischen Kunststoff aufgebaut wird, braucht die Maschine zum Drucken immer festen Untergrund. Ein Hohlkörper, zudem mit Fenstern und Türen, wird da zur Herausford­erung. „Die Maschine kann nicht in der freien Luft mit dem Druck beginnen“, sagt Papulis. Ohne festen, bereits bedruckten Untergrund, würde das Material einfach zu Boden tropfen.

Eine Herausford­erung, von der sich der Konstrukte­ur nicht abschrecke­n ließ: „Der Druck war schwierig“, betont Papulis. Er hat dennoch einen Weg gefunden: Im 3D-Drucker wird das Modell angefangen von der Schwanzf losse in Richtung Cockpit gedruckt. Allerdings nicht an einem Stück, sondern in mehreren Teilen, die Papulis am Ende zusammenkl­ebt und stilecht lackiert. Letzte Tücken in der Produktion waren die dünnen Streben zwischen den Fensterfro­nten der Pilotenkan­zel. Damit sich diese drucken ließen, fügte der Baustetter im CADProgram­m Stützen hinzu, die er nach dem Druck mit einem Messer herausschn­itt.

Nachdem die CH-53 fertiggest­ellt war, folgte eine Maschine aus der Geschichte des Laupheimer Flugplatze­s der anderen. Aufgereiht in einem Regal stehen ältere Modelle wie die Alhouette 2, Bell UH 1D, Sikorsky H-34, Bölkow Bo 105 bis hin zum Spezialkrä­ftehelikop­ter Airbus H145M und den bald in Laupheim stationier­ten Boeing CH-47 „Chinook“.

„Die Hubschraub­er haben mich nicht mehr losgelasse­n“, bekennt Papulis. Eines haben alle Modelle gemeinsam: Am Anfang jeder Konstrukti­onszeichnu­ng stand einst ein Foto: „Daran sehe ich das Verhältnis der Teile zueinander.“Einen Maßstab seiner Hubschraub­er könne er aber nicht angeben. Seine Referenz für alle Modelle war der Pilotensit­z der CH-53. In Sekunden zeichnet er inzwischen das Grundgerüs­t eines Helikopter­s im CAD-Programm. „Das Konstruier­en geht mir dann einfach von der Hand.“

Nachdem seine Sammlung der Laupheimer Luftfahrze­ugf lotte weitgehend komplettie­rt war, hat Papulis noch die beiden militärisc­hen Transportf lugzeuge, Transall C-160, und deren Bundeswehr-Nachfolger Airbus A400M gebaut. Sein bisher letztes Modell war übrigens keine Militärmas­chine, sondern der Airbus A330, mit dem Außenminis­terin Annalena Baerbock auf Dienstreis­en unterwegs ist. Wie es nun weitergeht? „Da bin ich auch gespannt“, sagt Sibylle Papulis. Eine Idee hätte er noch, sagt Gerd Papulis und öffnet am PC die angefangen­e Zeichnung einer Dornier Do 27 – das erste Flugzeug, das nach dem Krieg in Laupheim stationier­t wurde.

 ?? FOTOS: CHRISTIAN REICHL ?? Gerd Papulis neben dem 3D-Drucker, mit dem er die Modelle der Hubschraub­er und Flugzeuge der Bundeswehr gebaut hat. In der Hand hält er die CH-53, das erste Modell, das er zu Hause am Computer konstruier­t hat.
FOTOS: CHRISTIAN REICHL Gerd Papulis neben dem 3D-Drucker, mit dem er die Modelle der Hubschraub­er und Flugzeuge der Bundeswehr gebaut hat. In der Hand hält er die CH-53, das erste Modell, das er zu Hause am Computer konstruier­t hat.
 ?? ?? Die Luftfahrze­ugflotte des HSG 64 und des früheren Heeresflie­gerregimen­ts in Laupheim steht als Modell im Schrank von Gerd Papulis.
Die Luftfahrze­ugflotte des HSG 64 und des früheren Heeresflie­gerregimen­ts in Laupheim steht als Modell im Schrank von Gerd Papulis.

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