Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Hubschrauber aus dem 3D-Drucker
Der Baustetter Gerd Papulis baut in seinem Keller die Luftfahrzeugflotte der Bundeswehr nach
- Startet auf dem Militärf lugplatz in Laupheim ein Hubschrauber oder Flugzeug und entschwindet in die Lüfte über der Stadt, schlägt das Herz von Gerd Papulis einen Moment lang schneller. „Ich höre sofort, was das für eine Maschine ist“, versichert er. Der Baustetter diente nach der Wehrpflicht als Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Einst liebäugelte er mit einer Laufbahn als Pilot, schlug schließlich aber eine zivile Karriere ein – wird Industriemeister der Fachrichtung Metall. Vor rund 15 Jahren ließ er sich zum CAD-Konstrukteur weiterbilden. Damals baute er im Lehrgang der IHK Schwaben sein erstes Miniaturmodell eines Hubschraubers im 3D-Druckverfahren. Heute steht die Luftfahrzeugflotte des HSG 64 und des früheren Heeresfliegerregiments im Kleinformat bei Gerd Papulis zu Hause.
„Mein Mann ist bis heute Hubschrauber-Fanatiker“, pflichtet Papulis Frau Sibylle mit einem Lächeln bei. Sie hat viel Verständnis für sein leidenschaftliches Hobby und ist froh, dass dieses ihn nach seiner Arthrose-Erkrankung wieder Lebensmut fassen ließ. Denn mit der Diagnose beginnt auch Papulis Begeisterung für den Modellbau. Zunächst fertigte er auf dem 3D-Drucker und -Laser, der in seiner kleinen Werkstatt im Keller seines Hauses steht, Ersatzteile und mehr: „Eben alles, was uns eingefallen ist oder was jemand brauchen konnte.“
Schließlich erinnert sich der Baustetter an sein erstes Miniaturmodell, mit dem er seine bestandene Prüfung zum CAD-Konstrukteur kürte: den zweimotorigen
Mehrzweckhubschrauber BK 117, dessen Nachfolgemodell bis heute noch als Rettungs- und Polizeihubschrauber über der Region im Einsatz ist. In liebevoller Detailarbeit entstand in anderthalb Wochen der Modellnachbau des Helikopters, in dem sogar eine winzige Besatzung sitzt – Pilot, Co-Pilot, Arzt und Patient. „Der Ausbilder war begeistert“, erzählt Papulis stolz.
Mit der Nachricht im Hinterkopf, dass die CH-53, nach mehr als 50 Jahren im Dienst als „Lastentier der Luftwaffe“, vor ihrer Pensionierung steht, fasst Papulis den Entschluss: den Nachbau des Hubschraubers im Drucker. „Die CH-53 wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen, da habe ich mir gesagt: bevor sie vom Markt genommen wird, fange ich an“, schildert er. Vor zweieinhalb Jahren startet Papulis mit den ersten CAD-Zeichnungen am Computer. „Da habe ich dann richtig Blut geleckt“, betont er. Dutzende Stunden
investiert er in das Herzensprojekt. „Wir waren manchmal schon im Bett, da ist er nachts wieder in Werkstatt, um zu sehen, ob alles richtig läuft“, erinnert sich Sibylle Papulis. Dabei musste der Konstrukteur auch einige Rückschläge einstecken. „Ich habe den Drucker bis an seine äußersten Grenzen ausgereizt.“
Denn dem Filament-Druck, den Papulis für die Herstellung seiner Modelle verwendet, liegt eine Schwäche inne, die vor allem für den Modellbau von Nachteil ist. Dadurch, dass ein Werkstück schichtweise aus thermoplastischen Kunststoff aufgebaut wird, braucht die Maschine zum Drucken immer festen Untergrund. Ein Hohlkörper, zudem mit Fenstern und Türen, wird da zur Herausforderung. „Die Maschine kann nicht in der freien Luft mit dem Druck beginnen“, sagt Papulis. Ohne festen, bereits bedruckten Untergrund, würde das Material einfach zu Boden tropfen.
Eine Herausforderung, von der sich der Konstrukteur nicht abschrecken ließ: „Der Druck war schwierig“, betont Papulis. Er hat dennoch einen Weg gefunden: Im 3D-Drucker wird das Modell angefangen von der Schwanzf losse in Richtung Cockpit gedruckt. Allerdings nicht an einem Stück, sondern in mehreren Teilen, die Papulis am Ende zusammenklebt und stilecht lackiert. Letzte Tücken in der Produktion waren die dünnen Streben zwischen den Fensterfronten der Pilotenkanzel. Damit sich diese drucken ließen, fügte der Baustetter im CADProgramm Stützen hinzu, die er nach dem Druck mit einem Messer herausschnitt.
Nachdem die CH-53 fertiggestellt war, folgte eine Maschine aus der Geschichte des Laupheimer Flugplatzes der anderen. Aufgereiht in einem Regal stehen ältere Modelle wie die Alhouette 2, Bell UH 1D, Sikorsky H-34, Bölkow Bo 105 bis hin zum Spezialkräftehelikopter Airbus H145M und den bald in Laupheim stationierten Boeing CH-47 „Chinook“.
„Die Hubschrauber haben mich nicht mehr losgelassen“, bekennt Papulis. Eines haben alle Modelle gemeinsam: Am Anfang jeder Konstruktionszeichnung stand einst ein Foto: „Daran sehe ich das Verhältnis der Teile zueinander.“Einen Maßstab seiner Hubschrauber könne er aber nicht angeben. Seine Referenz für alle Modelle war der Pilotensitz der CH-53. In Sekunden zeichnet er inzwischen das Grundgerüst eines Helikopters im CAD-Programm. „Das Konstruieren geht mir dann einfach von der Hand.“
Nachdem seine Sammlung der Laupheimer Luftfahrzeugf lotte weitgehend komplettiert war, hat Papulis noch die beiden militärischen Transportf lugzeuge, Transall C-160, und deren Bundeswehr-Nachfolger Airbus A400M gebaut. Sein bisher letztes Modell war übrigens keine Militärmaschine, sondern der Airbus A330, mit dem Außenministerin Annalena Baerbock auf Dienstreisen unterwegs ist. Wie es nun weitergeht? „Da bin ich auch gespannt“, sagt Sibylle Papulis. Eine Idee hätte er noch, sagt Gerd Papulis und öffnet am PC die angefangene Zeichnung einer Dornier Do 27 – das erste Flugzeug, das nach dem Krieg in Laupheim stationiert wurde.